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Report - Batterierecycling

Der Kreis schließt sich

Etwa seit 2010 sind Lithium-Ionen-Akkus ein wichtiger Bestandteil der Fahrradbranche. Da sie nur eine begrenzte Lebensdauer haben, landen sie früher oder später im Recyclingkreislauf. Über die letzten Jahre haben viele Akkus ein Alter erreicht, in dem sie ausgemustert werden. Doch wie funktioniert die Wiederverwertung von Altakkus eigentlich und welche Ausmaße hat das inzwischen angenommen?

Es kommt jedes Jahr eine beträchtliche Menge an Altbatterien zusammen, die dem Recycling zugeführt werden. Das mit Abstand größte Batterierücknahmesystem GRS Batterien (Stiftung Gemeinsames Rücknahme System, mit einem geschätzten Marktanteil von 85 Prozent und 170.000 Sammelstellen) gibt an, im Jahr 2016 stolze 15.964 Tonnen Geräte-Altbatterien zurückgenommen zu haben. In der gleichen Zeit wurden von den Mitgliedern 35.286 Tonnen neue Batterien auf den Markt gebracht.
Die von GRS Batterien genannte Sammelquote von 46,3 Prozent ist besser als sie klingt, denn es handelt sich um eine rollierende Quote. Das Batterie-Business wächst jährlich und längst nicht jede Batterie kommt nach kurzer Zeit wieder zurück, insbesondere Akkus nicht.
Angesichts der großen Masse an Batterien ist aber offensichtlich, dass nur ein sehr kleiner Teil davon von der Fahrradbranche verantwortet wird. Tatsächlich sind knapp drei Viertel des Aufkommens durch Primärbatterien zu erklären (72,3 Prozent 2016), also Batterien, die nicht erneut aufgeladen werden können. Auch bei den übrigen Sekundärbatterien, also wiederaufladbaren Akkus, trägt die Fahrradbranche nur einen Bruchteil der Mengen bei.
Eine erste Annäherung erlaubt der Blick auf den Bereich der Lithium-Batterien, die im Recyclingkreislauf zurückkommen: Für das Jahr 2016 berichtet GRS Batterien von 850 Tonnen Lithium-Ionen-Rundzellen, die gesammelt wurden. Sie machen damit 5,3 Prozent des Gesamtaufkommens aus. Sie sind auch die Kategorie mit den größten Zuwächsen. Innerhalb eines Jahres legte die Sammelquote um 31 Prozent zu.
Tatsächlich führt GRS Batterien aber auch Buch über E-Bike-Akkus. »Die Masse der zurückgenommenen E-Bike-Akkus lag 2016 bei ca. 100 Tonnen, was etwa 10 Prozent der Inverkehrbringungsmenge entspricht«, erklärt Ragna Sturm von GRS Batterien. Wenn man ein durchschnittliches Gewicht von 3 kg je Akku annimmt und davon ausgeht, dass die 100 Tonnen 85 Prozent der gesamten Recyclingmenge entsprechen, kommt man auf etwa 40.000 E-Bike- und Pedelec-Akkus, die im letzten Jahr entsorgt wurden.
Damit das Einsammeln der Altbatterien klappt, ist auch der Handel in das Recycling eingebunden. Wer Batterien und Akkus verkauft, muss sie auch zurücknehmen.

