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Sachverständiger Ernst Brust warnt:

„EN-Normen bieten keinen Schutz vor Haftungsansprüchen“

„EN-Normen sind bei den Herstellern trotzdem beliebt, weil man ihre Anforderungen leicht erfüllen kann. Sie bieten aber keinen Schutz vor Haftungsansprüchen, weil auf ihrer Grundlage die ausreichende Sicherheit der Fahrräder nicht nachgewiesen werden kann“, erklärt Fahrradsachverständiger Ernst Brust in einem Brief an velobiz.de. Des weiteren zeigt Brust im nachfolgend veröffentlichten Schreiben die aktuelle Gesetzeslage auf, zitiert zwei Gerichtsurteile und geht dabei auf die momentan existierenden Normen für Fahrräder ein.

"Der Kunde hat das Recht, die Sicherheit geliefert zu bekommen, die er unter angemessener Berücksichtigung aller Umstände zum Zeitpunkt des Kaufes berechtigter Weise erwarten konnte. Diese Umstände sind u. a. die Anbietung des Produktes durch den Hersteller (Gebrauchsnutzen, Markenname, Preis, Benutzerinformation, etc.), der Stand der Sicherheitstechnik (was ist machbar), der übliche Gebrauch (z. B. eines MTB’s im Gelände) und vieles mehr. So stand es sinngemäß schon im alten Produkthaftungsgesetz.

Das Europäische Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG) fordert, dass verwendungsfertige Gebrauchsgegenstände sicher sein müssen. Es legt aber keine Einzelheiten (Bremswerte, Tragfähigkeiten, usw.) fest, sondern überlässt dies den sachkundigen Experten und – in Schadensfällen – den Juristen.

Auf Normen bezieht sich das GPSG nicht, weil es sich dabei nur um Festlegungen interessierter Kreise handelt und die in Normen gestellten Mindestbedingungen sind. Normen sind z. B. keine Richtschnur für wissenschaftliche Untersuchungen.

In einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes, Aktenzeichen 4C 33-35.83 von 1987 wurde festgestellt:

„Zwar kann DIN-Normen einerseits Sachverstand und Verantwortlichkeit für das allgemeine Wohl nicht abgesprochen werden. Andererseits darf nicht verkannt werden, dass es sich dabei zumindest auch um Vereinbarungen interessierter Kreise handelt, die eine bestimmte Einflussnahme auf das Marktgeschehen bezwecken.“
Weiter heißt es in einem urteil des Bundesgerichtshofes, Aktenzeichen BGH-VI ZR 144/86 1987: „Die Einhaltung von DIN-Normen schränkt den Beuteilungsspielraum bei vergleichenden Warentests durch das Testinstitut nicht dahingehend ein, dass bei Erfüllung der DIN-Normen nicht etwa die Produktbewertung „mangelhaft“ vergeben werden könnte.“

Von 1998 bis 2006 haben Delegierte der Mitgliedsstaaten an vereinheitlichten europäischen Sicherheitsnormen für Fahrräder gearbeitet.
Die nationalen Normen wurden durch EN-Normen ersetzt, deren Niveau teilweise unter dem der DIN 79100 von 1998 liegt.
EN-Normen sind bei den Herstellern trotzdem beliebt, weil man ihre Anforderungen leicht erfüllen kann. Sie bieten aber keinen Schutz vor Haftungsansprüchen, weil auf ihrer Grundlage die ausreichende Sicherheit der Fahrräder nicht nachgewiesen werden kann:

  • fertig montierte Fahrräder werden keinen dynamischen
    Belastungstest unterzogen
  • Bremsverzögerungen kann man durch simple Wegmessungen
    ermitteln
  • Bauteile werden in einstufigen Blockprogrammen getestet
  • das Niveau der Anforderungen ist auf einfachste Produkte im unteren Qualitätsbereich ausgerichtet

In Deutschland haben Expertenkreise damit begonnen geeignete Anforderungen und Prüfungen zu erarbeiten."

20. Februar 2009 von Jürgen Wetzstein

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