Soziale Netzwerke als neue Verkaufsmeile
fahrrad.de: Kannibalisiert Facebook den Online-Shop?
{b}velobiz.de: Herr Rochau, wie kamen Sie auf die Idee, in Facebook einen Laden zu eröffnen? Fahrrad.de läuft doch ganz gut, oder? {/b}
Steffen Rochau: Fahrrad.de läuft in der Tat gut. Aber wir haben schon auf unserer normalen Facebook-Seite gemerkt, dass unsere Kunden auf Facebook unterwegs sind und wir wollten einfach dort sein, wo die Kunden sind. Ein zusätzlicher Kanal eben. Nicht mehr aber auch nicht weniger.
{b}velobiz.de: Das mit dem „zusätzlich“ muss sich erst noch beweisen. Droht nicht die Kannibalisierung, vor allem, weil sie auf Facebook Rabatt gewähren? {/b}
Rochau: Bis zu einem gewissen Grad droht die auf jeden Fall, aber genau das ist es, was wir lernen wollen. Es könnte ja sein, dass der größere, aufwändigere Shop Fahrrad.de mehr genutzt wird, wenn eine große Kaufentscheidung ansteht. Der Facebook-Store wird vielleicht eher für den gelegentlichen Einkauf von Zubehör und Ersatzteilen genutzt.
Bis heute verkaufen wir ungefähr ein Produkt pro Tag. Das ist nicht besonders viel, aber wir haben ja ein Saisongeschäft und das läuft im Herbst eben nicht. Die Hälfte der Kunden sind Neukunden. Das fängt einiges an Kannibalisierungseffekten auf.
{b}velobiz.de: Ziemlich teures Experiment…{/b}
Rochau: Weshalb? Wir haben keinen Cent dafür ausgegeben, nur Man-Power. Und dabei haben wir jede Menge gelernt, darüber, wie man Sachen auf Facebook machen kann und wie nicht. Außerdem sind wir die ersten, das ist sicher auch gut fürs Image.
{b}velobiz.de: Welche Erkenntnisse haben Sie bislang gewonnen? {/b}
Rochau: Eines scheint sich ziemlich deutlich zu zeigen: Der Shop ist für uns ein tolles Vehikel für Aktionen, die wir auf Facebook machen. Das gilt für Gewinnspiele ebenso wie für Produkttests oder ähnliches. Es ist alles eine Frage der Inszenierung. Mit ziemlicher Sicherheit wird es bald Produkte geben, die nur auf Facebook verfügbar sind.
{b}velobiz.de: Ein Chef-Fahrrad, wie bei der Deutschen Bahn? {/b}
Rochau: Sie wollen jetzt hören, dass ich über die Aktion lästere? Ich habe mir sofort ein Ticket gekauft, weil das rumging wie ein Lauffeuer. Allerdings war ich ziemlich überrascht, dass die Bahn gar nichts Soziales um den Ticketkauf herum gebaut hat. Nicht mal einen Share-Button gibt es. Ich habe ständig darauf gewartet, dass noch etwas kommt, aber es kam nichts. Da hat man einiges an Potential verschenkt. Reisen ist doch ein tolles Thema für soziale Netzwerke.
{b}velobiz.de: Zurück zu Fahrrad.de. Haben Sie auch Gegenwind von Ihren Fans bekommen? {/b}
Rochau: Ja. Es gab ein paar berechtigte Kritikpunkte in Sachen Usability und einige Nutzer haben sich daran gestört, dass der Facebook-Store vom Design her so viel einfacher ist, als unser Hauptgeschäft. Wir haben zum Beispiel keine Videoclips drin. {/b}
{b}velobiz.de: Warum nicht, das ist doch ein Flash-Modul?{/b}
Rochau: Wir arbeiten mit Cliplister und unsere Videos liegen auf deren Server und werden auf Basis der Abrufzahlen abgerechnet. Wir haben also gar keinen Zugriff darauf. Aber wir arbeiten daran und sind mit ihnen im Gespräch.
{b}velobiz.de: Hat sich jemand an der Existenz des Shops gestört? {/b}
Rochau: Nein, warum? Wer auf unser Profil kommt, hat immer die Wahl, ob er zur Pinnwand will oder in den Shop. Wenn Unternehmen den Shop aggressiver im Profil bewerben, könnte ich mir allerdings schon vorstellen, dass die Leute genervt sind.
{b}velobiz.de: Sie haben als erster Facebook-Store überhaupt ein TrustedShops-Siegel. Wie lief die Zusammenarbeit? {/b}
Rochau: Wir konnten viel voneinander lernen. Zum Beispiel wollte TrustedShops, dass wir das PopUp ändern, das nach der Erlaubnis fragt, auf die Profildaten zugreifen zu dürfen. Das können wir aber gar nicht, denn das ist ein PopUp von Facebook.
Ich glaube auch intern war das bei TrustedShops ein heißes Thema, ob man überhaupt mit Facebook in Verbindung gebracht werden will. Marketing gegen Rechtsabteilung sozusagen. Aber unterm Strich war das tolles Arbeiten.
{b}velobiz.de: Und die Integration von PayPal? {/b}
Rochau: Überhaupt kein Thema. Die haben fertige Einbauanleitungen.
{b}velobiz.de: Und Ihr Gesamteindruck bisher? {/b}
Rochau: Es ist schon spannend, weil man sich in die Abhängigkeit von Facebook begibt. Die könnten von heute auf morgen ihre Geschäftspolitik ändern und 10 Prozent von jedem Verkauf verlangen. Und die würden darüber vermutlich auch nicht diskutieren, sondern es einfach tun. Wir dürfen bis heute ja noch nicht einmal Like-Buttons bei den einzelnen Produkten einbauen.
Die wirkliche Bedeutung dieses Kanals können wir erst sehen, nachdem die ersten Saisonhöhepunkte 2011 gelaufen sind. Dann werden wir uns auch Gedanken über Themen wie Conversionrate-Optimierung und A/B-Testing machen. Bislang fehlen uns dafür die Ressourcen. Ich kann nur für unsere Zielgruppe sprechen, aber da habe ich ein gutes Gefühl.
{b}velobiz.de: Herr Rochau, vielen Dank für dieses Gespräch. {/b}
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