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Promirennen zur WM (Foto: Extra Energy)
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Promis gegen Profis: Grünes Licht für gedopte Fahrräder

(ExtraEnergy) Anlässlich der Rad WM in Stuttgart traten am 29.9.2007 Radsportler gegen Prominente am steilsten Berg der Stadt gegeneinander an. Die Prominenten durften dopen – mit Strom. Und siegten!

Promirennen zur WM (Foto: Extra Energy)Promirennen zur WM (Foto: Extra Energy)

Es ist der 29. September 2007. Die Fahrer sind am Fuße des Herdwegs in Stuttgart versammelt – vor ihnen liegt ein ungefähr ein Kilometer langer Berg mit 12% Steigung, stellenweise 17%. Eben flitzen noch die letzten Damen der Rad WM Runde vorbei und fahren zum 7. Mal diesen Berg hinauf. Kein Wunder, dass eine extra Dosis Energie verlockend ist. Dann ist die Strecke für die Herren aus dem Stuttgarter Rathaus freigegeben. SIE DÜRFEN dopen – ihre Räder – mit Strom. Diese noch weitgehend unbekannte Methode der Kraftunterstützung nennt sich Pedelec – es handelt sich dabei um Fahrräder mit Elektromotor und Batterie.

Runter vom Rad – rein in die Sitzung

Am Start machen sich bereit: der Stuttgarter Bürgermeister, Dr. Martin Schairer, Klaus Vogt (Wirtschaftsförderer der Landeshauptstadt), Silvia Fischer (Stadträtin von Bündnis 90 / Die Grünen), Susanne Scherz (Verkehrsplanerin der Stadt Stuttgart) und SWR Redakteurin Christine Lehmann. Das Team bestreitet den Wettkampf auf Pedelecs der Firmen Biketec, Currie, eZee, Heinzmann und Hercules. Bürgermeister Dr. Schairer tritt in Anzug und Krawatte an: “Denn wir wollen ja eine Message rüber bringen”. Das Besondere bei den Pedelecs ist doch dass man “Runter vom Rad, rein in die Sitzung” gehen kann, sagt der Bürgermeister überzeugt.

A-Schorle statt E-Saft

Werner Wölfle (Stadtrat und Landtagsabgeordneter von Bündnis 90 / Die Grünen), Stefan Spatz (stellvertretender Leiter des Sozialamts in Stuttgart) und Peter Patzold (Gemeinderat von Bündnis 90 / Die Grünen) fordern die Kollegen aus dem Rathaus auf dem Rennrad und dem Mountainbike heraus. Zwei Rennradler vom Team Plattenhardt mit Profilizenz und weitere trainierte Hobbyradler schließen sich an. Ihr Geheimrezept ist A-Schorle statt E-Saft.

Wie ein zweites Paar Beine

Ein letzter Akkucheck, dann ertönt der Startschuss. Die Pedelecs ziehen nach vorne, dicht gefolgt von den Rennradlern. Schon bald geht Silvia Fischer auf dem Hercules Pedelec in Führung während sich Bürgermeister Dr. Schairer auf dem Currie IZIP und Phillipp Wörner vom Plattenhardt-Team ein Duell liefern: Was ist schneller? Das Pedelec im gelassenen Fahrstil oder das Rennrad im Spurt? Als der Berg gegen Ende noch mal richtig anzieht fehlen dem Rennradler letztendlich das zweite paar Beine mit den extra Watt.

Triumph für elektrisches Dopen

Silvia Fischer meistert Stuttgarts berüchtigte Anti-Radler-Strecke in nur 1:33 Minuten – dank drehmomentstarkem BionX-Antrieb, gutem Training und geringem Gewicht. 11 Sekunden später folgt Klaus Vogt auf dem Heinzmann Estelle, dessen 1,2 Kilowatt-Motor deutlich mehr Last zu tragen hatte. Mit weniger als einer Sekunde Abstand fährt Bürgermeister Dr. Schairer gelassen ins Ziel an der Doggenburg ein. Der Schweißtest vor laufender Kamera zeigt: Keine Ränder auf dem weißen Oberhemd, keine Perlen auf der Stirn. Da ist bei Phillipp Wörner schon etwas mehr zu sehen, der als erster Rennradler und insgesamt an vierter Stelle das Ziel erreicht – 27 Sekunden nach der Siegerin. Auf Platz 5 folgt Jürgen Arnold vom Plattenhardt-Team. Sechste ist Susanne Scherz auf dem eZee. Sie hat die Strecke in 2:15 Minuten bewältigt. Nach Thomas Mirschberger auf dem Rennrad folgt SWR-Redakteurin Christine Lehmann auf dem S-Flyer von Biketec. Sie sieht wesentlich entspannter aus als Werner Wölfle, der 4 Sekunden später auf dem Rennrad das Ziel erreicht, nach 2:33 Minuten Fahrzeit. Kurz darauf folgen die Fahrer des belgischen Teams, denn “die Beine sind noch gut”! Bei Stefan Spatz ging keineswegs der Energiepegel runter, sondern die Kette.

