Online-Marketing-Workshop
Online-Couponing: Was taugen Groupon & Co.?
Die RTL-Moderatorin Birgit Schrowange empfiehlt: „Gehen Sie direkt auf die Hotel-Homepage, um alles über die Ausstattung und Lage des Hotels zu erfahren - damit ihr romantisches Wochenende nicht mit einer herben Enttäuschung endet.“ Die Akte-2010-Reporter empfehlen, man möge doch zunächst den Preis herunterhandeln, bevor man dann den Gutschein zückt. So spart man doppelt.
Kaum ein Thema spaltet die Nation, die Fahrrad-Branche und die Online-Marketing-Szene derzeit so intensiv wie Couponing. Mit derzeit 5,3 Millionen Rezipienten hat Branchenprimus Groupon eine Reichweite, die der Markt nicht ignorieren kann. Nicht wenige der zumeist auf 24 Stunden befristeten Deals erreichen vierstellige Abverkaufszahlen. Mit dem Restaurant des Mandarin Oriental in München setzte Groupon an nur einem Tag beispielsweise 100.000 Euro netto um.
Allerdings ist der Gutscheinversand via Groupon und Co. für den Anbieter sehr teuer. Vom Brutto-Gutscheinwert möchte Groupon gerne die Hälfte abziehen, um zu einem spannenden Rabatt zu kommen. Groupon ist penibel darauf bedacht, Schwellenpreise zu unterschreiten: lieber 99 Euro als 149 Euro. Von diesem Nettowert wiederum zieht Groupon eine Provision ab, die zwischen 40 und 50 Prozent liegt. Im besten Fall erhält der Aussteller des Gutscheins also rund ein Drittel des Bruttowerts.
Vordergründig kommt man schnell zu dem Schluss, dass sich der Gutschein nur rechnet, wenn Marketing-Effekte mit einkalkuliert werden. Unbestritten ist dieser Effekt zum Beispiel bei einer Neueröffnung: Wer sein neues Ladengeschäft in der Region bekanntmachen möchte, kann guten Gewissens zu diesem Werkzeug greifen. Mirko Krause, Hotelmarketing-Manager aus Hannover meint: „Die Zugriffe auf unsere Website waren im Zeitraum als der Gutschein angeboten wurde einfach bombastisch“.
Als Neueröffnung kann natürlich auch die erstmalige Einrichtung oder der Relaunch eines Online-Shops definiert werden. Und für Hersteller ist der Effekt freilich auch anwendbar zum Erscheinen einer neuen Kollektion oder Produktlinie.
Groupon-Reichweite
Die Kernzielgruppe von Groupon liegt zwischen 25 und 45 Jahre, ist vorwiegend in Städten zuhause und besteht zu 65 Prozent aus Frauen. „Die Öffnungsraten der Groupon-Newsletter sind unglaublich“, weiß Nikolaus von Graeve, Chef der eMail-Agentur Rabbit eMarketing, im Rahmen der Fachkonferenz InternetWorld in München zu berichten. Der Grund hierfür liegt vor allem an der klugen Grundstrategie, nämlich der lokalen Ausrichtung. Jeder Nutzer erhält nur Gutscheine aus seiner Region (oder seinem Urlaubsort) und somit genießt jede eMail einen Relevanz-Vorsprung. Irgendwie ist jedes Angebot potentiell interessant, weil es in Reichweite liegt.
Zweitens versteht sich Groupon hervorragend auf OnlineMarketing. Die einzelnen Gutscheine, aber auch das Gebot an sich werden über Werbebanner, Google und vor allem auch Facebook beworben. Dort werden die Links auf die Gutscheine munter weitergeleitet. Auf jeder Gutscheinseite sind allein vier Links zum Weiterleiten auf Facebook eingebaut. Wenn einem selbst die Gutscheine nicht gefallen, dann vielleicht einem Freund. Der Gutschein selbst ist übrigens übertragbar und somit wunderbar als Geschenk geeignet.
Interessant ist, dass Groupon-Gutscheine zumindest teilweise den Nimbus der profanen Schnäppchenjägerei verloren haben. Das mag daran liegen, dass die Gutscheine selbst grafisch hübsch gestaltet sind oder dass ein Teil der Angebote sehr hochpreisig ist, auch nach Abzug des Gutscheins. In Hamburg bot eine Augenklinik jüngst eine Laserkorrektur für knapp 2000 Euro an.
Auch in der Google-Suche zeigen Groupon-Gutscheine mehr und mehr Präsenz. Der Grund: Auch abgelaufene Gutscheine werden nicht unbedingt gelöscht und sind somit auch Monate später noch einsehbar. Das ist zweifellos auch der richtige Startpunkt für die eigene Groupon-Strategie: ein Blick auf die Fahrrad-affinen Angebote der Vergangenheit.