Batteriegesetz von 2009

Vom 2009 in Kraft getretenen Batteriegesetz in Deutschland sind Händler ebenso wie die Hersteller und Importeure von Batterien betroffen. Allerdings sind Letztere die hauptsächlichen »Inverkehrbringer« von Batterien in den Markt und müssen zusätzliche Vorgaben erfüllen. Dazu gehören etwa ihre Registrierungspflicht beim Umweltbundesamt (UBA) ebenso wie die Verwertungspflicht, Kennzeichnungspflicht und noch einiges mehr. Händler sind von den Herstellerpflichten zunächst nicht betroffen. Die Stiftung GRS Batterien weist aber darauf hin, dass »ein Händler, der vorsätzlich oder fahrlässig Batterien von Herstellern vertreibt, die nicht beim UBA registriert sind, automatisch auch als Hersteller gilt. Faustregel: Wer die erste deutsche Rechnung schreibt, ist Hersteller im Sinne des Gesetzes.« Wenn er das nicht tut, ist er vor allem Sammel- und Verkaufsstation.
Hier zeigt sich, dass der Handel inzwischen recht gut mit dem Rücknahmesystem zurechtkommt. Bisher war vor allem der Weiterversand von Akkus ein Problemthema, sei es zu Recycling- oder Reklamationszwecken. Durch die Weiterbildung der beteiligten Akteure nehmen diese Probleme ab. »Es gibt nach wie vor Händler, die keine Sendungspakete anfordern, mit denen sie Akkupacks ordnungsgemäß einsenden können. Aber das gibt es in vielen anderen Branchen ebenso«, beobachtet Marco Nover, Vertriebsleiter bei der BMZ-GmbH. Grundsätzlich haben sich die korrekten Abläufe eingespielt. »Der Anteil der Akkus, die in Discountertüten verpackt hier ankommen, wird weniger«, bemerkt Jörg Schmidt, Abteilungsleiter E-Bike bei BMZ. »Es ist sicherlich ein Lerneffekt festzustellen.« Das nötige Wissen wird bei den Unternehmen bei zahlreichen Schulungsrunden vermittelt. Auch Bosch macht klare Vorgaben, wie Akkus versendet werden dürfen, erklärt Sprecherin Tamara Winograd: »Für Lithium-Ionen-Akkus stehen den Händlern spezielle gelbe Sammeltonnen zur Verfügung, in denen die verbrauchten Akkus transportiert werden. Diese Transportfässer müssen kühl und trocken gelagert sowie vor Beschädigungen und Witterungseinflüssen geschützt werden.« Für Fachhändler gebe es darüber hinaus genaue Instruktionen, wie die Akkus zu verpacken sind, bevor sie versendet werden können (Pole isolieren, in Folie oder die Originalverpackung verpacken, auspolstern). Ist der Akku schließlich am Ende seiner Reise angekommen, steht dem Recycling nichts mehr im Wege.

Das eigentliche Recycling

Irgendwann landet jeder Akku doch noch im Recyclingkreislauf. In der Regel bedeutet dies, dass die Altbatterien metallurgisch verwertet werden. Dabei werden zunächst die Altbatterien nach Typ sortiert und soweit wie möglich zerlegt. Anschließend werden die einzelnen Gruppen geschreddert und dem passenden Recycling zugeführt. Im Falle von Lithium-Ionen-Akkus führt der Weg in den Hochofen. Inzwischen werden 96 Prozent aller wieder eingesammelten Batterien auf die für sie vorgesehene Weise recycelt. Ein Großteil der eingesetzten Rohstoffe lässt sich auf diese Weise zurückgewinnen, ohne das gefährliche Stoffe freigesetzt werden. Ein Rohstoff bereitet aber noch Herausforderungen.

Lithium-Recycling

Das namensgebende Lithium in Lithium-Ionen-Akkus ist bekanntlich eine endliche und nach wie vor knappe Ressource. Das Element ist zwar häufiger in der Erdkruste vorhanden als etwa Blei, dabei allerdings schwieriger zu gewinnen. Bis vor wenigen Jahren galt Lithium als relativ günstiger Rohstoff. In jüngster Vergangenheit hat sich der Preis aber vervielfacht. Grund ist die steigende Nachfrage durch den Batterie-Boom, der in den nächsten Jahren nahtlos fortgeschrieben werden soll. »Lithium ist ein gefragtes und gleichzeitig begrenztes Leichtmetall: Die Nachfrage steigt seit dem Jahr 2000 jährlich um etwa 20 Prozent. Deshalb gibt es aktuell Forschungsprojekte, die sich mit dem Recycling von Lithium-Metalloxiden befassen«, heißt es bei Bosch. Dennoch findet im Recycling von heute noch keine Rückgewinnung des Leichtmetalls statt. Es fehlen schlicht noch die Verfahren, um das wirtschaftlich sinnvoll leisten zu können. Im Moment sind die Kosten für einen Einsatz zu hoch. In den Hochöfen, in denen die Lithium-Ionen-Akkus enden, werden derzeit daher vor allem Kobalt, Nickel und Kupfer und in geringerem Umfang auch weitere Stoffe wiedergewonnen.

