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Portrait - Derby Cycle

Aufbruchstimmung in Cloppenburg

Bei Derby Cycle, einem der E-Bike-Pioniere und nach eigenen Angaben mit Kalkhoff in diesem Segment Marktführer in Deutschland, stehen alle Zeichen auf Aufbruch. Nicht nur, aber auch bei Elektrorädern, die inzwischen den größten Umsatzanteil im Unternehmen ausmachen.

E-Bikes finden nicht nur immer weitere Verbreitung, sie haben sich auch bei vielen Herstellern innerhalb weniger Jahre beim Umsatz und in der Produktentwicklung zu einem Schwerpunkt entwickelt. So auch bei Fahrradhersteller Derby Cycle in Cloppenburg, der in der Außenwahrnehmung im E-Bike-Segment mit den Marken Kalkhoff und Raleigh und einer eigenen Motorenentwicklung inzwischen zu den Markt- und Innovationsführern gehört. Aber auch in den anderen Bereichen tut sich einiges. Zum Beispiel bei der sportiven Marke Focus, über die das Unternehmen die Internationalisierung weiter vorantreibt und bei der im Mountainbike-Segment ebenfalls eine zunehmende Elektrifizierung zu beobachten ist.
»Wachstumstreiber des Unternehmens«, so der neue Geschäftsführer von Derby Cycle, Thomas Raith, der das Amt Anfang Oktober von Mathias Seidler übernommen hat, »sind vor allem die steigende Nachfrage nach qualitativ hochwertigen Elektrorädern und sportiven Fahrrädern sowie die fortschreitende Internationalisierung in Europa und Asien.«
Dabei steht das Unternehmen, das sich mit seinen Marken Kalkhoff, Focus, Raleigh, Univega, Rixe und mit Cervélo klar auf unterschiedliche Segmente und hier immer auf den Fachhandel konzentriert, heute besser da, als je zuvor. Offensichtlich haben die frühzeitige Ausrichtung auf das Wachstumssegment E-Bike, der 2011 erfolgte Börsengang und die anschließende Übernahme durch die auf PKWs und Nutzfahrzeuge spezialisierte niederländische Pon-Gruppe dem Unternehmen gutgetan. Laut Unternehmensangaben werden durch die abgeschlossene Integration von Derby Cycle in die neu geschaffene Pon Bicycle Group Synergien für Derby Cycle erzielt, wie zum Beispiel die Übernahme der europäischen Produktion und des Vertriebs der kanadischen High-End Marke Cervélo, die seit Anfang 2012 zur Gruppe gehört. Synergieeffekte ergeben sich auch an anderer Stelle. So nutzt inzwischen auch das seit 2011 zu Pon gehörige Unternehmen Gazelle Vorteile beim Einkauf und profitiert vom Know-how der deutschen Schwester. So kommen bei den bekannten Hollandrädern zum Beispiel auch die hauseigenen Impulse-Motoren zum Einsatz.
Neue Akzente im Bereich E-Bike will Geschäftsführer Thomas Raith vor allem bei den Produkten setzen. »Wir sehen bei den sportiven Fahrern eine Trendwende und eine große Offenheit für E-Mountainbikes«, erläutert der 44-jährige Schwabe. Mit anfänglichen Vorbehalten bei den Produktentwicklern geht der aktive Mountainbiker und Rennradfahrer dabei ganz offen um. »Wir müssen mehr Menschen auf ein E-Bike bringen«, erläutert er und bezieht das junge Entwicklungsteam mit ein, »denn der Effekt ist immer der Gleiche: begeisterte Menschen, die entweder längere Strecken oder bei unterschiedlichen Leistungsniveaus gern zusammen in der Gruppe fahren.« Von der Begeisterung für das E-Bike angesteckt sind die Mitarbeiter im Bereich Entwicklung und Konstruktion, deren Altersdurchschnitt bei ca. 30 bis 32 Jahren liegt, auch in der Sport- und Mountainbike-Abteilung, die verschiedenste Räder gleich vor der Haustür auf einer neuen hauseigenen MTB-Teststrecke ausprobieren können. Laut Raith sind viele der Mitarbeiter auch in ihrer Freizeit gern mit elektrischer Unterstützung auf der Straße und im Gelände unterwegs. Diese Begeisterung soll sich jetzt auch auf den Kunden übertragen. »Wir haben ein tolles E-MTB-Segment mit unserem Modell Focus Thron als Flaggschiff aufgebaut und werden diesen Bereich aktiv pushen«, verspricht Raith, der als trainierter Sportler in seiner Freizeit zwar noch auf Muskelkraft setzt, seine Lebensgefährtin und die weitere Verwandtschaft aber ohne große Überzeugungskraft schon auf das E-Bike gebracht hat.
Seiner Auffassung nach wird sich der Trend bei E-Bikes weiter in bislang nicht angedachte Kategorien ausweiten. Ein Trend, den Derby Cycle wie in der Vergangenheit bei der Entwicklung des ersten E-Bike-Motors genau verfolgt. Als großen Trumpf sieht das Unternehmen dabei den engen Kontakt zum internationalen Fachhandel, der ein ständiges Feedback garantiert.
Als Treiber der E-Bike-Strategie sieht Derby Cycle zudem die Verbindung von Rad und Antriebssystem. Dabei geht es nicht darum, Komponenten aus dem Baukasten der Zulieferer neu zu kombinieren, sondern laut Raith »alltagstaugliche Gesamtkonzepte für neue Märkte und Kundengruppen zu schaffen«. Wichtig ist dabei auch die Zusammenarbeit mit strategischen Partnern, wie zum Beispiel das 2011 geschlossene Joint-Venture mit der Daum Forschung & Entwicklung GmbH, die maßgeblich an der Entwicklung des hauseigenen Impulse-Antriebs mitwirkt. Das Impulse-Antriebssystem, das 2011 als weltweit erster Mittelmotor mit integriertem Rücktritt vorgestellt wurde, gibt es heute unter dem Namen Impulse 2.0 als weiterentwickeltes System unter anderem auch für S-Pedelecs oder mit Pulssteuerung. Aber auch der bisherige Motor findet weiterhin Verwendung: In der kommenden Saison wird er in Rädern der Einstiegsklasse verbaut.
Seit der Entscheidung auf E-Bikes zu setzen, die 2006 nach Marktbeobachtungen aus den Niederlanden und der Schweiz und Rücksprachen mit Händlern getroffen wurde und ersten Elektrorädern, die im Jahr 2007, »damals« noch mit Panasonic-Antrieb, vorgestellt wurden, hat sich viel getan. Insgesamt sieht Thomas Raith Derby Cycle auf einem sehr guten Weg, auch als wichtiger Strategiebaustein für die Pon-Gruppe. Bei der internationalen Marktdurchdringung mit E-Bikes hilfreich sein könnte dabei die Expansion der Sportmarke Focus. Hier gibt es laut Raith für die Zukunft große Wachstumspotenziale.
Als Problem, das noch gelöst werden muss, sieht er für den deutschen E-Bike-Markt das Thema Pedelec-Tests durch die Stiftung Warentest und den ADAC: »Es wurde die gesamte Branche zu Unrecht abgestraft. Händler wurden in diesem Jahr mit dem Wetter und dem Test doppelt getroffen. Ungerechtfertigte Tests müssen zurückgenommen und neue gemeinsame Tests initiiert werden. Daran arbeiten wir.«

21. Oktober 2013 von Markus Fritsch
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