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Haupteingang zum Koga-Werk in Heerenveen.
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Portrait eines Perfektionisten

Koga Miyata: Qualität und Eigenständigkeit sichern Erfolg

"Koga", wie fast jeder hierzulande die Marke kurz nennt, steht für Seriosität, gedeckte Farben, noble Zurückhaltung – aber auch für das gewisse Etwas im Design. Und vor allem für absolute Zuverlässigkeit. Warum das so ist und es auch in Zukunft so bleiben soll, das erfuhr velobiz.de bei einem Besuch am Firmensitz im niederländischen Heerenveen. Doch es werden bei Koga auch neue Wege beschritten: Ändern wird sich beispielsweise

Haupteingang zum Koga-Werk in Heerenveen.Qualitätssicherung wird groß geschriebenSalzschrankTour-Teilnehmerrad 1981Einzelplatzmontage bei Koga

die Sache mit der Zurückhaltung – zumindest in Maßen. „Koga Miyata ist eine moderne Marke, technisch sehr innovativ und funktionell, und das werden wir in Zukunft auch noch stärker kommunizieren“, erklärt Anke Namendorf vom Marketing der Firma. Da gibt es eine Menge Neues zu verkünden, das sieht jeder, der in den letzten Jahren immer wieder mal einen Blick auf das Unternehmen geworfen hat. Dass die Marke zugelegt hat, zeigt sich schon am Firmensitz in Heerenveen: Ein weiterer Gebäudetrakt an der Westseite konnte hinzugenommen werden. Er beherbergt die neue Qualitätssicherung; der Produktion wurde außerdem vor zwei Jahren eine riesige Lagerhalle angegliedert.

1974: noch feinere „Fiets“

Keine dreihundert Meter von Koga Miyata entfernt liegt das Batavus-Werk, und hier nahm die Geschichte 1974 ihren Lauf: Verkaufsmanager Andries Gaastra – selbst ein Mitglied des niederländischen Fahrrad-Adels und Enkel des Gründers von Batavus – wollte zunächst vor allem Rennräder bauen. Er suchte und fand im japanischen Unternehmen Miyata einen Partner mit sehr hohen Qualitätsansprüchen und machte sich auf, um in Sichtweite der alten „Fahrrad-Familie“ seinen Traum zu verwirklichen. Als ersten Teil des Firmennamens wählte er die Kombination aus seinen und den Anfangsbuchstaben seiner Partnerin. Aus „Gaastra“ und „Kowallik“ wurde „Koga“. Zunächst waren es feine Renner, mit denen Gaastra schnell Erfolg hatte und ein Team ausstatten konnte, das seinerseits prompt siegreich war und die Marke bekannt machte. Aus dieser Zeit stammt auch das für die heutige Wahrnehmung der Marke etwas zu sportliche Koga-Logo. Doch das soll sich bald änder: Zur Eurobike 2010 will man mit einem Relaunch antreten.

1984 startete das Unternehmen mit Reiserädern, einer Sparte, in der Koga zu besonderem Ruhm gelangen sollte. Die Randonneure und das 26-Zoll-Rad World Traveller – unter anderem mit Tilmann Waldthaler als Berufsreisenden – machten Koga Miyata berühmt. Aber auch im sportlichen Bereich, der im Verkauf heute weit hinter dem Trekking- und Komfort-Sektor zurückliegt, ist Koga derzeit wieder sehr aktiv. Etwa mit dem Kimera und dem zivilen Nachfahren Kimera Road: ein ursprünglich für die Olympia-Wettkämpfe entwickeltes, erfolgreiches Bahnrad.

Lifestyle mit viel Funktion

Weicher Teppich, gedämpfte Farben: Wer den 450 Quadratmeter großen Showroom in Heerenveen betritt, weiß sofort, worum es geht: Lifestyle bestimmt bei Koga Miyata den Auftritt. „Wir kümmern uns um das gesamte System Fahrrad“, sagt Martin Schuttert, Entwickler bei Koga. „Das geht bis ins Detail: In Zukunft wird es noch mehr Integration am Fahrrad geben“, verspricht er, und verweist auf die Punkte an Koga-Fahrrädern, die heute schon eine Synthese von Design und Funktion darstellen. Die optische und technische Einheit von Gepäckträgerhalterung und Hinterbau etwa, oder das am Träger befestigte und damit strebenfreie Schutzblech. „Wir haben das Glück, dass wir starke, innovative Partner haben, die unsere Ideen mit uns umsetzen“, so Schüttert, und verweist auf den neuen, im Schutzblech integrierten Frontstrahler, der mit Busch & Müller zusammen realisiert wurde. Dass das auch farblich perfekt passt, dafür sorgen bei Koga sogar eigene Designer.
Für die nächste Saison wird es Räder aus einer neuen Legierung geben: Aluminium 6069 heißt der Stoff, aus dem die Koga-Träume sind. Ein Metall, das noch zugfester ist als Alu 7005. Es kann also mit geringerer Wandstärke verbaut werden – das macht das Rad leichter. „Leichtgewicht wird auch bei uns immer wichtiger, auch wenn das speziell für den niederländischen Markt nicht der zentrale Fokus ist.“ Dass in dieser Richtung schon viel getan wurde, zeigt neben den TerraLiner Light-Modellen, deren Carbon-Version unter elf Kilo wiegt, auch das E-Light: Es liegt mit voll ausgestatteten 23 Kilo unter den leichtesten E-Bikes auf dem Markt – und wurde damit von einer holländischen Fachjury im Januar 2010 zum Fahrrad des Jahres gekürt.

