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Kolumne - Marius Graber

Die süße Verführung der Monopole

Der Kundenanruf klang harmlos: Er brauche einen Korb für sein neues E-Bike. Ich sagte, kein Problem, kommen Sie einfach vorbei. Doch der Kunde war klüger und fragte nach, ob wir denn wirklich den passenden Systemkorb für sein schönes Elektrorad hätten, nicht, dass er vergebens kommen würde.
Es ergab sich...

...ein längeres Hin und Her, ich war motiviert, dem Kunden besten Service zu bieten, auch wenn er das Velo nicht bei uns gekauft hatte und es gerade nur um 40 Franken Umsatz ging. Der Kunde suchte Marke und Modell seines E-Bikes heraus und ich pflüge mich danach durch Spezifikationslisten, wo dann genau zum Gepäckträger nichts steht. Einst war das einfach: Erst hatten alle Velos den Pletscher-Gepäckträger, dann kam Racktime, und eine solche Tele-fonanfrage wäre subito beantwortet gewesen. Doch nun stellt sich die Frage, ob Pletscher, Racktime – System eins oder zwei? – Mik, Monkey oder gar Rilink? Heilige Maria der Velokörbli! Ich komme ins Schwitzen und suche nun schon so lange, dass mir fast lieber wäre, der Kunde hätte gar nicht angerufen.
Und doch, beim Zurückdenken an die Hochzeit von Racktime habe ich gemischte Gefühle: Zwar war das Korb-Beschaffen wie auch -Verkaufen eine einfache Sache. Doch all unsere Velo-Lieferanten hingen am Tropf vom selben Gepäckträgerlieferanten. Das muss für Racktime toll gewesen sein, bis dann deren Fabrik in Fernost eine Panne hatte und so plötzlich die Fertigstellung der Bikes all unserer Hersteller infrage gestellt war. Es kam dann nicht so schlimm, wie es hätte kommen können. Doch das Racktime-Zeitalter ist ja nur ein Beispiel dafür, wie zuverlässig wir es in der Velobranche immer wieder schaffen, uns in die Abhängigkeit einzelner Firmen zu begeben. Wenn morgen Enviolo nichts mehr produzieren könnte. Oder erst Gates. Gott erbarme. Oder erinnern wir uns an die Zeit, als Thule Chariot praktisch der einzige Kinderanhänger war, mit dem sich handeln ließ. Thule-Cub-Anhänger in die Ausstellung, und schwupps, ist er weg. Keine langen Erklärungen. Das ist schon effizient. Und einfach. Zumindest eine Zeit lang. Dass wir so Versorgungssicherheit, dann Handlungsspielraum und Marge verlieren, merken wir immer wieder erst später. Dass etwas Diversität am Schluss für alle vorteilhafter ist, ist klar. Dass wir dafür etwas tun müssen, ebenso. Und doch verfallen wir immer wieder der süßen Verführung der Quasi-Monopolisten. Insofern sollte ich frohlocken ob all der diversen Korbsysteme. Doch müssen es dann grad so viele verschiedene sein?

Marius Graber von Velociped in Kriens/Luzern ist seit über 35 Jahren Fahrradhändler in Luzern und schreibt seit 25 Jahren für Fachmagazine über Fahrradtechnik, Reisen und die Branche.

17. Juni 2024 von Marius Graber

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