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Am Anfang war die Rikscha
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Portrait - Pedalhelden

Am Anfang war die Rikscha

Es begann mit einer Rikscha im Jahr 1997. Heute sind die Pedalhelden wohl der größte Fahrrad-Event-Anbieter in München. Doch das ist noch nicht alles.

Wie bei vielen Geschichten über Unternehmen steht auch bei den Pedalhelden am Anfang jemand, der sein Hobby zum Beruf macht. Im Falle der Pedalhelden ist dieser Jemand der studierte Pharmazeut Dominic Staat. Vor inzwischen fast 20 Jahren gründete Staat das Münchner Unternehmen. »Die Grundidee war im Sommer 1997, einen Rikschataxi-Service in München zu etablieren«, erinnert sich Staat. Als Einzelkämpfer gestartet, fand er schon bald zahlreiche Mitstreiter. »Wir sind schnell gewachsen und haben die Möglichkeit erkannt, uns breiter aufzustellen.« 80 Rikschas gehören heute zum Fuhrpark der Pedalhelden.

Rikschas als Werbefläche

Natürlich seien selten alle Rikschas gleichzeitig im Einsatz. »Während des Oktoberfests kann das aber schon vorkommen«, berichtet Staat. In normalen Zeiten seien viele Fahrzeuge im Lager oder in der Wartung. Mit den Einnahmen der Touren und Rikscha-Mieten der Fahrer allein ist allerdings noch kein Geld verdient, wie Staat erklärt. Instandhaltungs-, Werkstatt-, Personal- und sonstige Kosten seien nicht unerheblich. Die Räder sind deshalb mit Werbeflächen ausgestattet, die laut Staat auch sehr gut angenommen werden. »Für Werbepartner ist das deshalb interessant, weil sich München als Radlhauptstadt positionieren will. Auf diesen Zug springen viele Unternehmen auf.« Auf Rikschas und Leihrädern zu werben, könnten zudem selbst Fluggesellschaften als »Greenwashing« zur Verschönerung ihrer Umweltbilanz nutzen.
Ebenso wie die Rikschas muss natürlich auch die noch größere Flotte an rund 200 Leihrädern der Pedalhelden regelmäßig gewartet werden. Dafür sind auch räumliche Kapazitäten nötig. »Ab 1997 waren wir zunächst an verschiedenen Standorten, bis wir dann Am Einlaß in der Münchner Innenstadt einen festen Standort gefunden hatten.« Später folgte der Umzug in die nahegelegene Müllerstraße, wo die Pedalhelden bis zum Oktober dieses Jahres ihre Heimat hatten. »Diesen Standort mussten wir verlassen, weil dort ein Flüchtlingsberatungscafé entsteht«, erzählt Staat, der gerne in der Müllerstraße geblieben wäre. Da das nicht möglich war, ist die Pedalhelden-Zentrale mit Ladengeschäft, Service und Fahrradverleih seit 11. Oktober in der Marsstraße 11 in der Nähe des Münchner Hauptbahnhofs angesiedelt. Weitere Standorte sind eine Tiefgarage und eine Werkstatt, die ausschließlich für die Rikschas gedacht sind.

Die Waschanlage für Fahrräder

Das Angebot der Pedalhelden wurde seit der Gründung kontinuierlich erweitert: Geführte Sightseeing-Radtouren sowie der Verleih von herkömmlichen Fahrrädern, aber auch von Spezialrädern wie Tandems kamen hinzu. Diese wachsende Flotte sorgte automatisch dafür, dass auch der Servicebereich für die Pedalhelden an Bedeutung gewann. »Die Möglichkeit, unseren Service auch einer breiteren Kundschaft anzubieten, konnten wir mit unserem Ladengeschäft in der Müllerstraße bereits ziemlich gut nutzen«, erklärt Staat. »Diese Story wollen wir nun an unserem neuen Standort fortsetzen.« Um Kunden zu gewinnen, kann Staat auf ein besonderes Highlight setzen. »Die Bikewashanlage haben nur wir in München.« Der Mechaniker, der die Anlage bedient, könne dann gleich mögliche Mängel am Rad erkennen und dem Kunden Tipps geben.
Ein wichtiges Geschäftsfeld für die Pedalhelden sind auch die Sightseeing- und Thementouren, die zu verschiedenen Anlässen wie Geburtstagsfeiern oder Junggesellenabschieden gebucht werden. »Bekannt sind unsere ConferenceBikes und Bier-Bikes«, fügt Staat hinzu und weist darauf hin, dass diese Event-Fahrzeuge grundsätzlich nur mit Guide angeboten werden. Ein großes Bier-Bike mit 16 Plätzen ist in Erding angesiedelt, gesponsert von der dort ansässigen Weißbierbrauerei. Als Pendant zum Bier-Bike empfiehlt Staat für den Winter das Glühwein-Bike. Deutschlandweit im Einsatz ist das zehnsitzige »Tendem«. Es war kürzlich sogar in der ARD-Sendung »Spiel für Dein Land« zu sehen, als Moderator Jörg Pilawa gemeinsam mit seinen prominenten Quizgästen auf dem auffälligen Fahrrad in die Halle radelte.
Trotz des breitgefächerten Angebots sind die Rikschafahrten weiterhin das wichtigste Standbein des kleinen Unternehmens. Auf diesem Gebiet sind die Pedalhelden in München unangefochten. Natürlich tummeln sich zahlreiche andere Anbieter in der Innenstadt. Häufig handelt es sich dabei jedoch um Einzelkämpfer, wie es Staat früher auch einer war. »Wenn es um Rikscha-Touren für größere Gruppen geht, kommt man an uns nicht vorbei«, ist sich der Pedalhelden-Gründer sicher. Bei den anderen Geschäftsbereichen ist es bis dahin noch teilweise ein weiter Weg: »Wir haben auch einige Felder, mit denen wir noch kein Geld verdienen«, räumt Staat ein. »Da müssen wir erstmal investieren, bevor es profitabel wird.« Sehr wichtig sei dagegen der Radverleih. »Wir arbeiten in einem Kooperationsmodell mit vielen Hotels zusammen, bei denen unsere Räder geliehen werden.«

