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VSF: Enttäuschung über die Stiftung Warentest
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„Interpretationen nicht plausibel“

VSF attestiert: StiWa hat ein Qualitätsproblem

Der Verbund Service und Fahrrad (VSF) setzt sich bereits seit vielen Jahren mit der Stiftung Warentest auseinander und hat den Berliner Qualitätshütern in der Vergangenheit schon häufig eine Plattform für den gemeinsamen Dialog geboten – sei es auf VSF Jahrestagungen oder beim Fahrradkongress Vivavelo in Berlin. Insofern zeigt man sich beim VSF enttäuscht über den jüngsten veröffentlichten E-Bike-Test, der das „Bemühen um fachliche Verbesserung leider nicht widerspiegelt“. Vielmehr attestiert der VSF der StiWa weiterhin ein Qualitätsproblem. VSF-Frontmann Albert Herresthal erklärt dazu:

„Der aktuelle E-Bike-Test der Stiftung Warentest (Heft 8/14) ist zwar vergleichsweise positiv ausgefallen, und die StiWa attestiert den Herstellern 'am Rad gedreht' zu haben, er offenbart aber erneut gravierende Schwächen bei der Stiftung Warentest selbst. Deshalb fordert der gemeinnützige Branchenverband VSF e.V. von der Stiftung Warentest grundlegende Verbesserungen ihrer Arbeit.
Verbraucherschutz ist eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe. Für den VSF ist ein kritischer Blick auf die Produkte von großer Bedeutung im Sinne der Aufklärung der Verbraucher, aber auch für die Weiterentwicklung von Qualität und die Aufdeckung evtl. vorhandener Schwachstellen an Produkten. Der VSF begrüßt also den grundsätzlichen Ansatz der Stiftung Warentest, fordert aber eine qualifizierte Umsetzung dieses Auftrags.
Die StiWa genießt in der öffentlichen Wahrnehmung eine hohe Akzeptanz, weil sie als unabhängig gilt. Daraus entstehen für die Stiftung eine große Verantwortung und eine Verpflichtung, ihren Job auch gut zu machen – zumal sie auch aus öffentlichen Geldern mit finanziert wird. Der aktuelle E-Bike Test offenbart jedoch erneut – trotz seines insgesamt positiven Ergebnisses – erhebliche methodische Schwächen.

„Unfähig zur Selbstkritik“

Zunächst einmal ist festzuhalten, dass die StiWa offenbar unfähig zur Selbstkritik ist, denn die Fehler beim Test 2013 waren ja offenkundig. Die StiWa geht in ihrem aktuellen Testbericht zwar auf den Sturm der Entrüstung nach dem Test 2013 kurz ein, aber hauptsächlich im Sinne von: Schlechte Verlierer. Die Darstellung jetzt, dass die aktuellen Testergebnisse nur deshalb besser seien, weil die Hersteller aus den Fehlern gelernt haben, ist schlicht arrogant und zeugt nicht von innerer Größe.

Grundsätzlich sieht der VSF es kritisch, dass die StiWa bei ihrem erneuten Test wiederum ein nicht repräsentatives Testfeld herausgreift, nämlich ausschließlich die Preisklasse ab EUR 2.300,- aufwärts. Der Markt ist sehr viel breiter und zur Verbraucheraufklärung würde es gehören, Pedelecs unterschiedlicher Preisklassen zu testen, so wie es die StiWa ja auch mit anderen Konsumgütern macht. Den Verbraucher interessiert doch vor allem die Frage: Welche Qualität erhalte ich für welches Geld? Welche Investition lohnt sich für mich? Hier bietet der aktuelle Test leider keine Antworten und bietet keinerlei Verbraucherinformation.
Dem VSF e.V. sind die technischen Details des Testaufbaus nicht bekannt, deshalb wollen wir diese auch nicht kommentieren. Das Qualitätsproblem der Stiftung Warentest scheint aber auch darin zu liegen, aus den Testergebnissen korrekte Schlussfolgerungen zu ziehen. Viele Interpretationen der Testergebnisse sind aus Sicht des VSF nicht plausibel.
So kommt es beispielsweise zu sehr unterschiedlichen Bewertungen fast baugleicher Räder (Kalkhoff/Raleigh). Der StiWa scheint dieses Mysterium jedoch nicht aufgefallen zu sein, jedenfalls gibt es dafür im Testbericht keine Erklärung. Es muss auch hinterfragt werden, ob es sinnvoll ist, bei den Testrädern unterschiedliche Laufradgrößen zu wählen und dann das Fahrverhalten des E-Bikes zu bewerten.

Wenig plausibel ist auch die Abwertung eines E-Bikes wegen eines Mangels an der Akkuhalterung angesichts der Tatsache, dass dasselbe Modell der Halterung offenkundig an fünf weiteren, getesteten Rädern verbaut wird, ohne dass hier dieser Mangel festgestellt wurde. Wenn es sich um einen Systemfehler der Halterung handelt, müsste der Mangel an allen E-Bikes auftreten. Wenn es sich um einen Einzelfall handelt (Serienstreuung), darf der Fehler nicht dem E-Bike angelastet werden, das deshalb von der StiWa abgewertet wurde.
Ein weiterer Punkt, der von der Praxis nicht gedeckt ist: Die StiWa stellt fest, dass die Reichweiten der E-Bikes substanziell größer geworden sind, die Akkus seien jetzt in erheblichem Maße 'leistungsstärker'. So wohlwollend diese Aussage auch sein mag – dem VSF ist nicht bekannt, dass es in den letzten 12 Monaten einen Quantensprung in der Akkutechnik gegeben habe.
Aus Sicht des VSF verlangt eine qualifizierte journalistische Arbeit vor der Veröffentlichung von Testergebnissen den Abgleich der Ergebnisse mit Logik und Realität. Die StiWa hat diesen Grundsatz offenbar leider nicht beherzigt.

Der VSF als unabhängiger und herstellerneutraler Branchenverband pflegt seit vielen Jahren den direkten Dialog mit der StiWa. Neben persönlichen Gesprächen mit dem Bereichsleiter Untersuchungen bei der StiWa gab es u.a. bereits 2010 eine Podiumsdiskussion auf dem vivavelo Kongress sowie 2013 einen Fachdiskurs im Rahmen der VSF-Jahrestagung in Bad Boll. Auch in den Fachbeirat der StiWa zur Vorbereitung des aktuellen Tests haben wir durch die Teilnahme zweier VSF-Experten unseren Sachverstand einzubringen versucht. Der jetzt veröffentlichte E-Bike-Test spiegelt dieses Bemühen um fachliche Verbesserungen leider nicht wider. Deshalb werden wir jetzt bei Verwaltungsrat, Vorstand und Kuratorium der Stiftung Warentest intervenieren und auf die klaren Qualitätsmängel bei den Tests hinweisen."

28. Juli 2014 von Jürgen Wetzstein

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