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Online Marketing Workshop
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Workshop: Unternehmen und Facebook, 3. Teil

Wie sorge ich für Verbreitung?

Nutzer leiten Informationen weiter, die sie selbst oder andere interessieren. Dieses Potenzial lässt sich auch werblich nutzen.

Online Marketing Workshop50 000 Mal wurde dieses Amateurvideo aufgerufen, fast zehn Mal so häufig, wie die Profifilme des Herstellers.Procter & Gamble inszeniert sogar Haushaltsprodukte auf Facebook und rekrutiert daraus zum Beispiel Testkäufer.Groupon belohnt die Weiterleitung mit sechs Euro und weist immer wieder darauf hin.Otto setzt zwei junge Damen als Brücke zur Facebook-Klientel ein.

Thomas Arnold, Pressesprecher eines Baumaschinen-Herstellers war sichtlich überrascht, als er neulich nur zum Vergnügen den Namen seines Arbeitgebers in der Suchmaske von Youtube eintippte. Ihm schlugen jede Menge Videos entgegen, die sich tatsächlich mit den riesigen Baumaschinen seines Arbeitgebers befassten. Handgedrehte Videos, gefilmt mit Handies. Unruhig, verwackelt, der Ton übersteuert. Doch einige der Filmchen waren bereits mehrere Tausend mal angeschaut worden, wie der Zähler unter dem Video anzeigte.

Thomas Arnold ist frei erfunden, der Baumaschinen-Hersteller nicht. Man freute sich über die überaschende „Fan-Basis“, die die eigenen Produkte hatte und publizierte prompt eigene Videos in einem eigens dafür eingerichteten Youtube-Kanal. Perfekte gefilmt, mit spannender Musik unterlegt und zackig geschnitten. Der Erfolg blieb leider aus. Die Markenfilme des Anbieters erzielten mit Ach und Krach vierstellige Abrufzahlen. Ein hohes Verlustgeschäft, hätte man die Videos nur für diesen Zweck produziert.

Nicht vorhersagen sondern testen

Möglicherweise ist ein Grund für den Misserfolg des Baumaschinenherstellers darin zu sehen, dass er die bereits bestehenden Nutzervideos und vor allem deren Produzenten nicht aktiv in die Gestaltung des Youtube-Kanals einbezog. Vielleicht führte sich die Gruppe der Fans, die am freien Sonntag bei Nieselregen neben der Autobahn steht, um Baumaschinen zu beobachten, von der „Einmischung“ durch das Unternehmen gestört. Oder vielleicht fanden sie die Videos auch einfach langweilig.

Viele Anbieter mit einer neu eingerichteten Seite stehen vor der Frage, was denn dort zu publizieren wäre. Die Antwort ist so simpel wie nichtssagend: Alles, was es lohnt, weitergeleitet zu werden. Folgende Mechanismen funktionieren bei erfolgreichen Anbietern:

{b}1. Seltene und exklusive Inhalte:{/b} Informationen, die schwer zu bekommen sind, verbreiten sich gut über soziale Netzwerke. Die Exklusivität können Sie selbst erzeugen, zum Beispiel wenn Sie nur Facebook-Nutzern bestimmte Informationen zuspielen oder sie an Ereignissen exklusiv teilhaben lassen. Eine US-Shopping-Mall reservierte beispielsweise die Parkplätze in der ersten Reihe am ersten verkaufsoffenen Vorweihnachtssonntag exklusiv für Twitter-Verfolger. Das weckt gleichzeitig bei den anderen Mall-Kunden entsprechende Begehrlichkeiten.

{b}2. Gutscheine:{/b} Preisgetriebene Viralität funktioniert immer, ist aber auch teuer. Die Deutsche Bahn verkaufte 140 000 Tickets zu je 25 Euro an 50 000 Facebook-Fans, versäumte es dann aber, mit den Fans eine nachhaltige Beziehung aufzubauen. Merke: Preisversprechen sind gut, um kurzfristig eine Fan-Basis aufzubauen.

{b}3. Fan-Material/Merchandising:{/b} Echte Fans freuen sich über die unterschiedlichsten Devotionalien. Vom historischen Werbeplakat über spannende Detailfotos von Zahnkränzen, die Sie für eine Broschüre haben schießen lassen, bis hin zu klassischen Werbemitteln.

{b}4. Gewinnspiele:{/b} Es gilt das Gleiche, wie bei Coupons. Gelegentlich einbaut, sorgt es für Belebung auf der Facebook-Seite.

{b}5. Produkttests:{/b} Im Gegensatz zur Nachricht vom Erscheinen eines Produkts, könnte man die Fans einer Marke dabei einbinden, die Qualität eines Produkts oder Produktentwurfs zu beurteilen.

{b}6. Marktforschung:{/b} Conrad Electronic startet regelmäßig Umfragen unter den Fans, welches Produkt zum Beispiel einem Kundentest unterworfen werden soll.

