Test-Premiere am Gardasee:
Antriebssystem von Sachs Micro Mobility rollt in den Markt
Wer als Journalist mit den Machern von Sachs Micro Mobility spricht, merkt schnell, dass viel Automotive-Kultur in dem Unternehmen steckt, das vor rund einem Jahr gemeinsam vom Sachs-Markeninhaber ZF mit Magura, Brake Force One und BMZ gegründet wurde. Mit „viel Projektgeschäft“ beschreibt Vertriebs-Chef Schmidt den aktuellen Schwerpunkt der eigenen Tätigkeit, über das man aber im Detail nicht sprechen dürfe. Nur so viel: Primär habe man dabei das Fahrrad im Blick, aber auch E-Scooter sowie drei- und vierrädrige Fahrzeuge.
Vor diesem Hintergrund mag das kürzlich am Rande des Bike-Festivals am Gardasee zum Testen vorgestellte Antriebssystem Sachs RS auch als Anschauungsobjekt dienen, um die eigene Innovationskraft trotz weitgehender Geheimhaltung darstellen zu können. Dass die Sachs-Macher ausgerechnet dort ihr System vorstellen, war wohl nicht allein dem Festival geschuldet: Im Nachbarort Arco betreibt eine italienische Tochter von ZF einen Produktionsstandort. Am liebsten würden die Sachs-Micro-Mobility-Macher wohl verraten, dass in dem pittoresken Städtchen auch die E-Bike-Motoren von Sachs gefertigt werden. Dürfen sie aber nicht, wegen Automotive und so.
Der Motor ist auch das Vorzeigestück des Antriebssystems: Zahnräder aus Kunststoff sucht man im Innenleben vergeblich, alle beweglichen Teile und das Gehäuse sind aus Metall. Dadurch soll die Motoreinheit nicht nur nahezu frei von Verschleiß sein, sondern auch entstehende Wärme besonders gut ableiten. Das braucht es auch: Der als 48-Volt-System ausgelegte Sachs-Antrieb bringt laut seinem Hersteller in der Spitze bis zu 110 Nm Drehmoment und 700 Watt Leistung auf die Kette. Da als Dauerleistung vom Gesetzgeber höchstens 250 Watt zugelassen sind und sich das Sachs-System laut dessen Entwicklern keine wärmebedingten Leistungsabfälle leiste, muss die Kraft des Motor per Software eingefangen werden. Die 700 Watt werden deshalb nur für kurze Phasen bereitgestellt, bevor die Motorsteuerung die Leistung drosselt. Kleiner Wermutstropfen der massiven Bauweise: Der Sachs-Motor ist mit 3,5 kg ein Stück schwerer als die Systeme der meisten Mitbewerber.
Gepaart wird der Sachs-Motor mit einem E-Bike-Akku mit 651 Wh und dem neu vorgestellten EOX-Cockpit von Sigma Sport (velobiz.de berichtete) . Als Erstkunde für eine Verwendung an einem E-MTB steht die ZEG-Marke Bulls in den Startlöchern. Auf der Eurobike will Sachs Micro Mobility zudem noch eine spezielle Antriebsvariante für Cargo-Bikes vorstellen.
Und wie fährt sich das Sachs-RS-System? Antwort: So kraftstrotzend wie es die Werte auf dem Papier versprechen. Was aber nicht jedermanns Sache sein dürfte. Mit dem hohen Drehmoment lädt der Sachs-Antrieb zum schaltfaulen Radeln ein: Eigentlich zu dicke Gänge lassen sich mit dem System auch bergauf locker treten. Akustisch macht sich die Metallbauweise des Motorgetriebes deutlich bemerkbar, gleichwohl liegt der Geräuschpegel noch im erträglichen Bereich. Andere Systeme sind aber spürbar leiser. Noch etwas Abstimmungsarbeit bedarf auch die Motorsteuerung mit vier Unterstützungsstufen, zumal ein variabler Trail-Modus bisher nicht vorgesehen ist: Manchmal wirkt der Antrieb noch übermotiviert, ruckelt hin und wieder unter Volllast, während er sich dann im nächsten Moment wieder deutlich zurücknimmt. Alles in allem ist der Sachs-Antrieb aber – auch nur als Spitze des Eisbergs – eine interessante Bereicherung für das E-Bike-Segment, der vor allem unter jenen Bikern seine Fans finden dürfte, die die bisherigen Systeme als zu lahm empfinden.
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