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Die elf DSD-Mitarbeiter in Schweinfurt haben viel Platz zum Arbeiten.
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Portrait - Sram Dealer Service

Flexibel und unbürokratisch

Die Beziehung von Kundendienst und Fachhändler ist regelmäßig ein Spannungsfeld in der Fahrradbranche. Dass es auch anders geht, beweist Komponentenhersteller Sram mit seinem Dealer Service Direct.

»Perfekt und schnell, da können sich viele ein Stück abschneiden«, schreibt ein velobiz.de-Leser mit dem Pseudonym »Velofam«. »Die erklären dir alles und machen gute Schulungen«, berichtet »Otto«. Und »Slichti« schreibt: »Schnelle und stets kompetente Erreichbarkeit, kulant, immer ein freundliches Wort und ‘nen lockeren Spruch auf den Lippen«.
Dass Fahrradhändler sich lobend über ihre Lieferanten äußern, kommt nicht alle Tage vor. Und erst recht nicht über dessen Kundendienst-Abteilung. Als velobiz.de im vergangenen Frühjahr online über eine Änderung beim Dealer Service Direct – kurz DSD – von Sram berichtete, nahmen dies einige Leser zum Anlass, ihre Zufriedenheit mit dem dort tätigen Team per Kommentar zu der Meldung kundzutun. Wenn man sich also auf die Suche begibt, bei welchem Lieferanten in Deutschland der Service für Fahrradhändler besonders gut gelöst wird, ist die deutsche Sram-Niederlassung Schweinfurt offenbar keine schlechte Adresse.
Dass hier einiges anders läuft, als in anderen Service-Abteilungen, sieht man gleich auf den ersten Blick: Während andernorts in Service-Abteilungen meist die pure Platznot herrscht, überraschen die Räumlichkeiten des DSD mit Großzügigkeit. Elf DSD-Mitarbeiter teilen sich einen ungefähr 250 qm großen luftigen und hellen Raum. Versandlogistik und Service-Lager sind dabei wohlgemerkt noch nicht mitgerechnet.
Und noch etwas ist anders, als in den meisten anderen Service-Abteilungen der Fahrradindustrie: Der Chef der Service-Mitarbeiter bei DSD ist eine Frau. Das mag für den einen oder anderen Gleichstellungsvordenker nichts Außergewöhnliches sein, ist aber in der Realität der Fahrradindustrie noch eine seltene Ausnahme. Andrea Daenekas hat das Zweiradmechanikerhandwerk bei Fahrrad Munderloh in Oldenburg gelernt. Nach einer angeschlossenen Einzelhandelsausbildung wechselte sie nach insgesamt acht Jahren Fahrradhandel zu Fahrradhersteller Derby Cycle, wo sie auch ihren Meisterbrief machte. Mit diesem in der Tasche suchte die Oldenburgerin eine neue berufliche Herausforderung. Im Frühjahr 2007 bewarb sie sich initiativ bei Sram und wurde prompt als Leiterin eines zunächst nur dreiköpfigen DSD-Teams angeheuert.
Einen typischen Werdegang für Mitarbeiter beim DSD gibt es übrigens nicht. Zwar haben einige der Service-Experten bei Sram zuvor eine klassische Mechanikerlaufbahn im Fahrradhandel durchlaufen, es finden sich aber beispielsweise auch Sportwissenschaftler und Maschinenbau-Ingenieure im DSD-Team. »Die DSD-Mitarbeiter müssen nicht zwingend eine technische Ausbildung haben«, erklärt Daenekas. Zwar ist ein gewisses technisches Grundverständnis durchaus Voraussetzung für einen Job beim DSD. Mindestens genauso wichtig seien aber eine starke Affinität zum Fahrrad und kommunikative Stärken. »Das sind alles enthusiastische Mountainbiker hier. Die kann kaum was schocken«, erklärt die DSD-Leiterin. Diese Nervenstärke ist auch notwendig: In der Saison landen mitunter über 300 Anrufe am Tag beim DSD.

