Performance Days gewähren einen Blick in die (Textil-)Zukunft

Die Fachmesse für Modedesigner, Produktmanager und Entscheider der Sport-, Bike- und Arbeitsbekleidungsindustrie wächst weiter: Die Zahl der Aussteller, die aus 18 Ländern anreisten, nahm um 6 % zu. Damit war die Messe ausverkauft. Kurzerhand erweiterten die Verantwortlichen diese um eine vierte Halle, sodass 20 % mehr Ausstellungsfläche zur Verfügung stand. Die Besucher kamen aus nahezu allen europäischen Ländern, aus den USA und Kanada sowie erstmals aus Brasilien.

Innovationen speziell für Biker

Der Gewinner des Performance-Days-Award im Frühjahr 2012, die italienische Firma La Fonte, wartete mit einer Weiterentwicklung seines Sitzpolsters für Bike-Hosen auf. Das von Bluesign zertifizierte Sitzpad besteht aus einem dreidimensionalen Schaumkern und bietet damit noch mehr Komfort. Dafür wurde eine spezielle Technik des Schaum-Formens angewendet, bei der harte und steife Ränder wegfallen. Im Endeffekt wird dadurch auch die Schaum-Elastizität erhöht. Gleichzeitig behält der Schaum aber seine stabile Konsistenz, auch unter schwierigen Bedingungen wie Feuchtigkeit, Wärme und Druck. Als Schaummaterial wird ein spezieller Bi-Dichte-Schaum verwendet, aus dem auch Krankenhaus-Matratzen gefertigt werden, da er bakteriostatische und antimikrobische Eigenschaften hat. Die Form des Sizpads richtet sich an der menschlichen Anatomie aus. Demnach gibt es für Männer und Frauen verschiedene. Eingesetzt werden die Sitzpads von Maloja und ION, eigentlich bekannt als Surfmarke, die sich neuerdings aber auch mit einer Bike-Kollektion im MTB-Bereich betätigt.

Eine weitere italienische Innovation dürfte für Konfektionäre der Bike-Bekleidung ebenso interessant sein: Tessitura Taiana Virgilio stellte einen gewebten Stretch-Stoff vor, der zusammen mit dem Politechnikum in Mailand entwickelt wurde. Er weist eine schuppige Oberflächenstruktur auf, die nachweislich die Aerodynamik verbessern soll. Mögliche Einsatzbereiche sind neben dem Ski-Sport der Bike- und Triathlon-Sport.

Ansonsten: Leichtigkeit war der Favorit

Leichte, funktionelle Textilien – das war eines der wichtigsten Ziele, die die Stoffhersteller diesmal bei ihren Produkten realisieren wollten. Und dies nach Möglichkeit in einem Stoff. Verwendet wurden dafür wieder verstärkt Naturfasern oder ein Mix aus natürlichen und chemischen Fasern. 24 leichte und funktionelle Stoffe – egal ob Maschen- oder Webware, ob Stoffe für Funktionsunterwäsche oder für die äußere Schicht –, sie bekamen im sogenannten Performance Forum, in dem Stoffe zu unterschiedlichen Kategorien ausgestellt wurden, das erste Mal einen eigenen Tisch. Und auch der Performance Award ging an einen Hersteller (Amaterrace, Japan), der mit seinem Drei-Lagen-Laminat „PT 5303-60“ jede Waage schont: 1 qm des Laminats wiegt lediglich 54 g. Und dies bei einer Wassersäule von 20.000 mm und gleichzeitiger Atmungsaktivität von 20.000 g/qm/24 h.

Kleine Tricks für mehr Wohlbefinden

Bei den Zwei- bis Zweieinhalb-Lagen-Laminaten ging es vor allen Dingen um das Wohlbefinden des Sportlers. So sollen Keramik-Partikel, die in eine Membran eingearbeitet werden, diese stärken. Dabei geht man davon aus, dass die Energie, die der Sportler als Ferninfrarot-Strahlen (FIR) abgibt, aufgrund der Keramik-Teilchen wieder zum Körper hin reflektiert wird. Dadurch soll sich die Blutzirkulation der oberflächlichen Gefäße verbessern. Der Mensch wird leistungsfähiger, erholt sich schneller und fühlt sich wohler. Neben Keramik wird auch Karbon eingesetzt, um eine ähnliche Wirkung zu erzielen. Ein bereits beschichteter Stoff wird hier auf der Innenseite zusätzlich mit einem Karbon-Print versehen, der die Stoffoberseite erheblich vergrößert. Die Karbon-Partikel sollen nicht nur unangenehme Gerüche verhindern, sondern auch auftretende Feuchtigkeit schneller und großflächiger verteilen und nach außen transportieren.

Funktion und Natur gehen zusammen

Bei den Drei-Lagen-Laminaten gibt es im Winter 2014/15 funktionelle Oberstoffe und Membranen mit Abseiten aus Merinowolle. Ein Naturprodukt, das aber auch für sich genommen funktionell ist. Merinowolle kann Feuchtigkeit speichern und nach außen abgeben, wobei sich die Innenseite immer trocken anfühlt.

