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Handelsverbände im Digital-Talk
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Bei „Händler helfen Händlern“

Handelsverbände diskutieren über Nachwehen der Coronakrise

In einem weiteren Digital-Talk der Händlerinitiative „Händler helfen Händlern“ hatten zuletzt die Branchenverbände das Wort. Welche Forderungen und Prognosen für den Einzelhandel insgesamt aufgestellt wurden.

Mindestens 40 Milliarden Euro werden dem Handel Branchenschätzungen zufolge Ende des Jahres in der Kasse fehlen. Jetzt sind die Branchenverbände gefragt, die Interessen ihrer Mitglieder in Bund und Ländern lautstark zu vertreten. Wie da der Stand der Dinge ist, wollte Marcus Diekmann, CEO von Rose Bikes und Initiator von „Händler helfen Händlern“ in der jüngsten Runde seines Digital-Talks von HDE-Hauptgeschäftsführer Stephan Tromp, dem stellvertretenden Hauptgeschäftsführer des bevh, Martin Groß-Albenhausen, und Günter Hübner, Direktor des Bundeswirtschaftssenats (BVMW), wissen.

Düstere Prognosen

Beim jüngsten Digital-Talk der Händlerinitiative "Händler helfen Händlern" wartet Stephan Tromp, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland, mit düsteren Prognosen auf. Den Verbrauchern sei derzeit die Konsumlust vergangen, konstatiert der Verbandschef. Entsprechend soll der Handel in einem mittleren Szenario in diesem Jahr gegenüber Vorjahr mindestens 40 Milliarden Euro an Umsatz verlieren. Das entspricht zwischen zehn und 15 Prozent des gesamten Einzelhandelsumsatzes - und bringt den stationären Handel in echte Existenznot. „Denn früher war die Regel, dass ein stationärer Händler pleite ist, wenn er zehn Prozent seines Umsatzes verliert", bringt es Marcus Diekmann, Initiator der Initiative und Moderator der Runde, auf den Punkt.

Ruf nach staatlicher Unterstützung

Kein Wunder also, dass die Branche immer lauter nach staatlicher Unterstützung ruft. Doch von den Milliarden, die der Staat in der Corona-Krise in die deutsche Wirtschaft pumpt, kommt bei den Händlern vor Ort kaum etwas an. 60 bis 65 Prozent der Händleranträge auf Darlehen der KfW werden laut HDE-Chef Tromp abgelehnt. Dabei sind Kredite für die Unternehmen ohnehin nicht die beste Form der Unterstützung. „Wir sind mit dem Bundeswirtschaftsministerium im Gespräch, was Rettungsfonds angeht", erzählt Tromp. „Wir brauchen nicht nur Kredite, sondern auch Soforthilfen, die nicht zurückzuzahlen sind. Wir sind im Bundestag unterwegs, damit für die Händler in Sachen Miete und Pacht eine bessere Verhandlungsbasis erreicht wird. Und wir fordern, die Binnenkonjunktur in Form von Konsumschecks anzukurbeln - und das nicht nur für den Handel." Allerdings warnt Tromp davor, den Händlern falsche Hoffnungen zu machen. „Nicht alles, was wir jetzt fordern und uns wünschen, wird in Erfüllung gehen", sagt er. Schließlich würde der Staat langsam realisieren, was ihn die Pandemie eigentlich kostet.

Online rettet nicht jeden Händler

Auch der Online-Handel kann die Folgen der Corona-Pandemie nur bedingt ausgleichen. „Wir haben bis jetzt noch keinerlei Prognose zugelassen", sagt Martin Groß-Albenhausen, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des bevh. „Wir gingen vor Corona von einem Umsatzplus von zehn bis elf Prozent aus. Aktuell sind wir bei fünf bis sechs Prozent", so der bevh-Mann. „Das ist nicht das, was wir wollten. Aber wir gehen davon aus, dass wir das Ziel in diesem Jahr noch erreichen." Allerdings erfordere dies von den Online-Händlern harte Arbeit, weil die Mitarbeiter in den Logistikzentren in Doppelschichten arbeiten müssten. Darüber hinaus sorgten Probleme in der Endkundenlogistik dafür, dass Ware, die auf dem Hof ist, nicht zum Kunden kommt.