Second Use

Im Rahmen des Recyclings von Lithium-Ionen-Akkus hört man öfters auch von der Verwendung der ausrangierten Akkus in Second-Use-Szenarien. Ein Akku, der in seinem ursprünglichen Einsatzfeld nicht mehr den Ansprüchen genügt, wird dann in anderen Zusammenhängen genutzt. Vor allem sind Energiespeicherlösungen im Eigenheim eine Lösung, in denen solche Akkus zum Einsatz kommen könnten, etwa um aus Solaranlagen gewonnene Energie zu speichern. Allerdings werden gealterte E-Bike-Akkus kein derartiges zweites Leben eingehaucht bekommen. Lithium-Ionen-Akkus lassen sich nicht wieder auffrischen und die Akkus von Elektrorädern kommen den bisherigen Erfahrungen nach meist in einem derart derangierten Zustand in den Recyclingkreislauf, dass für sie kein weiterer sinnvoller Einsatz mehr möglich ist. Daher ist Second-Use vor allem ein Zukunftsthema für die ausgemusterten E-Pkw-Akkus von morgen, die recht konsequent und viel früher als bei E-Bikes (etwa bei spätestens 70 Prozent Restkapazität) getauscht werden und dann eine Menge gleichmäßig verbrauchter Zellen enthalten, die in einem Hausspeicher weiterverwendet werden können.

Ersatzakkus noch keine ­Renner

Insgesamt sind die Recyclingmengen der Fahrradbranche noch recht übersichtlich. Das liegt nicht zuletzt auch daran, dass man nicht gerade behaupten kann, dass der Akkuaustausch durch einen florierenden Ersatzteilmarkt befeuert würde. Zwar gibt es auch hier keine verbindlichen Erkenntnisse, die verschiedenen Experten schätzen aber, dass höchstens 20 Prozent aller E-Bikes und Pedelecs einen neuen Akku spendiert bekommen. Wahrscheinlicher ist aktuell ein Wert von unter 10 Prozent.
Angesichts eines Preises von 500 bis 800 Euro für einen hochwertigen Ersatzakku und der rasanten Fortentwicklung der Produktkategorie kann man die Kunden durchaus verstehen. Schon in der Preiskategorie von 1500 bis 2000 EUR kann man heute durchaus brauchbare Elektrofahrräder kaufen, die deutlich bessere Leistungen liefern als das bereits vorhandene Gefährt, das vielleicht vor fünf oder sechs Jahren angeschafft wurde. Das mag zwar nicht besonders nachhaltig oder ökologisch sein, aber es scheint ausreichend ökonomisch. Da darf sich der Handel durchaus freuen, dass die Kunden lieber neue Elektroräder kaufen als kostspielige Ersatzteile. Sollte allerdings das Produkt Pedelec einmal einen Reifegrad erreichen, bei dem für den Kunden keine nennenswerte Verbesserung zu nachfolgenden Produktgenerationen zu erkennen ist oder alternativ die Batteriepreise massiv fallen, wird dieses Ersatzteilgeschäft anziehen. Die erwartbare Konsequenz wäre, dass die Abverkaufszahlen sinken.
Derzeit ist das Recycling von Altakkus kein besonderes Problem für Industrie und Handel und wird es absehbar auch bei weiter steigenden Mengen nicht werden. Zum einen ist inzwischen die Wiederverwertungsquote der eingesetzten Rohstoffe sehr hoch. Die verwendeten Stoffe können fast vollständig wiedergewonnen werden. Zum anderen werden fast alle zurücklaufenden Akkus und Batterien recycelt. Zur Jahrtausendwende wurden Altbatterien zum Großteil nur »beseitigt«, landeten also ohne Wiedergewinnung der Rohstoffe in der Müllverbrennung oder auf einer Müllhalde. Diese Situation hat sich komplett gedreht. Einzige Schwäche ist die wirtschaftliche Rückgewinnung von Lithium. Doch auch dieses Problem wird sich, wenn man den Forschern glauben möchte, absehbar lösen lassen.

26. Juni 2017 von Daniel Hrkac
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