OLG-Urteil zur Fahrrad-Kategorisierung
Sachverständiger Dirk Zedler befürchtet „amerikanische Verhältnisse“
dass wenn in der Bedienungsanleitung der Hinweis zur Kategorisierung eines Fahrrades fehlt, der Hersteller für Schäden haftet.
Der Hintergrund: Ein zum Unfallzeitpunkt 12 Jahre alter Junge hatte Schadensersatz und Schmerzensgeld beansprucht, nachdem er sich bei einem Sturz mit dem Mountainbike erhebliche Verletzungen zugezogen hatte. Der Rahmen seines Mountainbikes war beim Aufsetzen des Vorderrades nach einem "Wheelie", also Fahren nur auf dem Hinterrad, gebrochen.
Die Entscheidung des OLG Nürnberg (Urt. v. 20.5.2014, Az: 4 U 206/14) lässt sich laut Zedler mit einem Satz zusammenfassen: „Stürzt der Benutzer eines Mountainbikes wegen eines Rahmenbruchs, so haftet der Hersteller des Mountainbikes (gemäß §§ 1 Abs.1, 3 Abs. 1 lit. b ProdHaftG) für die hieraus entstandenen materiellen und immateriellen Schäden, wenn er in der Bedienungsanleitung nicht darauf hingewiesen hat, dass das Fahrrad für üblicherweise mit einem Mountainbike mögliche Tricks und Fahraktionen nicht geeignet ist.“
Dabei stütze sich das OLG auch auf ein Urteil des BGH aus dem vergangenen Jahr, wonach ein Hersteller nach dem Produkthaftungsgesetz grundsätzlich für Schäden haftet, die auf einem fehlerhaften Produkt beruhen. Ein fehlerhaftes Produkt ist es auch dann, wenn Verbraucher in der Bedienungsanleitung nicht eindeutig darüber informiert werden, wie das Produkt zu verwenden ist (BGH, Urt. v. 05.02.2013, Az.VI ZR 1/12).
So der juristische Wortlaut. Aber was bedeutet dies jetzt für die Praxis der Fahrradhersteller? Wie Zedler mitteilt, sei es notwendig „unbedingt und ganz genau in den jeweiligen Bedienungsanleitungen klarzustellen, wofür ein Fahrrad geeignet ist und für welchen Gebrauch nicht.“
In den Bedienungsanleitungen, die das Zedler-Institut für Kunden aus der Fahrradbranche anfertigt, werden diese Vorgaben ab sofort in den Bedienungsanleitungen „Marke Basis“ und „Individuell“ eingearbeitet. Gleichzeitig sei ein Verfahren entwickelt worden, um solche Haftungsfälle künftig vermeiden zu können.
Unverständnis geäußert
Gleichwohl kommt für Zedler dieses weitreichende Urteil für ihn überraschend. „Das hätte ich mit meiner über 20-jährigen Erfahrung bei Gericht nicht erwartet“. Und weiter: „Seit Jahren referiere ich auf Kongressen über die Auswirkungen des Produkthaftungsgesetzes auf die Fahrradbranche. Nähern wir uns aber jetzt gleich amerikanischen Verhältnissen? Jeder hat über die Geschichte mit der Katze in der Mikrowelle gelacht. Jetzt sind wir mit der Produkthaftung in der Bikebranche auf dem Weg dorthin.
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