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Kaus Wellmann
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Eurobike – „die angesagteste Disko in der Stadt“

„Friedrichshafen ist gefordert, aber nicht überfordert“

Wieder ein neuer Besucherrekord und vorerst kein Ende in Sicht: Auf noch bis zu acht Prozent schätzt Klaus Wellmann, Geschäftsführer der Messe Friedrichshafen, das Wachstumspotenzial in den nächsten Jahren. Auslöser werde vor allem die wachsende Zahl der Marktteilnehmer im Ausland sein, während bei den Besucherzahlen aus Deutschland nicht mehr mit weiterem Zuwachs gerechnet wird, erklärt der Eurobike-Chef im Interview mit velobiz.de. Doch vor allem die Besucher aus dem Ausland stellen die ohnehin schon strapazierte Infrastruktur auf eine schwierige Probe. Mit mehr Parkplätzen, mehr Hotelbetten und neuen Verkehrsanbindungen wird Friedrichshafen diesen Herausforderungen begegnen, verspricht Wellmann. Die Bodensee-Stadt sei mit der Eurobike „gefordert, aber sicher nicht überfordert“.

Kaus WellmannMit acht Prozent mehr Fachbesuchern erzielte die Eurobike ein weiteres Rekordergebnis.

{b}velobiz.de: Herr Wellmann, Glückwunsch an die Messe Friedrichshafen. Die Eurobike hat wieder einmal einen neuen Besucherrekord aufgestellt. Haben Sie und Ihre Kollegen mit diesem deutlichen Zuwachs - fast acht Prozent mehr - im Vorfeld der Messe gerechnet?{/b}

Klaus Wellmann: Danke für den Glückwunsch, den nehmen wir gerne entgegen. Einen Zuwachs in dieser Größenordnung hatten wir ungefähr auch erwartet.

{b}velobiz.de: Basierend auf welchen Faktoren? {/b}

Klaus Wellmann: Basierend zunächst darauf, dass dem Thema Fahrrad gegenwärtig in der Öffentlichkeit ein großes Interesse widerfährt. Dann haben wir schon im Vorfeld einen guten Vorverkauf der Eintrittskarten erlebt. Und schlussendlich haben wir auch festgestellt, dass die Einladung internationaler Einkäufer durch die Aussteller immer professioneller stattfindet.

{b}velobiz.de: Das ist ein Faktor, der wohl aus inländischer Betrachtung oft unterschätzt wird, nämlich, dass die Eurobike nicht nur in Deutschland eine wichtige Messe ist, sondern in ganz Europa. Haben Sie anhand ihrer Zahlen feststellen können, dass die Zahl der Marktteilnehmer in Europa, insbesondere in den osteuropäischen Ländern, zunimmt? {/b}

Klaus Wellmann: Ja, sehr deutlich sogar. Bei der Eurobike kommen inzwischen 70 % der Fachbesucher nicht aus Deutschland, sondern aus 75 ausländischen Nationen, auch über Europa hinaus. Und gerade bei den internationalen Messeteilnehmern haben wir die deutlichsten Zuwächse erzielt.

{b}velobiz.de: Mehr Besucher brachten aber auch mehr Probleme in der Peripherie mit sich. Sind Staus und volle Hotels ein normales Begleitphänomen erfolgreicher Messen oder ist die Infrastruktur in Friedrichshafen mit einer Eurobike doch auch überfordert? {/b}

Klaus Wellmann: Friedrichshafen ist mit der Eurobike gefordert, aber sicher nicht überfordert. Es gibt keine deutsche, und schon gar keine internationale Leitmesse, bei der es nicht Schlangen gibt, egal in welchem Bereich. Mein Kollege Stefan Reisinger (Projektleiter der Eurobike, Anm. d. Red.) drückt das immer so aus: Vor der angesagtesten Disko in der Stadt stehen die Menschen Schlange. Diskos, vor denen niemand Schlange steht, interessieren auch keinen.
Wir arbeiten auf dem Messegelände und in der Infrastruktur außerhalb der Messe permanent an Verbesserungen, die in vielen Bereichen auch schon in diesem Jahr spürbar waren. Dazu kommt, dass wir künftig bei der Eurobike mit keinen weiteren sprunghaften Anstiegen rechnen müssen. Das „normale“ Wachstum kann die Messe, aber auch der Standort managen.

{b}velobiz.de: Sie gehen also davon aus, dass das jetzige Besucherniveau künftig so bleiben wird…{/b}

Klaus Wellmann: Vielleicht werden es in den nächsten Jahren noch mal fünf bis acht Prozent mehr Besucher. Aber Zuwächse von bis zu 20 % wird es sicher nicht mehr geben.