Auf die Strategie kommt es an
Die Eröffnung eines Ladengeschäfts oder eines Onlineshops ist dabei keineswegs die einzige erfolgversprechende Strategie. Groupon lebt auch vom Überraschungseffekt und der Neugier seiner Teilnehmer. Ein spannendes Angebot kann man ja „mal ausprobieren“, etwas Neues kennenlernen.
Groupons Partnerberater Thorsten Janssen empfiehlt, den Eventbezug hervor zu heben. „Schaffen Sie für den Kunden ein einzigartiges Erlebnis“. Das könnte auf einen Fahrradverleiher zutreffen, der nicht nur die Räder selbst verleiht, sondern auch einen Picknickkorb, vielleicht einen Reiseführer und andere Zusatzleistungen dazupackt. Darunter befinden sich zweifellos auch Leistungen, die eine höhere Marge zulassen und bei denen der Rabatt nicht so „schmerzvoll“ ausfällt. Janssen warnt allerdings vor speziell zurecht gestrickten Groupon-Päckchen: „Wenn der Gutscheinwert nicht mit dem normalen Angebot übereinstimmt, merken die Kunden das“.
Der Leipziger Anbieter Eckhardt Zweiräder hat für 31 Euro brutto ein Päckchen geschnürt, bestehend aus zwei Leihfahrrädern und einem Frühstück. Für einen Preis von 15 Euro ging der Gutschein insgesamt 28 Mal über die Theke. Ein kleines Zusatzgeschäft, mehr nicht.
Neben dem besonderen Angebot kann es beim Groupon-Gutschein auch darum gehen, neue Stammkunden zu generieren. Hierzu muss freilich die Qualität der angebotenen Leistung stimmen. Vorbildlich versucht sich hier das schicke nhow-Hotel in Berlin. Dort werden Groupon-Kunden nicht als Kunden zweiter Klasse eingeordnet, sondern man gewährt ihnen freiwillig ein Upgrade.
Eine Variante, um einen Neukunden sanft zum Stammkunden zu machen, könnte im Verkauf einer mehrfach wiederkehrenden Leistung stecken, etwa dem Sicherheitscheck. Verkauft man ein Päckchen von fünf Funktionsprüfungen, so lockt man den Kunden im Idealfall mit einem Kontakt fünfmal in den Laden.
Ein kluger Schachzug fiel einem Hamburger Friseur namens Trio ein. Beim ersten „Groupon-Besuch“ erhielt der Kunden einen kleineren Begrüßungsgutschein für den zweiten Besuch. Der ursprüngliche Gutschein brachte dem Friseur einen Nettoumsatz von rund 20 Prozent vom Gutscheinwert. Der Begrüßungsgutschein hatte einen Warenwert von 10 Euro. Ausgehend von einem durchschnittlichen Bruttoumsatz von 50 Euro pro Kunde, bleiben hier als 80 Prozent bei Trio. In der Summe ergibt sich eine klassische 2-für-1-Kalkulation.
Strategie 3 ist natürlich Upselling. Schon der Besuch im Laden kann sich auszahlen. Doch ergibt es Sinn, Upseling-Optionen bereits im Gutschein anzulegen.
Mountain-Bike-Touren Pfälzerwald bietet beispielsweise einen vierstündigen Schnupperkurs an. Bringt der Gutscheinkäufer kein eigenes Equipment mit, darf er das gegen Aufpreis ausleihen. Der Züricher Händler Biroma verkaufte im März 34 Servicechecks à 59 Euro. „Meistens bleibt es nicht beim Service, sondern wir benötigen auch Ersatzteile“, erläutert Biroma-Chef Greg Kowner. Im Herbst will er einen neuen Deal auflegen, um die Nebensaison zu füllen.
Nicht immer ist der Gutscheinverkäufer darauf angewiesen, Uspelling aus dem eigenen Waren- und Dienstleistungsbestand schöpfen zu müssen. Klug geschnürte Kombinationspakete mit Ausflugslokalen und Besuchszielen (Radverleih), Trainings- und Ernährungsberatern, Fitnessstudios, Masseuren und so weiter. Vielleicht funktionieren auch ausgefallene Ideen, wie die Zusammenarbeit mit einem Künstler, der die Rahmen individuell gestaltet.
Auch beim Upselling kommt es auf die Geschichte dahinter an. Man verkauft die Idee zum Beispiel eines gemeinsamen Fahrradausflugs. Schnöde Warenwertgutscheine mögen zwar besser kalkulierbar sein, haben aber zweifellos nicht das gleiche Kundenbindungspotential.
