Was sehen die geltenden Regelungen vor?
Mit dem Velo gegen das Virus
Die Coronakrise entfaltet sich in Deutschland an den ersten Frühlingstagen. Die Menschen zieht es nun hinaus ins Freie – allzu verständlich nach den nasskalten, dunklen Winterwochen. Traditionell ist dies der Startschuss der Radsaison: Räder werden entstaubt und Menschen schwingen sich (wieder) in den Sattel. „Unter Berücksichtigung der aktuellen Bestimmungen ist das auch kein Problem“, sagt Ulf-Christian Blume, Jurist und Co-Inhaber der Unternehmensberatung LBU, im Gespräch mit dem pressedienst-fahrrad. Das Fahrrad bietet mit all seinen weithin bekannten Vorzügen gerade in Zeiten, in denen vielen Menschen ihre Decke auf den Kopf fällt, einen nahezu perfekten Ausweg: Freiheitsgefühl, direkter Kontakt mit Wind und Wetter, selbstbestimmte Mobilität und Fortbewegung aus eigener Kraft, ohne dabei in Kontakt mit anderen Menschen zu treten. „Man muss natürlich den Verwaltungsvorschriften folgen, etwa Abstand zu anderen wahren, nicht in Gruppen fahren, etc.. Heute ist das Rad aber wichtiger denn je, weil es das Nützliche so sinnvoll mit dem Angenehmen verbindet“, so Blume.
Das Rad im Alltag
Radfahren macht unabhängig. Was sonst so diffus schön klingt, wurde gerade sehr konkret. Der Verzicht auf den öffentlichen Nahverkehr wird von allen Experten empfohlen, um das Infektionsrisiko zu minimieren. „Wer nicht unter häuslicher Quarantäne steht, darf für die Fahrt zur Arbeit oder zum Einkaufen auch das Fahrrad nutzen – aber nur allein oder mit Angehörigen des eigenen Haushalts“, erklärt Stephanie Krone vom Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC e. V.). Mehr noch: Radfahren ist gesund. Bezüglich Corona heißt das: „Sport stärkt das Herz-Kreislauf-System und das schützt vor schweren Komplikationen auch bei einer Corona-Infektion. Dazu kommt: Während des Radfahrens selbst besteht ein extrem niedriges Risiko der Infektion – man ist schlicht zu schnell, um Aerosole einzuatmen“, erklärt der Göttinger Hausarzt Dr. Toralf Naue.
Radsport
Während in Österreich, Frankreich, Italien und Spanien strikte Ausgangssperren in Kraft sind, die teils auch explizit sportliche Betätigung untersagen oder nur unter strikten räumlichen und zeitlichen Einschränkungen erlauben, gilt in Deutschland derzeit: Allein oder mit Familien- oder Haushaltsangehörigen darf man auch sportlich Radfahren. „Dabei sollte man aber maßvoll agieren. Bekannte Strecken bringen natürlich Sicherheit. Man muss auch sicherstellen, dass man sich im Pannenfalle selbst helfen kann und nicht auf fremde Unterstützung angewiesen ist. Mir sind allerdings keinerlei Einschränkungen bekannt, was Streckenlängen, Trainingsdauer oder etwaige Entfernungen zum Wohnort betrifft“, stellt Ulf-Christian Blume klar.
Auch Mountainbiken ist nicht verboten – sollte aber im Sinne aller mit Augenmaß geschehen. „Rausgehen und Abwechslung ist jetzt wichtig, Bewegung an der frischen Luft hilft allen zur Gesunderhaltung. Aber jeder Sturz ist ein Sturz zuviel. Jetzt ist eher eine defensive Fahrweise angeraten“, beschreibt Heiko Mittelstädt von der Deutschen Initiative Mountainbike (DIMB e. V.). Jeder könne und müsse im Sinne der Aufrufe deutscher Krankenhäuser das eigene Risiko beim Biken gering halten und so die Kapazitäten des Gesundheitssystems möglichst entlasten.
Für Profisportler sind die Zeiten besonders hart, wie der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) mitteilt: Das Training in Hallen ist vorerst tabu, egal ob im Kraftraum oder auf der Radbahn. Auch wenn die Olympischen Sommerspiele in Tokio auf 2021 verschoben sind, müssen Kadersportler momentan entsprechend kreativ werden, um ihre Trainingsziele nicht zu verpassen.
Fahrrad-Einzelhandel
Die Rolle des Fahrrads für die Mobilität Einzelner führte zu verschiedenen Besonderheiten für den örtlichen Handel. Vereinzelt war von überstürzten Radkäufen zu lesen – aus Angst vor unterbrochenen Lieferketten aus Asien und dem drohenden Schließen der Radläden. „Wir sehen durchaus, dass die Leute das Rad als Lösung begreifen und vermehrt etwa anstelle des ÖPNV nutzen. Der Fahrradhandel verzeichnete zuletzt stellenweise Umsatzrekorde – andere Läden berichteten aber auch schon Mitte März von starken Umsatzeinbrüchen“, beschreibt Uwe Wöll vom Verbund Service und Fahrrad (VSF g. e. V.). Die Bestimmungen für den Einzelhandel sind zwar Ländersache, in einem sind die Länder sich aber offenbar einig: Fahrradreparaturbetriebe dürfen geöffnet bleiben und so die Mobilität der Menschen sicherstellen. „Selbst im strengen Bayern ist der Betrieb von Fahrradwerkstätten und der Verkauf von Ersatzteilen laut der Positivliste vom 18.03.2020 erlaubt“, erklärt Stephanie Krone. In Bremen besteht die Besonderheit, dass Einzeltermine für Reparaturen vorher zu vereinbaren sind, um regulären Publikumsverkehr zu vermeiden. Der Verkauf von Fahrrädern ist mittlerweile allerdings fast überall untersagt: Nur in Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen dürfen auch Fahrradläden unter Einhaltung strenger Hygieneregeln weiterhin öffnen und Räder verkaufen. Nicht betroffen von diesem Verbot ist der Onlinehandel.
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