Experten-Talk der Eurobike:
Fahrradmarkt im Aufwind kennt heuer wenige Probleme
Von einem ausgesprochen positiven ersten Halbjahr 2014 berichtete Siegfried Neuberger vom ZIV beim Branchengespräch der Eurobike. Nicht zuletzt die konsumfreundlichen Wetterbedingungen hätten, so der Verbandsgeschäftsführer, zum wertmäßigen Umsatzzuwachs der Branche zwischen sechs und acht Prozent beigetragen. Insgesamt wurden in Deutschland von Januar bis Juni 2,8 Mio. Fahrräder in den Markt geliefert.
Auslöser dieser Entwicklung ist jedoch nicht alleine das gute Wetter, sondern vor allem auch die weitere Zunahme des E-Bike-Absatzes und somit eine weitere Verschiebung der Durchschnittspreise. Insgesamt könnten in diesem Jahr wohl rund 450.000 Fahrräder mit Elektroantrieb in Deutschland abgesetzt werden, so ZIV-Frontmann Neuberger, der damit ein deutliches Wachstum gegenüber dem Marktvolumen von 410.000 E-Bikes im vergangenen Jahr prognostiziert.
„Das E-Bike ist ein Geschenk für den Fachhandel“, meinte dann auch ZEG-Vorstand Georg Honkomp. Der Fachhandel habe vor dem Hintergrund eines wachsenden E-Bike-Anteils die „beste Position überhaupt“ im Wettbewerb der Vertriebswege. „Der Fachhandel wird durch die Komplexität der Produkt künftig einen noch höheren Marktanteil haben“, sagte Honkomp im Branchengespräch. Voraussetzung sei jedoch, dass die Händler nicht nur im E-Bike-Markt „mitschwimmen“, sondern sich aktiv auf die veränderte Marktsituation einstellen. Dazu würde beispielsweise, so Honkomp, nicht nur die „extreme Ausbildung“ der Mitarbeiter zählen, sondern mitunter auch die Bildung von speziellen Kompetenzteams für verschiedene Sortimentsbereiche unter den Verkäufern im Fachhandel. Dabei sollen die Handelsbetriebe durchaus auch weiterhin ihre Kompetenz für die unmotorisierten Produktsegmente schärfen. Denn: „90 % des Absatzes sind weiterhin normale Fahrräder. Das wird oft vergessen“, so Honkomp.
Eine Mahnung, die so ähnlich auch vom Rene Takens zu hören war. Er wünsche sich wieder „mehr Aufmerksamkeit“ für normale Fahrräder, sagte der niederländische CEO der weltweit agierenden Accell-Gruppe. International biete sich für das E-Bike noch ein sehr uneinheitliches Bild der Marktsituation, so Takens. So sei zwar der nordamerikanische Markt sehr vielversprechend für E-Bikes, allerdings habe in diesem Jahr ausgesprochen ungünstiges Wetter den Absatz stark gebremst. In einigen europäischen E-Bike-Entwicklungsländern fürchtet Takens wiederum die Situation, dass Marktteilnehmer mit billigen Import-E-Bikes versuchen, einen schnellen Euro zu machen und damit das Image dieser Produktkategorie zumindest vorübergehend schädigen. Überhaupt scheint Takens einige Sorgen um das Qualitäts-Image des E-Bike-Marktes zu haben. Jedenfalls mahnte er im Branchengespräch die Marktteilnehmer zu großer Sorgfalt bei der weiteren Entwicklung des E-Bike-Segments.
Insgesamt war aber das Branchengespräch nur von wenigen Sorgenfalten geprägt. Selbst die mitunter massiven Lieferprobleme der vergangenen Monate seien nicht wirklich dramatisch. Sagt zumindest ZEG-Mann Honkomp, der sogar meint, dass „etwas längere Lieferzeiten der Branche gut tun“. Zumindest wenn die Alternativen ein Überangebot an Ware und somit Preisverrisse sind.
Und auch die weiteren Perspektiven im E-Bike-Markt wurden von den Podiumsteilnehmern überwiegend positiv eingeschätzt. Allen voran von Claus Fleischer, dem Leiter der E-Bike-Sparte von Bosch, der daran erinnerte, dass erst zwei Prozent des Fahrradbestands in Deutschland bzw. 1,8 Millionen Fahrräder mit Elektromotor unterwegs sind. Und auch europaweit sei mit einem E-Bike-Marktanteil von lediglich sechs Prozent noch viel Luft nach oben. Auch wenn mancherorts dafür noch erst „viel Skepsis und Barrieren“ abgebaut werden müssen.
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