Neue Strategie für Traditionsmarke:
Kalkhoff verjüngt sich
Wenn es um Tiefeinsteiger im E-Bike-Segment geht, ist die Marke Kalkhoff eine Macht, nach Auffassung der Derby-Lenker sogar Marktführer in Deutschland. Doch der Markt verändert sich: Das Wachstum bei den elektrifizierten Komfortmodellen ist in den letzten Jahren schwächer geworden. Im Gegenzug legen dafür andere E-Bike-Kategorien deutlich zu, allen voran sportliche Modellvarianten, aber beispielsweise auch E-Bikes für urbane, Lifestyle-bewusste Käufer.
Insgesamt stehe die Branche vor „dem größten Umbruch in der 200-jährigen Fahrradgeschichte“, erklärte Thomas Raith, CEO bei Derby für die Marke Focus und für die Entwicklung von E-Bike-Antriebssystemen, bei der Präsentation auf Mallorca, und meint damit nicht nur das immer breitere Produktsegment, sondern auch den Wandel des Produkts „vom Fahrrad zum Fahrzeug“.
Dieser Umbruch dokumentiert sich auch beim deutschen Fahrradhersteller Derby, wie Janco van der Heyden erklärt. Der Niederländer steht seit Oktober 2016 zusammen mit Raith an der Spitze des Cloppenburger Unternehmens. Zuvor war er bei Derby-Mutter PON verantwortlich für die Geschäfte der Automarken VW und Skoda in den Niederlanden. Bei Derby lenkt der bisherige Automotive-Manager nun als CEO die Geschicke u.a. der Marke Kalkhoff.
Kalkhoff soll unter der Ägide des neuen Chefs deutlich mehr Richtung Premium positioniert werden. Marke und deren Modelle sollen zudem „jünger und attraktiver“ werden. Damit will Derby nicht nur eine Antwort darauf liefern, dass sich der E-Bike-Markt derzeit stark diversifiziert und deutlich verjüngt, sondern die Marke auch attraktiver machen für ausländische Märkte.
Als bestes Beispiel wurden auf Mallorca die Modelle der neuen Kalkhoff-Linie Durban vorgestellt, die mit einem reduzierten Design, einem unkomplizierten Antrieb und Preislagen knapp unter 2000 EUR vor allem urbane und junge Käufer ansprechen soll. Quasi als Live-Test, ob diese Rechnung aufgeht, ist Kalkhoff bei seinem Event auf der Balearen-Insel auch bei der angeschlossenen Pressearbeit neue Wege gegangen: Neben einigen Fachjournalisten hatte Derby auch zehn Blogger aus dem Bereich Fashion und Lifestyle eingeladen, die mit den Durban-Bikes die Hauptstadt Palma erkundeten. Gemessen an den Reaktionen der überwiegend jungen Teilnehmer aus der Blogger-Szene ist der Verjüngungsanspruch mit der Durban-Linie durchaus gelungen.
Änderungen innen und außen
Nicht nur in der Außendarstellung, sondern auch in den internen Prozessen wird bei Derby gegenwärtig viel hinterfragt und verändert. Fast schon als Mantra wurde dabei von den Derby-Managern bei den Präsentationen und Gesprächen die neue Losung „The brand is in the lead“ vorgetragen. Soll heißen: Künftig sind die Marken unter dem Derby-Dach federführend bei der Entwicklung und Darstellung ihres Programms. Während bisher zum Beispiel neue Technologien oder Plattformen im Trekking- oder Komfort-Segment so entwickelt wurden, dass sie von allen Derby-Marken, also beispielsweise auch von Raleigh, genutzt werden können, wird hier künftig strenger zwischen den Marken abgegrenzt. Entsprechend ist auch die personelle Verantwortung im Produkt- und Brand-Management nicht mehr bestimmten Segmenten, sondern neuerdings eindeutig bestimmten Marken zugeordnet.
Apropos Brand, also Marke: Könnte sein, dass die Branche sich bald auf einen Abschied vom Firmennamen Derby Cycle einstellen muss. In der Schweiz wurde die Tochtergesellschaft jüngst schon von Derby Cycle in Pon.Bike, also dem Namen der niederländischen Mutter, umgetauft. Auf die Frage, ob dies eine Entscheidung ist, die auch für Derby Cycle in Deutschland schon absehbar ist, sagt CEO van der Heyden, dass diese Frage „gegenwärtig nicht die höchste Priorität“ besitze, gibt aber auch zu verstehen, dass im Unternehmen niemand wirklich am Namen Derby Cycle hänge. Am wichtigsten sei gegenwärtig, die Marken, wie Focus und Kalkhoff, nach vorne zu bringen. Gleichwohl weiß man bei Derby Cycle und Pon.Bike aber auch um den Wert einer starken Darstellung als Gruppe innerhalb der Branche, also gegenüber Partnern auf Lieferanten- und Handelsseite. Und da tut man sich sich unter einem gemeinsamen, starken Dach wohl einfacher.
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