Man will alles

Ein Lachen breitet sich auf den Gesichtern der Fahrer aus, als sie dem Filmteam vom SWR Interviews geben. Besonders die Pedelecfahrer freuen sich über die gesparte Kraft. Aber da ist noch etwas: Überraschung, Staunen, Skepsis, Begeisterung. „Die sind ja gut abgegangen! So was
könnten wir bei unseren Rennen auch brauchen” gesteht Jürgen Arnold vom Plattenhard-Team. Auch Landtagsabgeordneter Werner Wölfle, der auf seinen biologischen Akku setzt, muss zugeben: „Ich dachte, Elektroräder sind Image schädigend. Aber ich bin überrascht, die sind ja richtig sportlich.“ Für Siegerin Sivlia Fischer hat es nur „Wupp” gemacht, und schon war sie oben. Redakteurin Christine Lehmann, die auch im Alltagsleben Flyer fährt, erklärt das Pedelec-Phänomen so: Man merkt wie es läuft, so leicht, und “man will alles”, also gibt man auch alles. Die Herren aus dem Rathaus kommen zu dem Schluss: wenn Formel 1 sportlich ist, dann auch Pedelec fahren!

Das gab es noch nie: gedopte Fahrräder ganz legal und offiziell auf einer Rad WM! Und nach einem so harten Rennen wohl auch nicht so unverschwitzte Fahrer auf dem Siegertreppchen am Stuttgarter Bismarckturm.

Für mehr Fahrradverkehr

Die Veranstalter – Cities for Mobility, der Stuttgart Solar e.V. und der ExtraEnergy e.V. – wollen mit dem Rennen als Höhepunkt eines ganzen Aktionsmonats das Pedelecs als umweltverträgliches, alltagstaugliches Verkehrsmittel stärker bekannt machen. Damit unterstützen sie den Plan von Oberbürgermeister Dr. Wolfgang Schuster, den Radverkehrsanteil in Stuttgart auf 20% zu erhöhen.

Der elektrische Funke hat bei den Teilnehmern des Rennens gezündet. Stuttgart keine Fahrradstadt? Irrtum! In der bergigen Landeshauptstadt sind Elektroräder eine echte Alternative. Vor allem wenn man damit ins Büro fahren kann, ohne dass gleich eine Dusche fällig ist. Eine Alternative zu den Dienstautos im Rathaus? Möglicherweise, „wenn man damit sogar durch die Fußgängerzone fahren kann – aber das muss ich mir erst noch erlauben” sagt der Bürgermeister lachend.

Wirkung und Nebenwirkung von Elektrodoping

Fahrräder mit Elektroantrieb sind eine noch weitgehend unbekannte Methode der Kraftunterstützung. Das Innovative daran: die Unterstützung bekommt man nur beim Treten. Die so genannten Pedelecs sind übrigens auch für Alltagsradler bestens geeignet und gesundheitlich von führenden Sportmedizinern empfohlen. Selbst für einen ungeübten Radler ist mit einem Pedelec der wohl härteste Abschnitt der Rad WM 2007 leicht zu erklimmen. Also kein Scheibefrust am Berg mehr, der einem schnell die Freude am Radfahren nimmt. Und gerade die Freude an der Bewegung ist so wichtig, nur dann rafft man sich regelmäßig dazu auf. Für gute Gesund-heit ist regelmäßige Bewegung entscheidend. Darauf hat schon Prof. Froböse (cyclingandhealth.com) von der Deutschen Sporthochschule in Köln bei einer Konferenz der Weltgesundheitsorganisation 2005 in Bonn hingewiesen. Und siehe da – eine durchaus gewollte Nebenwirkung: die ungesunden Folgen des Stadtverkehrs - wie Parkplatzsorgen, Stauaggressionen und schlechte Luft - bleiben aus. Schweißräder versauen nicht das frische weiße Oberhemd, auch nicht bei sportlichem Tempo.

17. Oktober 2007 von Pressemitteilung

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