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Von außen hin weist eher weniger auf ein Schweizer Unternehmen hin
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Zu Besuch in Taichung

DT Swiss pflanzt Schweizer Geist in den fernen Osten

Wie kein anderes Unternehmen der Schweizer Veloindustrie ist DT Swiss international vernetzt und weltweit erfolgreich. Ein Besuch in der Taiwan-Niederlassung verrät, wie es das Bieler Unternehmen innerhalb weniger Jahre von der Produktionsnische eines lokalen Metallverarbeiters zu einem Vorzeigebeispiel geglückter Globalisierung geschafft hat

Von außen hin weist eher weniger auf ein Schweizer Unternehmen hinUrs KellerNabenproduktion in Taichung

Taichung, 21st Road Industrial Park: Abweisend sind die typischen hohen Mauern rund um die Fabrikgelände, fremd die chinesischen Schriftzeichen, welche alleine Auskunft über die Firmen geben. Nur bei der Nummer 26 weisen vertraute weiße Buchstaben auf rotem Grund den Weg: Willkommen bei DT Swiss Asia. Hier hat sich der Schweizer Komponentenhersteller vor fünf Jahren eingerichtet, um näher zu den großen Fahrradfabriken zu rücken. Internationale Größen wie Giant und Merida sind keine halbe Stunde Fahrzeit mit dem Auto entfernt, und auf dem Weg zu ihnen liegen zahlreiche kleinere Fabriken, die für europäische Marken Rahmen schweißen und Fahrräder zusammenbauen.

„Die Nachbarschaft zu den Fahrradherstellern hat uns beflügelt“, sagt Urs Keller, Geschäftsführer der Asien-Niederlassung von DT Swiss. „Seit wir hier ein Zwischenlager aufgebaut haben, müssen asiatischen Kunden statt fünf Wochen nur noch sieben Tage auf die bestellte Ware warten – ein entscheidender Vorteil bei den dicht gedrängten Produktionsterminen in den hiesigen Fabriken“. Erst dadurch konnte DT Swiss in Asien seine typisch schweizerische Kernkompetenz voll ausspielen: „Wir arbeiten hier mit demselben Erfolgsrezept wie in der Schweiz: Der Kunde erhält genau das, was er bestellt hat, exakt dann, wann wir es ihm versprochen haben“, verrät Keller.

Kosten nicht das einzige Argument

Diese Ansprüche sind auch der Maßstab für Montageabteilung in der Fernost-Filiale von DT Swiss. In Taichung baut DT Swiss RWS-Spanner, die günstigeren Naben und Laufräder für Fahrradhersteller zusammen. Die Kosten, sagt Keller, seien für diesen Produktionsstandort nicht das einzige zählende Argument: „Mit der Montage in Taichung können wir rascher auf die steigende Nachfrage der asiatischen Hersteller reagieren. In Biel fehlte es uns an Platz und qualifiziertem Personal dafür“. Bestätigt wird diese Aussage dadurch, dass DT Swiss einzelne Nabenteile aus der Schweiz exportiert, damit sie in Taichung zusammengebaut werden können.

Auf den ersten Blick fällt auf, dass die hellen Räume denen in Biel bis ins Detail gleichen. „Wir haben ganz bewusst die Montageabläufe von unserem Hauptsitz übernommen. Damit stellen wir sicher, dass wir dieselbe Qualität liefern können“. Im Pausenraum liegen europäische Fahrradmagazine auf. „Wenn unsere 50 Mitarbeiter sehen, wo und wie die von ihnen hergestellten Teile genutzt werden, fühlen sie sich stärker mit ihrer Arbeit verbunden“, erklärt Keller. Nicht wenige, so Keller, hätten dadurch das Bike für sich selbst entdeckt.

Kontaktpflege ist Markenpflege

Identifikationsarbeit leistet Keller nicht nur intern, sondern auch bei den Kunden: „Unsere Präsenz in Taichung gibt uns ein Gesicht. Wir sind nicht mehr ein anonymer Zulieferer von Produkten, die ein europäischer Kunde verbaut haben will, sondern ein Ansprechpartner, der die individuellen Bedürfnisse der Firmen eingehen kann." Besonders nützlich ist dies für den Verkauf von Laufrad- und Federungskomponenten, die optisch auf das Design des Komplettvelos angepasst sind. „Durch den persönlichen und direkten Kontakt zu unseren Kunden konnten wir als einer der ersten Highend-Komponentenhersteller auf diesen Trend reagieren und maßgeschneiderte Lösungen bieten“, ist Keller stolz. Gleichzeitig dient die enge Geschäftsbeziehung auch der Markenpflege. Urs Keller erklärt es mit der Erfahrung: „Weil wir die Fabrikanten gut kennen, können wir sie bei der Vororder beraten. Kaum einer bestellt deshalb so zu viel, dass er die Teile in den Graumarkt leiten muss, um sie loszuwerden“. Zusammen mit geringen Preisdifferenzen zwischen OEM- und Aftermarket-Geschäft verhindert DT Swiss damit, dass Produkte unkontrolliert verramscht werden. So profitiert jeder Händler direkt von Aktivitäten von DT Swiss auf der andern Seite des Erdballs.

Internationalisierung als Dienst für den Heimmarkt? Keller ist davon überzeugt. Aber nicht nur das: „Dank unserer globalen Ausrichtung und der Erweiterung des Angebots für Fahrradhersteller konnten wir auch in Biel ausbauen. Ohne diese Schritte wäre DT Swiss in den letzten 16 Jahren seit der Verselbständigung nicht von 28 Mitarbeitern in Biel auf rund 350 weltweit gewachsen." Am Eindrücklichsten lässt sich das mit der Speichenproduktion belegen: Bevor DT Swiss die Filiale in Taichung eröffnete, wurden rund 10 Millionen Speichen nach Fernost geliefert. Heute sind es gegen 100 Millionen aus Schweizer Produktion.

8. Juni 2010 von Urs Rosenbaum

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