Besuch bei der Ideenfabrik
Neues Kapitel: Futec tritt wieder stärker ins Rampenlicht
Selzach ist nicht das Schweizer Silicon Valley. Statt prestigeträchtigen Bauten von vielversprechenden Jungunternehmen reihen sich kilometerweit Salatköpfe, Zwiebeln und Getreidefelder aneinander. Und doch befindet sich im kleinen Dorf zwischen Solothurn und Grenchen eine Firma, deren Produkte schon weltweit für Aufsehen gesorgt haben. Hier ist Futec zu Hause, hier entstanden Velos, die Innovationspreise abräumten und die bei der Tour de France ganz vorne mitfuhren.
Im kleinen Firmenmuseum von Futec sind all diese Räder aufgereiht. Hier steht auch das Mountainbike, mit dem alles begann. Schon bei der ersten Vorstellung im Jahr 1993 sicherte sich Futec mit dem Solution One viel Beachtung – und die erste „Schubladisierung“ der Fahrradbranche, wie Marc Wehrli, Gründer und Geschäftsführer von Futec erzählt: „Mit hundert Millimetern Federweg war unser Bike ein Downhiller, und wir in der Konsequenz ebenfalls Downhiller, die keine Velos für den normalen Gebrauch bauen konnten“. Weitere Bikes folgten, die ihrer Zeit voraus waren, wie beispielsweise ein vollgefedertes Rennrad. Fast zu spät bemerkte Futec, dass der Markt noch nicht bereit war für diese Räder, wie Marc Wehrli heute offen zugibt:“«Der Vertriebsaufwand kostete uns damals mehr als die Entwicklung“. Was folgte, war einschneidend: Futec gab die Produktion eigener Velos auf und wurde zur Entwicklungsfirma. Es folgten Arbeiten für namhafte Velofirmen wie Villiger, dem früheren Flyer-Hersteller BK-Tech und Bergwerk, aber dank dem reichen Wissen im Leichtbau auch für die Luftfahrtindustrie. Ruag, Pilatus und die Hersteller des neuen Zeppelins gehören bis heute zu den Kunden von Futec.
Der Wandel vom Hersteller zum reinen Ingenieurunternehmen blieb aber nicht der einzige Umbruch in der Firmengeschichte. Nach dem Ausscheiden des Mitgründers Daniel Weibel zog Wehrli mit der Firma von Muttenz nach Selzach um und es begann die enge wie fruchtbare Zusammenarbeit mit BMC. Von Futec stammte nicht nur die Ingenieurarbeit zu praktisch allen Serienvelos, sondern auch die Entwicklung der spektakulären Timemachine für die Protour-Teams Phonak und Astana, inklusive Prototypenbau und sämtliche Tests. Und wieder einmal wurde Futec schubladisiert, diesmal als Teil von BMC. „Dabei waren wir immer eine selbständige Firma“, hält Wehrli fest. Andy Rihs stieg zwar mit einer Beteiligung von 30 Prozent bei Futec ein, und in Spitzenzeiten arbeiteten Wehrli und sein Team mehr als die Hälfte der Zeit für BMC. Daneben baute Futec aber weiter Teile für die Luftfahrt.
Genau diese Vielseitigkeit wollte Futec auch nicht aufgeben. „Unsere verschiedenen Tätigkeiten inspirieren und ergänzen sich gegenseitig“ erklärt Wehrli. Als es in der Zusammenarbeit von BMC und Futec immer mehr auf ganz oder gar nicht hinauslief, wählte Wehrli die zweite Variante. Futec kaufte die Beteiligung zurück und die beiden langjährigen Partner lösten die Zusammenarbeit auf – ohne Groll auf beiden Seiten, wie Wehrli betont.
Von der Rahmenreparatur bis zur Kleinserie
Für Wehrli ist es klar, dass er mit der Entscheidung zur Unabhängigkeit den aufwändigeren Weg gewählt hat. Er ist sich aber sicher, dass Futec weiterhin genug zu tun haben wird. „Vom ersten Strich im CAD-Programm bis zum fahrfertigen Prototypen und dessen Belastungsprüfung nach europäischen Sicherheitsnormen können wir alles bieten, was in der Fahrradindustrie an Entwicklungsarbeiten anfällt“. Auch für den durchschnittlichen Händler hält Futec ein paar interessante Dienstleistungen bereit: „Wir reparieren Velorahmen aus Aluminium, Titan oder Carbon. Für letztere können wir auch Schadensprüfungen durchführen und Expertisen ausstellen“, zählt Wehrli auf. Kleinere Serien kann Futec auch gleich selber bauen, wie zum Beispiel gerade für Katz. Die junge Schweizer Velofirma hat gerade zweihundert Rahmen inklusive aller Kleinteile bei Futec bestellt. So ein Auftrag hat seinen Preis, räumt Wehrli ein. „Von dem was der Stundenpreis für die Schweizer Arbeit aber höher ist, kann Futec aber einiges wieder mit effizienten Arbeitsabläufen und intelligenten technischen Lösungen kompensieren“, verspricht Wehrli. „Und wenn wir sehen“, fügt er an, „wie wenig Innovation manche Großserienhersteller an ihren teuersten Bikes für wieviel Geld bieten, sind wir voll konkurrenzfähig“.
1600 Gramm Hirnschmalz
Dass Futec nicht nur verspricht, sondern auch leistet, beweist die neuste Entwicklung. Am vollgefederten Rahmen mit 100 Millimetern Federweg wurden so viele technische Elemente wie möglich integriert – zum Beispiel der hintere Bremssattel im Ausfallende. Inklusive Bremskolben, Steuer- und Tretlager, Sitzdom und Dämpfer wiegt der Prototyp gerade mal 1600 Gramm in fahrtauglicher Stärke. Den Rahmen will Futec aber nicht selber in Serie bauen, erklärt Mitentwickler Marco Quinter. Das Projekt dient als Referenzstück für die Innovationskraft von Futec. Sollte sich aber eine Firma für die Serienfertigung in Angriff nehmen wollen, würde Futec das Knowhow zum Rahmen verkaufen.
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