„Wir wachsen ständig“

Solche Faktoren tragen dazu bei, dass die Geschäfte gut gehen: In Holland ist man Marktführer in der 1000-Euro-Klasse, und der deutsche Markt ist für Koga in den letzten Jahren immer wichtiger und größer geworden. 35 Prozent aller Rädern baut Koga fürs Ausland – mittlerweile gehen sie unter anderem nach Australien und sogar Südkorea – und allein die Hälfte des Exports geht nach Deutschland: 300 deutsche Händler setzen für Koga vor allem auf Beratungskompetenz und die stilgerechte Präsentation. Darunter heben sich noch einmal die sogenannten Quality Stores (seit 2005) ab; eigentlich ein Shop-in-Shop-Konzept, das die Marke mit edlen Koga-spezifischen Gestaltungselemente noch besser transportiert. Gebietsschutz ist selbstverständlich, und auch After Sales haben Händler und Kunden gut lachen – Namendorf verweist auf das Bestellsystem von Koga: Kommt ein Kunde mit gebrochenem Schutzblech, kann online per Eingabe der Rahmennummer sofort das richtige Ersatzteil herausgefunden und bestellt werden – „einer der vielen Vorteile, die man als Mitglied der Accell-Gruppe genießt“, erklärt sie. „Und der Händler weiß, was er an uns hat.“ Besonders der Signatur-Händler. Diese Custom-Made-Modelle kann der Kunde zuhause oder beim Händler direkt online zusammenstellen. Der Clou: Er sieht jede einzelne Veränderung sofort am Bildschirm. Der Händler vermittelt also ein individuelles Produkt. Er kann weitgehend auf Vorratshaltung verzichten, braucht sich entsprechend um Vororder nicht zu kümmern und freut sich mit dem Kunden über relativ kurze Lieferzeiten. Schon heute hat jedes dritte Signature-Fahrrad eine Rohloff-Nabe; bei satten 2200 EUR liegt der preisliche Durchschnitt hier. Kein Wunder, dass die Modelle, auf denen zu guter Letzt auf Wunsch die Namen des Käufers eingetragen werden, nun auch im Rennrad-Bereich erhältlich sind.

Getestet wird im Haus

Dass das Material hält, dafür sorgt Quality Manager Catharinus Helfrich mit der Koga-Qualitätssicherung im Nebengebäude: Hier wird belastet, geschlagen und maschinell pedaliert was das Zeug hält. Ein gut 100 Quadratmeter großer Raum steht voll mit Maschinen, die Fahrradteile auf alle möglichen Belastungen hin testen. „Wir testen über die Standard-Norm hinaus“, erklärt Helfrich, „egal, ob es um die Rahmensteifigkeit oder das System Gepäckträger/Hinterbau geht“.

In den Nebenräumen werden gerade Rahmen- und Laufrad-Protoypen in Salzwasser-Dampf eingedeckt, um die Korrosionsfestigkeit zu ermitteln. Bei Komponenten neuer Zulieferer wird per Drucktests auch geprüft, ob das Material den Vorgaben entspricht, es sich also zum Beispiel wirklich um 6069 Aluminium handelt. Ein ganzes angegliedertes Gebäude ist so für die Sicherheit und Robustheit von Koga Miyata-Rädern zuständig. Und dafür, dass möglichst wenige Garantieschäden auftreten – Koga gewährt dem Erstbesitzer lebenslange Garantie auf den Rahmen.
Wer die Produktion besucht, sieht, wieso Koga großzügig sein kann. Die fast alle in Taiwan gefertigten und nasslackierten Rahmen werden beim Eingang in die Produktionslinie mit einer Laufkarte versehen und von da an wird alles festgehalten. Nicht aktiv sicherheitsrelevante Teile wie Ständer oder Schloss werden an einer Montagestraße vormontiert. Damit hört die Arbeit am Band aber schon wieder auf: Jedes Rad wird von einem einzelnen Monteur komplett aufgebaut, der die Einzelteile vom Pick-Omat, einem vollautomatischen Hochregal-Lager abholt. Lediglich die Laufräder werden – unter den Fittichen von Koga-Vorarbeitern – in einer holländischen Behinderten-Werkstatt erstellt.
Der Monteur verewigt sich auch noch im Bike-Pass mit Bild und Namen: So kann der Kunde sehen, welcher der 40 Koga-Miyata-Monteure sein Rad persönlich zusammengebaut hat. Das dürfte den Stolz auf das eigene Koga beim Kunden noch steigern.

12. Mai 2010 von Georg Bleicher

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