Auch Baumwolle gewinnt bei den Stoffherstellern wieder an Bedeutung. Mithilfe einer speziellen Ausrüstung gibt die Naturfaser nun die Feuchtigkeit schnell nach außen ab, ohne dass sie sich vollsaugt. Damit wurde der funktionelle Nachteil von Baumwolle im Naturzustand zum Vorteil gewendet. Darüber hinaus trägt sich Baumwolle sehr angenehm.

Ökologisch wertvoller kommt eine tierische Wolle daher: "Organic wool“ ist die Wolle von Bio-Schafen, die ohne synthetische Futterzusätze, Hormone und Pestizide gezüchtet wurden.

Bei den Strick- und Wirkwaren werden Polyester oder Polyamid mit einer Vielzahl anderer Fasern kombiniert. Neben Elastan oder Polypropylen kommen auch hier Naturfasern wie Merinowolle oder Baumwolle zum Zug. Dri-Release-Stoffe, die ursprünglich ein Polyester-Baumwolle-Mix waren, verbinden sich nun problemlos mit Modal, Leinen, Seide oder Wolle. Als weitere Innovation gilt ein Dri-Release-Stoff, der Algenextrakte enthält. Nicht nur ökologisch gesehen interessant. Algenextrakte sollen auch für die Haut gesund sein.

Auch bei den Beschichtungen setzt neues Denken ein. Tenor ist hier vor allen Dingen, dass in Zukunft wertvolle Rohstoffe mit Bedacht verwendet werden sollen. In diesem Sinne ist eine Beschichtung eines taiwanischen Herstellers zu verstehen, die zum Teil aus Rizinusöl besteht.

Des Weiteren zeigten die Hersteller bei den Performance Days auch flourcarbonfreie DWR(Durable Water Repellent)-Ausrüstungen; Beschichtungen, die das Obermaterial wasser- und schmutzabweisend machen, aber keine flourorganischen Verbindungen in der Umwelt hinterlassen.

Aus aktuellem Anlass: Runder Tisch zur Greenpeace-Studie

Flourcarbone – ein Thema, das nach der Veröffentlichung der Greenpeace-Studie „Chemie für jedes Wetter“ Ende Oktober dazu führte, dass auf den Performance Days im Rahmen der Vorträge ein runder Tisch eingerichtet wurde, an dem Peter Waeber, CEO bei Bluesign, Charline Ducas, Expertin für nachhaltige Materialien, sowie Nicole Nedelev, Mitglied des Produktentwicklungsteams bei Sympatex Technologies, Platz nahmen. Die Moderation übernahm die unabhängige Journalistin Sophie Bramel. Gemeinsam diskutierten sie über die Alternativen zu perfluorierten und polyfluorierten Chemikalien in der Outdoor-Bekleidung.
In dem einstündigen Gespräch wurden viele Aspekte des Problems benannt. Peter Waeber argumentierte, dass das gewünschte Performance-Level über den Einsatz der Chemie bei der Textilproduktion entscheidet. Erst, wenn man sich darüber klar sei, könne man über Alternativen nachdenken. Die Zuständigkeit hierfür liege bei der Industrie. Bluesign sei nur für die Kontrolle der Inhaltsstoffe zuständig. Nicole Nedelev widersprach, da es auch auf einem hohen Performance-Level die Entscheidung gäbe, welche Chemikalien eingesetzt werden. Die Frage ist also eher, ob man z. B. PFC einsetzen will oder nicht. Charline Ducas appellierte an die Akteure der Textilindustrie, dass sie gemeinsam eine Lösung finden müssten. Dabei müssen auch folgende Fragen bedacht werden: Wie lange soll ein Produkt leben und braucht jeder Kunde eigentlich eine High-Performance? Welche Alternativen gibt es heute bereits? Und welche Rolle spielt China? Damit wurden relevante Aspekte der Thematik umrissen, konsequent zu Ende diskutiert wurden sie nicht. Dazu war die Zeit auch zu kurz. Und: Zu viele Einzelinteressen konkurrieren hier noch. Trotzdem bleibt das Problem virulent. Denn die Zeit für das Finden einer Lösung ist denkbar knapp. Ein Lösungsansatz kam aus dem Publikum: „Vielleicht sollte es eine Deadline dafür geben.“
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Die Innovationen der Messemacher

Abschließend sei noch angemerkt: Die Macher der Performance Days sorgten auch dieses Mal dafür, dass die Besucher noch mehr von der Messe profitieren. So waren bereits vier Wochen vor der Messe die Aussteller auf www.365performancedays.eu , der virtuellen Messe im Internet, freigeschaltet. Auf der Messe selbst wurden die innovativsten Stoffe mit Buttons und Texten versehen, die über das Besondere der Materialien informierten. Erstmals waren auch alle im Performance Forum gezeigten Stoffe mit QR-Codes ausgestattet, die über das Handy eingelesen werden konnten. Auf dem Display erschienen dann weitere Informationen zu den Materialien.

Und auch der Nachwuchs wurde nicht vergessen: Studenten des zweiten Jahres der Modeschule ESMOD in München zeigten ihre Moodboards, große Papptafeln mit Zeichnungen und Fotos zum Thema „Sport and Comfort“.