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»Wir sind sehr hart mit der Stiftung Warentest ins Gericht gegangen«, sagt Werner Forster.
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Interview - Cycle Union

»Das hat uns kalt erwischt«

Als »eine heftige Achterbahnfahrt« beschreibt Werner Forster, Geschäftsführer von Kreidler-Anbieter Cycle Union, rückblickend seine Erlebnisse mit Stiftung Warentest. 2011 feierte Kreidler mit einem E-Bike einen Testsieg bei Stiftung Warentest. Zwei Jahre später bricht der Lenker auf dem Prüfstand. Das vernichtende Urteil der Tester: »mangelhaft«. In diesem Jahr fand sich die Marke aus Oldenburg nun wieder unter den Testsiegern wieder. Im Interview mit velobiz.de Magazin gibt der Kreidler-Mann eine Innenansicht dieser Achterbahnfahrt mit durchaus auch selbstkritischen Tönen.

{b}Nach dem letztjährigen E-Bike-Test von Stiftung Warentest gab es viel Gegenwehr aus der Fahrradindustrie. In diesem Konzert der Empörung war jedoch Cycle Union kaum zu hören, obwohl auch Ihr Unternehmen mit der Marke Kreidler ein vernichtendes Urteil eingefangen hatte. Ein Jahr später, beim diesjährigen E-Bike-Test, findet sich ein E-Bike von Kreidler nun wieder unter den Testsiegern wieder. Gleichzeitig liest man von neuen Sicherheitskonzepten, die von Kreidler seit dem vergangenen Jahr eingeführt wurden. Wie hängt das alles zusammen?{/b}
Das war in der Tat eine heftige Achterbahnfahrt für uns. 2011 waren wir Testsieger bei Stiftung Warentest, 2013 dann der vorletzte im Test und jetzt in diesem Jahr lagen wir mit der Note 2,3 wieder auf einem guten Platz drei.
Im letzten Jahr stellte sich die Situation für uns so dar, dass wir zwar eine Vorabinformation von Stiftung Warentest erhalten hatten, aus deren Inhalt konnten wir aber keine problematische Situation erkennen. Da standen eigentlich nur ein paar allgemeine Aussagen und Themen aus dem Test drinnen, aber keine gravierenden Dinge, die uns irgendwie alarmiert hätten. Wir dachten 2013 wirklich, es ist alles in Ordnung und wir wären auf der Zielgeraden für eine gute Platzierung im Testfeld. Dass dann mit der Veröffentlichung des Tests unserem Produkt ein Lenkerbruch attestiert wurde, der ja sicherheitstechnisch keine Bagatelle ist, hat uns kalt erwischt.
Im Nachhinein, und das kann ich mir auch selbst vorwerfen, haben wir zu langsam reagiert und insbesondere nicht den Versuch unternommen, der Stiftung Warentest zu beweisen, dass der Lenker wahrscheinlich dort falsch geprüft wurde. Dabei sind wir heute aufgrund weiterer Erkenntnisse der festen Überzeugung, dass der Lenker damals von Stiftung Warentest falsch eingespannt wurde. Dies war aber zunächst nicht feststellbar. Wir mussten sehr lange darauf warten, bis wir überhaupt nur ansatzweise von der Stiftung Warentest einen Einblick erhalten hatten, wie das Testergebnis mit dem Lenker zustande gekommen sein soll.
Nachdem wir uns deshalb damals zunächst schwer taten, mit den Ereignissen Schritt zu halten, haben wir auch keine laute Kritik geübt. Im Nachhinein muss ich aber sagen, dass der Weg, den unsere Mitbewerber mit der Pressekonferenz und anderen Aktivitäten gegangen sind, genau der richtige war. Ich glaube, die gesamte Branche hat aus der Auseinandersetzung mit Stiftung Warentest viel gelernt.
Aufgrund dieser Erfahrungen wollten wir in diesem Jahr nicht mehr akzeptieren, dass die Stiftung Warentest uns eine Vorabinformation gibt, in der eigentlich nichts drin steht. Wenn eines unserer Produkte einen gravierenden Mangel hat, der uns bislang noch nicht bekannt ist, dann muss ich das als Hersteller so zeitnah wie möglich erfahren. Wenn es tatsächlich so ist, dass wir etwas falsch gemacht haben, dann stehen wir dazu und müssen auch die Konsequenzen tragen.
Darüber sind wir mit der Stiftung Warentest auch sehr hart ins Gericht gegangen. Wir haben dabei den Verantwortlichen dort deutlich gemacht, dass sie die Verbraucher einer nicht unerheblichen Gefahr aussetzen, wenn Mängel festgestellt werden und uns dies als Hersteller nicht unmittelbar mitgeteilt wird. Wir haben aber auch zum Ausdruck gebracht, dass das Verfahren transparenter werden muss, damit wir als Hersteller überhaupt in der Lage sind, die Aussage und Ergebnisse zu überprüfen.
Ich denke, das hat gewirkt. Stiftung Warentest hat die Karten in diesem Jahr jedenfalls sehr früh offen gelegt, ist also mit dem Thema komplett anders umgegangen. Es muss auch Gründe gegeben haben, warum sich die Veröffentlichung der Testergebnisse um mehrere Wochen verzögert hatte. Da hat die Stiftung Warentest wohl auch intern einige ihrer Ergebnisse kritisch hinterfragt.