{b}velobiz.de: Aber auch fünf bis acht Prozent wollen verkraftet werden. Zumal die Eurobike im nächsten Jahr in Deutschland durch den Wegfall der IFMA konkurrenzlos ist und somit die gesamte Fahrradbranche abbilden muss. Wie bereitet sich die Messe darauf vor, dass sich die Situation im Umfeld der Eurobike dadurch noch verschärfen wird? {/b}

Klaus Wellmann: Die Situation wird sich nicht mehr weiter verschärfen. Deutsche Händler, die bisher vielleicht zwei Fachmessen besuchen mussten, haben künftig nun nur noch eine Messe im Terminkalender stehen. Deshalb müssen wir aber nicht mit tausend neuen Händlern aus Deutschland im nächsten Jahr rechnen.

{b}velobiz.de: Stellt Sie die Zunahme der ausländischen Besucher eher vor Probleme? Schließlich sind diese noch mehr auf Hotels und den Nahverkehr angewiesen. {/b}

Klaus Wellmann: Es ist sicherlich so, dass die Infrastruktur mit unseren ausländischen Gästen mehr gefordert ist. Wobei wir in diesem Jahr interessanterweise erstmals wieder positive Rückmeldungen zur Hotelsituation bekommen haben. Unsere Vermittlungsaktivitäten insbesondere von privaten Unterkünften haben deutlich zu einer Entspannung der Situation beigetragen. Dazu kommt, dass wir in den nächsten drei Jahren an der Messe selbst und in der weiteren Umgebung rund 1000 zusätzliche Hotelbetten bekommen werden. Ab übernächstem Jahr wird die neue Messezufahrt Nord auch die Verkehrssituation weiter entspannen. Und wahrscheinlich schon im nächsten Jahr werden wir noch mal 1000 weitere Parkplätze an der Messe schaffen können.

Mehr Fläche ab 2009

{b}velobiz.de Im nächsten Jahr wird für die Eurobike mit der Halle B5 und dem Foyer Ost noch mehr Fläche zur Verfügung stehen. Wie wollen Sie diese Flächen künftig nutzen? {/b}

Klaus Wellmann: Bereits in diesem Jahr gab es keine handelsrelevanten Unternehmen, die auf der Eurobike ausstellen wollten und denen wir nicht eine Standfläche hätten anbieten können. Ich mag das Wort Warteliste nicht, aber in diesem Fall kann ich ganz klar sagen: Es gab keine Warteliste. Die für den Handel relevanten Unternehmen waren alle da. Wir werden die zusätzlichen Flächen deshalb vor allem nutzen, um die Erweiterungswünsche bereits vorhandener Aussteller abzubilden.

{b}velobiz.de: Man hört immer mal wieder Stimmen, die einen Umzug der Eurobike an einen größeren Standort fordern. Ist denn dies ein denkbares Szenario? {/b}

Klaus Wellmann: Nein.

{b}velobiz.de: Wieso nicht? {/b}

Klaus Wellmann: Weil die Eurobike nach Friedrichshafen gehört. Es gibt sicherlich im Moment auch keinen anderen Messestandort in Deutschland, der die Eurobike mit so viel Engagement angehen würde und auf dem sich somit die Fahrradbranche so wohl fühlen würde, wie sie das hier tut.

{b}velobiz.de: Vielleicht vergisst der eine oder andere Marktteilnehmer bei dieser Diskussion auch, dass die Messe Friedrichshafen alleiniger Inhaber der Eurobike ist…{/b}

Klaus Wellmann: Die einzige theoretisch denkbare Variante wäre deshalb, dass wir die Eurobike woanders veranstalten. Aber auch das kommt für uns nicht in Frage.

{b}velobiz.de: Noch eine letzte Frage zu den Öffnungszeiten: Der spätere Beginn der Messe hat keine spürbaren Erleichterungen gebracht. Im Gegenteil: Viele Händler standen trotzdem schon um 9 Uhr vor den noch verschlossenen Messeeingängen. Ist das Experiment mit der Ausschlaf-Eurobike gescheitert? {/b}

Klaus Wellmann: Es gab zu den neuen Öffnungszeiten sehr unterschiedliche Stimmen. Die Meinungen pro und contra haben sich ungefähr die Waage gehalten. Der Zweck war eigentlich, eine Entzerrung auf der Straße zu erreichen. Die Polizei zeigte sich jedenfalls in einer ersten Reaktion skeptisch, ob dies gelungen ist. Wir werden die Situation nun analysieren und für die nächste Eurobike daraus Schlüsse ziehen. Eine Rückkehr zum früheren Messeanfang ist dabei durchaus denkbar.

{b}velobiz.de: Vielen Dank für das Gespräch. {/b}

11. September 2008 von Markus Fritsch

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