Neue Chancen am neuen Standort

Staat bedauert zwar, dass die Pedalhelden den hipperen Standort an der Müllerstraße haben aufgeben müssen, hofft aber, dass viele Altkunden treu bleiben. Zudem verspricht er sich, neue Laufkundschaft zu gewinnen, zumal ein gut frequentierter Radweg direkt vor dem neuen Laden entlangführt. Ebenso könnte die benachbarte Parkgarage Interessenten an Leihrädern anlocken, die vom Auto aufs Bike umsteigen, um besser durch die Innenstadt zu kommen.
Für die Zukunft haben die Pedalhelden noch viel vor. Eine geographische Expansion in andere Städte oder weitere Standorte in München gehörten allerdings erstmal nicht dazu. Zunächst plant Staat, das Potenzial der bestehenden Geschäftsfelder besser auszuschöpfen. Als ein Beispiel nennt er ein Servicepaket für den Fahrrad-Fuhrpark von Unternehmen, der bei Pedalhelden gereinigt und gewartet werden könnte. Um diese Vorhaben zu realisieren, will Staat die Vertriebsbemühungen intensivieren. Eine weitere Geschäftsidee, die er aktuell testet, betrifft ebenfalls den Servicebereich: das Reparatur-Radl. Es stellt die Weiterentwicklung der bereits etablierten Reparatursäule dar. Langfristig sollen mehrere Reparatur-Radl mit Pumpen und Werkzeug in München stationiert werden, die man dann mithilfe einer App finden kann. Sechs sollen es bereits im kommenden Jahr werden. Der Bedarf sei durchaus da. »Wir haben sowohl die Bikewashanlage als auch das Reparatur-Radl bei der Münchner Radlnacht eingesetzt«, erzählt Staat.

Junge Marken im Blickpunkt

Der Fahrradverkauf steht auch im Ladengeschäft von Pedalhelden nicht im Vordergrund. Ein Angebot, sich Räder individuell zusammenstellen zu lassen, ist gemeinsam mit Winora derzeit in Planung. Es handelt sich bei den Pedalhelden also keineswegs um einen »normalen Fahrradbetrieb« wie Staat betont. Vielmehr liegt der Schwerpunkt außer auf dem Service auf teilweise ausgefallenem Zubehör wie etwa Schläuchen mit dem Label »Rubber di Nero«. »Wir sind immer bestrebt, junge interessante Marken zu finden und dabei zu helfen, sie zu etablieren«, so Staat. Mit Vollsortimentern wie Radlbauer, dessen nächste Filiale nur wenige Hundert Meter vom neuen Pedalhelden-Standort entfernt ist, will er sich nicht vergleichen.
Selbst in einer zumindest teilweise fahrradaffinen Millionenstadt wie München mit einer diversifizierten Handelslandschaft besitzen die Pedalhelden ein Alleinstellungsmerkmal. Der Grund dafür ist nicht allein die Bikewashanlage, sondern auch das breitgefächerte Angebot, das sich nicht in eine Schublade stecken lässt. Die Pedalhelden sind Verleihservice, Event-Anbieter und Fachhandel in einem. Eine Blaupause für andere kleine Händler sind sie wegen der ungewöhnlichen Historie sicher nicht, jedoch ein erfolgreiches Beispiel, wie man sich als kleines Unternehmen erfolgreich in einem umkämpften Markt positionieren kann.
Im kommenden Jahr werden Pedalhelden ihr 20-jähriges Jubiläum feiern. Es ist ein glücklicher, aber dennoch willkommener Zufall, dass es mit dem 200. Geburtstags des Fahrrads zusammenfällt.

11. Dezember 2016 von Oliver Bönig
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