{b}Aber im eigenen Unternehmen haben Sie seitdem auch einige Dinge verändert.{/b}
Ja, das haben wir. Als Hersteller ist man stets um Prozess- und Produktoptimierung bemüht und befindet sich immer im Fluss.
Es gibt fünf Teile am Fahrrad, die bei ordnungsgemäßem Einsatz unter keinen Umständen versagen dürfen. Das sind der Rahmen, die Gabel, der Lenker, der Vorbau und die Sattelstütze. Wenn eines dieser Bauteile bricht, dann ist dies ein Mangel, der unsere Kunden einer großen Gefahr aussetzt.
Weil wir als Unternehmen solch eine Gefährdung auf jeden Fall ausschließen wollen, testen wir diese fünf Bauteile nun noch intensiver. Zudem werden zusätzlich zu unseren eigenen Tests diese Bauteile auch noch an zwei weitere, externe Prüflabore gegeben. Nur wenn ein Bauteil sowohl die internen als auch die externen Tests besteht, wird es von uns verbaut.

{b}Sind Sie nun mit der Stiftung Warentest wieder versöhnt? {/b}
Es sind im diesen Jahr viele Dinge deutlich transparenter und besser gelaufen als bei früheren Tests. Wir sind aber mit Stiftung Warentest noch nicht völlig im Einklang. Was noch nicht in Ordnung ist, ist beispielsweise die Sichtweise der Warentester in Sachen Fahrstabilität. Also die Frage, in wie weit sich ein Fahrrad aufschwingen kann und wie mit dem Thema umgegangen wird.
In diese Thematik hat unser Produktmanagement-Team in den vergangenen Jahren sehr viel Energie und Zeit reingesteckt. Der Wave-Rahmen, der aktuell in den Modelljahren 2014 und 2015 verwendet wird, markiert eine deutliche Entwicklung gegenüber den früheren Plattformen. Das sieht man an den veränderten Rohrprofilen, aber auch am etwas höheren Durchstieg. Der ist nun vielleicht etwas höher als es manche Kunden wünschen, wir haben aber im Testlabor gesehen, dass diese Form wesentlich bessere Werte erzielt.
Wir haben den Test der Stiftung Warentest mit verschieden schweren Fahrern und bei verschiedenen Geschwindigkeiten durchgeführt. Bei keiner Konstellation kam es zu einer gefährlichen Situation. Insofern können wir die entsprechenden Kritikpunkte der Stiftung Warentest nicht nachvollziehen.

{b}Dann sind die besseren Ergebnisse für Kreidler bei Stiftung Warentest also durchaus auch das Resultat von Veränderungen, die sie am Produkt vorgenommen haben?{/b}
Das mag teilweise so sein. Wir wissen inzwischen aber auch, dass das schlechte Testergebnis im letzten Jahr nicht gerechtfertigt war. Der Lenker, der dort auf dem Prüfstand gebrochen war, wurde von uns bereits 35.000-mal verbaut. Und das völlig ohne Probleme. Aber Fakt ist auch, dass der Lenker auf dem Prüfstand von Stiftung Warentest nicht nur einmal, sondern zweimal gebrochen war. Wir halten deshalb an unserer Enschätzung fest, wonach der Test damals unzutreffend durchgeführt worden sein muss. Dennoch haben wir Hersteller aus dem letztjährigen Debakel viel gelernt, und dies dürfte auch auf die Stiftung Warentest zutreffen. Der Dialog mit der Branche war in diesem Jahr jedenfalls deutlich besser und konstruktiver.

{b}Beim Thema Aufschaukeln spielen viele Faktoren eine Rolle, die sich gegebenenfalls ungünstig auswirken können. Zum Beispiel ein zu hohes Gewicht von Fahrer und Gepäck oder zu hohe Geschwindigkeiten. Muss die Fahrradindustrie vor diesem Hintergrund vielleicht ihre Kunden künftig noch besser aufklären, was mit E-Bikes und insbesondere mit Tiefeinsteigern machbar ist und was nicht?{/b}
Der Verbraucher weiß, dass ein E-Bike in vielen Dingen eben kein Fahrrad ist, sodass ein zusätzlicher Hinweis im Grundsatz wohl entbehrlich sein dürfte, zumal wir unsere Kunden auch nicht bevormunden wollen. Ein Kunde muss sich deshalb in erster Linie auch selbst eingestehen, wenn ein bestimmtes Rad für ihn vielleicht nicht geeignet ist. Auf die grundsätzlichen Eigenschaften sowie insbesondere die grundsätzlichen Unterschiede zwischen beispielsweise einem Cityrad und einem Rennrad haben wir auch immer hingewiesen und tun das auch heute noch. Wenn Sie sich unseren neuen Katalog oder den Internetauftritt ansehen, finden Sie ebenfalls entsprechende Hinweise. Die Branche geht nun vermehrt dazu über, die Verbraucher entsprechend zu sensibilisieren. Ich denke, da haben wir uns alle weiterentwickelt. Deshalb glaube ich auch nicht, dass Probleme, wie wir sie in den letzten Jahren erfahren haben, uns in dieser Form noch mal begegnen werden.

7. Oktober 2014 von Markus Fritsch

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