Und freilich eignet sich die schiere Reichweite von Groupon für zwei weitere Ansätze. Zum einen lässt sich ein Deal erdenken, der auf den Winter fokussiert ist und somit Leerzeiten ausfüllt. Zum anderen genügt die Reichweite auch für Last-Minute-Geschäfte, die sonst eventuell gar nicht mehr zu tätigen sind. Ein Hotelier aus der Nähe von Hamburg berichtet von einem sehr hochpreisigen Deal (Originalpreis 1350 Euro, Gutscheinpreis 495 Euro) mit dem er ein Osterwochenende für zwei Personen noch 14 Tage vor den Feiertagen verkaufte. „Wir haben sechs dieser Deals verkauft, das war perfekt. Mehr als zehn hätten wir gar nicht verkraftet“, so Hotelier Moritz Kurzmann.
Das Handling
Der schnelle Anruf bei Groupon genügt. In der Regel erscheint der Partner-Berater innerhalb von wenigen Tagen. Kein Wunder: Groupon setzt inzwischen in den Großstädten bis zu acht Deals pro Tag um. Die 5000 Partner wollen akquiriert werden.
Bei der Wahl des Tages der Schaltung und häufig auch der Stadt, in der der Gutschein geschaltet wird, behält sich Groupon gerne die Entscheidung vor. Wenn es sich nicht um explizit ortsgebundene Deals handelt, ergibt vor allem bei Verleih-Themen die Schaltung in Zielregionen einen Sinn.
Am Tag der Schaltung benötigen Sie vor allem Ressourcen am Telefon. Auch wenn die Buchung selbst eventuell über ein Onlinesystem abgefangen wird, haben viele Kunden Fragen, bevor Sie den Deal abschließen. Diese Situation ist zwar eine Belastung aber durchaus nicht immer negativ zu bewerten: Sie können dem einen oder anderen Kunden den Deal natürlich auch direkt verkaufen.
Jördis Miethe aus Zeuthen, südöstlich von Berlin, musste bei zwei Anrufern etwas intensiver diskutieren. Im April schrieb sein Unternehmen DeTeMa einen 200-Euro-Gutschein für Kompletträder aus. Zwei der insgesamt 29 Kunden versuchten mit dem Gutscheincode online Ersatzteile zu bestellen und scheiterten folglich.
Die Laufzeit der Gutscheine beträgt in der Regel sechs Monate. Die meisten Gutscheinverkäufer sprechen von einer recht entspannten Gleichverteilung der Einlösungen mit verstärkter Nachfrage am Anfang und am Ende.
Die Auszahlung der Gutscheine erfolgt bei Groupon erst nach Einlösung des Gutscheins. Sie erhalten entsprechende Listen mit Gutscheincodes, entweder digital oder aus Papier, und schicken Groupon die eingelösten Gutscheine zurück. Im Zweifel muss mit einer Ausfallquote von rund zehn Prozent gerechnet werden. Fahrradhändler Miethe war sich dessen nicht bewusst: „Die können doch das Geld nicht einbehalten, wenn einer bezahlt hat. Da steht doch unser Name dahinter“.
Verknüpfen Sie den Gutschein am besten mit einer telefonischen Kontaktaufnahme zwecks Terminvereinbarung, so können Sie Ihre Ressourcen besser planen und im Zweifel auch die Kundenadressen einsammeln.
Fazit
Nichts spricht gegen den schnellen Groupon-Gutschein, solange die Kalkulation stimmt. Entfernen Sie sich nicht zu weit vom Deckungsbeitrag, im Zweifel durch ein eher hochpreisiges Angebot. Achten Sie darauf, am Verkaufstag und am Tag danach – das ist in der Regel der Tag der Ausstellung des Gutscheins – genügend Personal am Telefon zu haben und dass Ihre Mitarbeiter auf das vorbereitet sind, was da kommen wird. Dazu zählt auch die Standardkommunikation bei auftretenden Fragen, wie etwa ob man die Gutscheine mit anderen Rabatten kombinieren kann, ob sie über die Laufzeit hinaus gelten sollen und ob man den Angebotsinhalt variieren kann.
Der alternative Anbieter DailyDeal, sowie die auf Smartphone-Couponing spezialisierten Friendticker, MyMobai oder Coupies haben weniger Reichweite, begnügen sich aber in der Regel mit 30 Prozent Provision. Ein Anruf auch dort kann nicht schaden. Die Baunataler Profirad AG verkaufte im Januar immerhin 117 Pakete á 30 Euro für Hardware-Gutscheine via Daily Deal.
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