{b}7. Humor:{/b} 72 Prozent der Nutzer leiten Inhalte weiter, weil sie sie unterhaltsam oder interessant finden, 58 Prozent, weil sie meinen, dem Empfänger bringt das einen Mehrwert. Unterhaltung ist ein starker Motivator zur Weiterleitung, verliert aber leicht die Bindung zu Marke oder Produkt.

Umgekehrt geht es aber auch: Mixer-Hersteller BlendTec verkaufte mehr Mixer über seine Website, nach dem man die beliebte Video-Serie „Will it blend“ gestartet hatte, in der jedes Mal irgendwas gemixt wird, auch ein iPad.

{b}8. Nutzerentwürfe:{/b} Das ist ein sehr spannender Ansatz für nachhaltige, längerfristige Konversationen. Am Spannendsten inszeniert das die Modebranche mit „Styles“, also Produktkombinationen, die zu einem gewissen optischen Ergebnis führen könnten.

Die Liste ließe sich endlos fortsetzen. Im ersten Schritt ist es sinnvoll, die vorhandenen Ressourcen zu nutzen. Durchforsten Sie Ihr Unternehmen. Eine aktuelle Vortragspräsentation über Marktentwicklungen könnte für die Nutzer ebenso spannend sein, wie GiveAways, die von der letzten Messe übrig sind. Probieren Sie es einfach aus.

Seeding, die gute Botschaft streuen

„Der Erfolg eines viralen Videos ist kaum vorherzusagen, aber man kann viel dafür tun“, meint Christian Wilfer. Sein Arbeitgeber, die Dialog Solution Group DSG, betreibt einen Dienst namens ShareIfYouLike. Hier können Unternehmen interessante Inhalte platzieren und eine Vergütung definieren. Ein Blogger mit großer Zielgruppe kann aus den angebotenen Stücken das wählen, dass er als adäquat für seine Zielgruppe erachtet und kann es auf seinen Seiten platzieren. Pro Klick auf das Video bekommt er eine Provision.

ShareIfYouLike ist eine neue Form der Werbeschaltung, die dem Publisher mehr Macht verleiht. Schließlich besitzt er die spannende Zielgruppe. Werber müssen also nicht nur spannende Werbemittel erzeugen, sie müssen auch noch für etwas stehen, von dem der Publisher meint, seine Leser könnten es klicken, kaufen oder abonnieren.

Mindestens ein Teil des viralen Erfolgs ist käuflich. Die Banneranzeigen von Facebook können ebenso dafür eingesetzt werden, Werbung für ein bestimmtes Angebot auf Ihren Facebook-Seiten zu machen, wie auch Google-Textanzeigen. Bieten Sie Ihre Angebote zeitgleich redaktionellen Seiten und Blogs im Fahrradumfeld an oder informieren Sie diese in klassischer Pressearbeit über das Facebook-Angebot.

Groupon geht sogar noch einen Schritt weiter und belohnt das Weiterleiten von Botschaften direkt mit sechs Euro, wenn daraus ein neuer Abonnent des Newsletters wird. Fahrrad.de gibt jedem neuen Fan der Facebook-Seite einen dauerhaften Rabatt von 10 Prozent auf die Listenpreise. Auch das heizt die Weiterleitung an.

Schlagen Sie auch den Benutzern Ihrer Website vor, Informationen weiter zu leiten. Wenn Sie einen Onlineshop haben, könnten Sie den Like-Button explizit auf der Danke-Seite einsetzen, die nach dem Abschicken der Bestellung zu sehen ist. Und natürlich ließe sich eine Transaktionsbewertung sehr gut „teilen“.

Testen Sie Inhalt, Sprache und Sendezeit

Die Kommunikation auf Facebook ist einfach und direkt. „Ich glaube, dass Mitarbeiter aus dem Customer Care besser geeignet sind, als Mitarbeiter aus Vertrieb und Marketing“, antwortete Andreas Bersch auf die Frage, wer die Facebook-Kommunikation betreuen soll. In den meisten Fällen wird ein freundschaftliches „Du“ gepflegt. Achten Sie jedoch darauf, dass es nicht aufgesetzt wirkt.

Geschickt macht das Otto. Der Megakonzern definiert zum Beispiel in seinem Blog Two-for-fashion zwei junge Damen, die für die Kommunikation auf Facebook stehen und auch mit Ihrem Gesicht dafür herhalten. Das sind Mitarbeiter, die nahe an der Zielgruppe sind, deren Sprache verstehen und deren Bedürfnisse erkennen.

Fast ebenso wichtig wie die richtige Sprache ist der richtige Sendezeitpunkt. Nina Meyer, die Marketingchefin von Reiseanbieter LTur hat herausgefunden, dass ihre Nachrichten am Häufigsten weitergeleitet werden, wenn sie vor 8.30 Uhr, zwischen 12.30 und 14 Uhr oder nach 18 Uhr publiziert werden. Klar: Mit der nächsten Urlaubsreise beschäftigt man sich in der Freizeit.

6. April 2011 von Frank Puscher
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