Workshop: Unternehmen und Facebook, 4. Teil
Wie verkaufe ich auf Facebook?
die stark für Ihre Facebook-Aktion im letzten Herbst kritisiert wurde, aber dennoch Bahntickets für 3,75 Mio. Euro verkaufte. „Über den Preis verkaufen geht immer“, meint Social-Media-Experte Andreas Bersch. „Immer“, also auch auf Facebook. Und es gibt kaum einen Kanal, wo sich ein guter Deal so schnell herum spricht, wie dort. Die Nutzer sind virtuell dichter beieinander und es gibt eben diese sehr einfach zu bedienenden Werkzeuge, um Freunde über die Okkasion zu informieren. Nicht umsonst will die Hälfte aller Onlinehändler das Engagement auf Facebook ausbauen, weiß eine Umfrage des eCommerce-Center Handel aus Köln.
Eine der besten Facebook-Verkäufer ist Groupon. Der Gutschein-Verkäufer holt sich bereits zwischen drei und zehn Prozent seiner Kunden über Facebook. Für Groupon ist das ein Kanal unter vielen, aber kein schlechter. Die Kunden, die von Facebook kommen, kaufen im Durchschnitt häufiger, als die von Google.
Die Formen des F-Commerce
Die Amerikaner sind längst in Aufruhr. Aus E-Commerce wird F-Commerce, also Facebook-Commerce. Spätestens seit Branchengigant Amazon mit Facebook eine Kooperation eingegangen ist, schauen die US-Onlinehändler sehr genau hin.
Insgesamt gibt es drei Grundformen des Facebook-Handels, die sich aus dem normalen Geschäftsmodell der klassischen Unternehmen speisen:
1. Bewerbung und Verlinkung von Produkten in der Pinnwand
2. Suche und Navigation in Facebook, Produktansicht und Checkout im Webshop
3. Vollintegrierte Facebook-Stores
Jenseits dieser Grundformen gilt das Hauptaugenmerk solchen Verkaufsideen, die die soziale Vernetzung besonders geschickt instrumentalisieren, um Verkäufe zu fördern. So zeigt Amazon in den USA Facebook-Nutzern eine Geschenkliste für deren Freunde, die demnächst Geburtstag haben. Die Liste speist die Empfehlungen aus den Präferenzen, die die Freunde auf Facebook hinterlegt haben. Hat ein Nutzer zum Beispiel bei einem Album von „TakeThat“ den Button „Gefällt mir“ gedrückt, so könnte Amazon daraus ableiten, dass die Empfehlung einer Platte von Robbie Williams greifen kann.
Diese tiefe Form der Integration zwischen Facebook und Onlinestore ergibt nur dann einen Sinn, wenn man über große Reichweite verfügt und über ein gutes Empfehlungssystem. Es geht aber auch viel einfacher. Verkaufen Sie statt einzelner Produkte nur ein Dreierpack und fordern Sie potentielle Kunden dazu auf, zwei gleichgesinnte Freunde zu finden, bevor ein Deal zustande kommt.
Und natürlich funktionieren auf Facebook Produkte, die den sozialen Status des einzelnen Nutzers erhöhen. Denn mal abgesehen von Alltagsprodukten des täglichen Bedarfs hat fast jeder Kaufakt eine soziale Dimension.
Die Bewerbung im Stream
Andreas Bersch von Faceboobiz.de ist sich sicher, dass es einen Kardinalfehler gibt, wenn Unternehmen ein Produkt im Nachrichtenstrom ihrer Pinnwand anbieten, nämlich die Benutzung des normalen Produktbeschreibungstexts. „Die Facebooknutzer möchten sich nicht instrumentalisieren lassen, zumindest nicht offensichtlich.“ Sie müssen dafür sorgen, dass die Produktbotschaft unter allen anderen Nachrichten wahrgenommen und hoffentlich auch weitergeleitet wird. Pointieren Sie die Meldung also auf den einen wichtigsten Vorteil, den Ihr Angebot hat.
Das ist nicht unbedingt der Preis. Eine Blitzlieferung könnte das ebenso sein (vor allem vor Weihnachten). Facebooknutzer könnten eine kleine Aufmerksamkeit dazu bekommen, wenn zum Beispiel 50 Stück verkauft werden. Sie wissen selbst sehr gut, was den Mund Ihrer Kunden wässrig macht. Lassen Sie sich allerdings nicht zu übertriebenen Superlativen hinreißen. Die direkte Kommentarfunktion in Facebook eignet sich auch bestens dafür, um Freunden ein Alternativprodukt vorzuschlagen, oder mit Ihrem Kommunikationsstil ins Gericht zu gehen.