Generalisten statt Experten

Keiner der DSD-Mitarbeiter hat ein Spezialgebiet, grundsätzlich kennt sich also jeder mit jedem Produkt aus dem großen Produktuniversum von Sram aus. Und jeder Mitarbeiter ist sowohl für die technische Hotline als auch für die Durchführung von Service-Arbeiten zuständig. Oft beides zur selben Zeit: Während ein DSD-Mitarbeiter mit seinem drahtlosen Headset mit einem Fahrradhändler telefoniert, kann es gut sein, dass er nebenher eine Wartung an einer Rockshox-Gabel durchführt.
Die DSD-Mitarbeiter genießen dabei eine relativ große Freiheit, wie sie dem jeweiligen Händler am besten helfen können. Bei besonders kniffligen Fragen kann es zum Beispiel auch mal sein, dass der Service-Mitarbeiter eine bau‑ gleiche Komponente an seinen Arbeitsplatz holt und die nötigen Schritte gemeinsam mit dem Händler durchgeht. »Das wichtigste ist, dass den Händlern sehr flexibel und unbürokratisch geholfen wird und dass der Kunde schnell wieder auf sein Rad kommt«, erklärt DSD-Frontfrau Daenekas.
Auf die Frage, womit man die DSD-Mitarbeiter ärgern kann, muss Daenekas erst mal ziemlich lange nachdenken. »Wir erleben sehr selten unfreund‑
liche Anrufe. Die meisten Händler sind sehr froh, wenn wir Ihnen helfen können. Manchmal ruft ein Händler auch einfach nur an, um Danke zu sagen oder er bedankt sich in Form von beigelegter Schokolade bei der nächsten Einsendung. So eine Dankbarkeit kenne ich von anderen Firmen nicht.«
Nur manchmal seien Anrufer in der Leitung, die schlechte Erfahrungen gemacht haben und erst einmal sehr kritisch sind. »Das ist dann schon mal anstrengend«, gesteht Daenekas, »aber meist braucht es nur ein paar Minuten bis ich das erste Lächeln auf dem Gesicht meines Mitarbeiters sehe. Dann weiß ich: Auch dieser Händler beendet das Gespräch mit einem guten Gefühl.«
Und worüber kann das DSD-Team schmunzeln? Wieder überlegt Daenekas lange und erzählt schließlich die Geschichte eines Auszubildenden in einem Fahrradgeschäft, der im Übereifer den Schaft einer Rockshox-Gabel auf ein Stummelmaß gekürzt hat. Das DSD-Team konnte aber auch dieses Problem schnell wieder aus der Welt schaffen. Zu kurz abgeschnittene Gabelschäfte sind allerdings ein Missgeschick, das auch erfahreneren Mechanikern immer mal wieder unterläuft, wie das sehr gut bestückte diesbezüglich Ersatzteillager beim DSD belegt. »Und auch die vielen Aussprachevarianten unseres Firmennamens bringen uns manchmal zum Schmunzeln«, erzählt Daenekas.

Wachsendes Aufgabenspektrum

Seit dem Start vor sieben Jahren ist das Aufgabenspektrum für den DSD in Schweinfurt deutlich gewachsen. Bis vor 2007 waren ausschließlich die nationalen Vertriebspartner für den Service der Sram-Produkte zuständig. Mit dem DSD wurde für die Fahrradhändler zunächst nur ein zusätzlicher An‑
sprechpartner geschaffen. Die Vertriebspartner waren weiter die Hauptadressen für den Service, der DSD von Sram quasi nur eine Backup-Lösung. So entstand allerdings – wenn auch vielleicht ungewollt – eine Wettbewerbssituation unter den verschiedenen Service-Adressen: Um von den Fahrradhändlern akzeptiert und genutzt zu werden, musste sich der DSD gegen die Service-Abteilungen der Vertriebspartner behaupten – und umgekehrt. Vielleicht liegt darin auch eine der Erklärungen, warum der Kundendienst bei Sram besser läuft als andernorts in der Fahrradbranche.
Seit April diesen Jahres ist der DSD nun in Deutschland alleine für die Gewährleistungsabwicklung der Sram-Produkte zuständig. »Diesen Schritt haben wir gewählt, um das Feedback vom Fachhandel noch direkter in unsere Produktion und Produktentwicklung mit einfließen zu lassen«, erklärt Daenekas. Den Löwenanteil der Einsendungen bilden die Produktgruppen Federgabeln und hydraulische Scheibenbremsen. Rund 20 % der Einsendungen fallen dabei unter die Kategorie Paid Service, also kostenpflichtige Arbeiten wie eine Gabelüberholung, die keine Gewährleistungsfälle sind. Solche kostenpflichtigen Servicearbeiten werden parallel auch weiterhin durch die Vertriebspartner angeboten.
Bereits in der dritten Wintersaison bietet der DSD auch Händlerschulungen in den neuen Schulungsräumen in Schweinfurt an. Zwischen November und März finden dort Schulungen für Federgabeln, Hydraulikbremsen und Antriebskomponenten statt. Im gewohnten SRAM-Stil sind diese sehr professionell und fast schon familiär.

Viel Raum nicht nur für DSD

Die Weiträumigkeit der Service-Abteilung ist einerseits Konzept, andererseits aber auch der besonderen Situation von Sram in Schweinfurt ge‑
schuldet. Bis 2010 liefen hier die Getriebenaben des Komponentenherstellers vom Band. Nachdem deren Produktion nach Taiwan verlagert worden war, standen etliche 1000 qm am Standort Schweinfurt leer. Untervermieten hätte sich in der unterfränkischen Industriestadt nicht gelohnt, also machten sich die verbliebenen Abteilungen von Sram im wahrsten Sinne des Wortes breit.
Schweinfurt steht auf der Sram-Weltkarte seitdem für das European Training und Development Center, im Firmenjargon kurz ETDC genannt. Tür an Tür mit dem Dealer Service werden hier neue Antriebskomponenten entwickelt und die Handelspartner geschult. Ab 2015 hat hier zudem die bislang in München beheimatete europäische Marketing-Abteilung von Sram ihr neues Zuhause. Die kurzen Wege zwischen Händler-Training, Service, Entwicklung und Marketing machen Schweinfurt ein wenig auch zum Think-Tank im Sram-Universum. Die Zusammensetzung der verschiedenen Bereiche ist jedenfalls unter den verschiedenen Standorten des Komponentenherstellers ziemlich einmalig.
Die Antwort auf die Frage, was Sram im Service nun anders macht als andere Anbieter, lässt sich wohl kaum mit einem Satz beantworten. Vielmehr setzt sich die besondere Qualität des DSD aus vielen kleinen Bausteinen zusammen, die einzeln für sich genommen vielleicht gar nicht so außergewöhnlich sind, in der Summe aber den Unterschied zwischen Frust und Zufriedenheit bei den Handelspartnern ausmachen.

3. Dezember 2014 von Markus Fritsch

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