Wichtig sei Groß-Albenhausen zufolge, der Politik genau jetzt deutlich zu machen, dass E-Commerce ein Gamechanger sei. Doch das Verständnis, was mit E-Commerce möglich ist und welche Schubkraft im E-Commerce liegt, müsse sich in vielen Kommunen erst durchsetzen. „Wenn man es wie Ikea schafft, kontaktlos Click & Collect zu ermöglichen, kann es nicht sein, dass es in einem Bundesland drei Kommunen gibt, die völlig unterschiedlich entscheiden, ob das sicher funktioniert oder nicht", sagt er. Ob E-Commerce für alle Händler der Rettungsstrohhalm ist, darüber ist sich Groß-Albenhausen unschlüssig. Natürlich sei es eine Chance, dass viele Händler gelernt haben, wie man über Facebook oder Instagram zu seinen Kunden Kontakt halten kann. Aber was man in den vergangenen 15 Jahren nicht gemacht hat, könne man nicht in fünf oder 15 Monaten auffangen. „Das wird nicht so leicht. Das ist kein Spaziergang", so der E-Commerce-Experte.

„Wir brauchen einen Digitalnotstand"

Von der Politik wünscht er sich unter anderem eine Flexibilität in den Arbeitsprozessen. Die Öffnung am Sonntag beispielsweise könne helfen, Konsum zu entzerren und Arbeit anders zu organisieren. Darüber hinaus ist ihm ein Anliegen, dass Restanten gespendet werden dürfen, ohne dass Umsatzsteuer fällig wird. Schlussendlich plädiert Groß-Albenhausen auch davor, dass Gelder in Digitalisierungsprojekte vernünftig eingesetzt werden. „Bei dem Hackathon "Wir versus Virus" beispielsweise wurden Ideen prämiert und mit großen Lorbeeren bedacht, die im Markt schon fünf Mal abgelehnt wurden", sagt der Fürsprecher der Distanzhändler. Hier würde er sich wünschen, dass analog zum Klimanotstand, den einige Kommunen ausgerufen haben, um bei jeder Entscheidung zwingend zu hinterfragen, ob sie klimaschädlich oder klimafreundlich ist, ein Digitalnotstand ausgerufen würde. Damit müsste man sich bei jeder Investitionsstrategie fragen, ob man sich damit gegen den nächsten Sturm oder das nächste Virus, das eine Wertschöpfungskette zum Brechen oder zum Stocken bringt, imprägnieren kann.

Günter Hübner, Direktor des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW), der als branchen-neutrale Interessenvertretung kleine und mittlere Unternehmen vertritt, sieht „die knackigsten Jahre unseres Lebens - egal in welcher Rolle und Konstellation" bevorstehen. Er plädiert dafür, die Krise als Chance zu sehen, branchenübergreifend zu handeln und zu taktieren. „Alle Bereiche und Branchen, die an einer Wertschöpfungskette unserer Wirtschaft beteiligt sind, müssen künftig viel besser und intensiver zusammenarbeiten und die blinden Flecken, die bislang keiner auf dem Schirm hatte, dazu nutzen, Innovation zu betreiben", sagt er. „Nicht der Impfstoff, sondern die Wirtschaft ist unser Schicksal. Und wir schaffen es nur miteinander", so sein Fazit.

Der siebte Digital-Talk der Initiative „Händler helfen Händlern“ fand am Montag, den 25. Mai 2020 um 20.00 Uhr im Livestream statt und ist unter folgendem Link abrufbar: https://neovaude.live/haendlerhelfenhaendlern-2020-05-25/

27. Mai 2020 von Pressemitteilung
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