Sehr schön exerziert hat das der eher konservativ ausgerichtete Heine-Versand zu Weihnachten 2010. Jeden Sonntag gab es eine spezielle Verkaufsaktion, die in Zusammenhang mit der Zahl 24 stand. Heine hat es verstanden über Werbung auf Facebook selbst und durch den klaren Rhythmus eine Erwartungshaltung bei der Zielgruppe aufzubauen. Heines eCommerce-Verantwortlicher Ruben Müller: „Mit den Verkaufsaktionen wollen wir unsere Fans gezielt auf bestimmte Themen lenken“.
Die Suche/Navigation
Zwei Beispiele aus dem Hause Otto sind am Besten in der Lage, die Möglichkeiten solcher Systeme darzustellen. Da wäre zunächst die Produktsuche von Smatch. Smatch liefert Händlern Traffic und kassiert für die Vermittlung von Abschlüssen Provisionen. Die Produktsuche ist in der Lage über verschiedene Händler und Marken hinweg eine reichhaltige Auswahl zu zeigen und damit den Nutzern meistens relevante Treffer bieten zu können. Auch zum Thema Fahrrad. Wer schon mit Smatch zusammenarbeitet, findet hier einen leichten, schnellen Zugang zum Thema Verkaufen auf Facebook. Für die Bewerbung der Produkte muss die Facebookseite natürlich selbst sorgen.
Sehr gekonnt inszeniert das der Trendshop von Otto. Hier dürfen sich Damen einen Style als Kombination verschiedener Produkte zusammenstellen. Mit nur einem Mausklick kann die komplette Auswahl in einen Warenkorb auf Otto.de übertragen werden und dort stehen alle Komfortfunktionen des Onlineshops zur Verfügung. Die Mechanik ist toll, weil die Styles natürlich selbst zum Diskussionsthema werden. In der Fahrradbranche muss man nicht weit schauen, um ähnliche Mechaniken zu finden. Da wäre zum Beispiel die Routenplanung oder natürlich die individuelle Bike-Konfiguration.
Einziger Wermutstropfen beim Trendshop: Der Übergang zum regulären Onlineshop ist mit einem gewaltigen optischen Bruch behaftet. Das könnte zu Kaufabbrüchen führen.
Vollintegration
An dieser Stelle muss das Beispiel Fahrrad.de genannt werden, denen es schon im August gelang, alle Artikel auf Facebook nicht nur zu zeigen, sondern auch zu verkaufen. Der Onlineshop ist eine Flash-Anwendung namens ShopShare. Sie wird von einem österreichischen Dienstleister betreut, der auch alle Traffic-Bewegungen im Shop messen und tracken kann. Der Shop ist von TrustedShops auf Sicherheit geprüft worden und bietet zum Beispiel komfortable PayPal-Zahlung an. Das Kalkül: Über gezielte Verkaufsaktionen sollen Kunden angelockt werden, die dann durch Cross-Selling höhere Warenkörbe erzielen. Inwieweit der Ansatz den regulären Onlineshop kannibalisiert muss erst noch ermittelt werden. Funktional ist der Shop gut, optisch eher langweilig.
In den nächsten Wochen werden die meisten Anbieter von Shopsoftware Facebook-Module in ihre Lösungen integrieren. Für Magento, ePages und Intershop gibt es schon Ideen von Drittanbietern. Der Shopbetreiber kann dann mit nur wenigen Klicks seine Facebook-Filiale eröffnen. Aber die schiere Verfügbarkeit von Produkten gewinnt noch nichts. Es geht um die Inszenierung. Vielleicht könnte es ein spannender Gedanke sein, Produkte der Facebookgemeinde einen Tag früher anzubieten, um durch diese willkürlich aufgebaute Exklusivität die Verbreitung der Nachricht voranzutreiben. Das könnte auch die regulären Verkäufe beflügeln.
Ohnehin gilt das Hauptaugenmerk auf Facebook der Verknüpfung der Nutzer untereinander. Hier wird ganz schnell das Affiliate-Selling Fuß fassen. Schön heute könnte jeder Amazon-Kunde eine Buchempfehlung auf Facebook mit seinem Kundenkonto verknüpfen und Provisionen kassieren. Plattformen wie Sellaround befreien diesen Prozess von Programmiercode und machen die Angebotsdarstellung attraktiver.
Schon finden sich erste Onlineshops auf Facebook, die nur mit Affiliate-Links in die Webshops Dritter verlinken. Die British Bikes Association verknüpft zum Beispiel viele Produkte mit Evans Cycles, nahe London. Zahlen wollte Betreiber Mark Taylor zwar nicht nennen, aber seiner Aussage nach läuft das Facebook-Selling „sehr gut“.
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