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Markt - Trends 2025

Skepsis, Hoffnung und feine Technik

Womit lockt die Branche Händler und Fahrradliebhaber an Messestände? Motiviert das Modelljahr 2025 mit Innovationen oder geht die Konsolidierung weiter?

Von den Mail-Anfragen an die Hersteller, Vertriebe und OEMs blieb etwa ein Drittel unbeantwortet. Die anderen Stellungnahmen und einige persönliche Gespräche waren am Ende substanziell. Vieles soll oder darf noch nicht veröffentlicht werden, vieles steht eher zwischen den Zeilen. Hinweise auf Entwicklungen und Stimmungen für das kommende Jahr lassen sich jedoch trotzdem erkennen. Klar ist, dass die Produktentwicklung nicht schläft und nie geschlafen hat, ihre Arbeit zeigt sich nur unterschiedlich deutlich.

Motoren

Dass 2023 in DACH mehr E- als Bio-Bikes verkauft wurden, wurde schon frühzeitig prognostiziert. Nach Einschätzung aller Umfrage-Teilnehmer wird sich die Entwicklung zum E-Antrieb weiter fortsetzen. Teils wird gemunkelt, gewisse Neuheiten würden aufgrund der Marktsituation noch etwas länger zurückgehalten, doch auch jetzt können die Hersteller auf bewährte Produkte zurückgreifen. So setzt sich die Marktakzeptanz des aktuellen Light-Assist-Motors Performance SX laut Bosch stabil fort. Auch nach Einschätzung von Matthias Grick von KTM: »Unser Light-E-Bike Macina SX verkauft sich sehr gut. Für 2025 werden wir die SX-Serie weiter ausbauen. Leichte E-Bikes sehen wir insgesamt als große Bereicherung in unserem Programm.«

Ein kompaktes Maß bei großer Vielseitigkeit ist seit I:sy, Qio und nun auch Giant ein Dauerbrenner im Markt.

Newcomer ZF zeigt zur Eurobike einen besonders leichten, kompakten Full-Assist-Antrieb mit noch geheimem Erstkunden. »Das neue ZF Bike Eco System bietet Full Support mit dem Bauraum eines Light-Assist-Antriebs«, gibt ZF-Sprecher Mirko Gutemann am Telefon preis. Weiteres dann erst zum Launch Ende Juni.

Light-Assist-Antriebe

»2025 ist das erste Modelljahr, in dem Light-Support-Bikes in breiter Masse auf dem Markt sind«, stellt Roman Högerle von MCG fest. Verschiedene Anbieter profitieren von diesem Trend.
TQ Systems konnte Stevens mit dem HPR50-Motor überzeugen, der die E-Gravel- und E-MTB-Palette schon ausgelieferter Midseason-Modelle motorisiert. 2025 sollen weitere große Hersteller folgen. Die sportliche E-Strada-Serie paart den Mahle-Nabenmotor mit Kettenschaltung oder Pinion-Getriebe mit Gates-Riemen. »Damit sind kraftsparende Touren und entspanntes Commuting gleichermaßen möglich. Sportliche Fahrer genießen die widerstandslose Überwindung des 25 km/h-Limits«, sagt Volker Dohrmann von Stevens.

Cargo

Nach den starken Abverkaufszahlen der Vorjahre stellt sich nun eine Differenzierung des Angebots ein. Neigetechnik-Pionier Chike oder auch Tern arbeiten an optimierten Lösungen zum Transport von Kindern, Hunden oder für Handwerker. Mit dem neuen Offroad-Cargobike Orox verknüpft Tern recht unverblümt gleich mehrere Fahrradgattungen.

Der Erfolg von Light-E-Bikes sorgt dafür, dass etwa KTM in diesem Segment ausbaut.

Von der anderen Seite nähern sich ertüchtigte Trekking- und City-Pedelecs durch optimierte Trägerlösungen und erhöhte Gewichtslimits dem Cargo-Segment an. Ein Beispiel ist Victorias Utilyon-Serie mit dualem Nutzen. Das wartungsarme E-SUV bietet als Pendler- und Alltagsrad ein Systemgewicht von bis zu 180 Kilogramm, was für viele Einsatzszenarien genügen dürfte. Ein rahmenfester Frontträger, der sich via Headtube-Mount fixieren lässt, verwandelt das Utilyon schnell in ein Reise- oder Einkaufsrad.

Kompaktbikes

Riese & Müller zeigt mit dem bereits erschienenen Carrie ein erstes kompaktes Cargobike. Der verkürzte Longjohn kommt mit ausklappbarer Ladebox, Kindersitz-Option, Bosch-Mittelmotor, Ketten- oder Nabenschaltung und rollt auf 20-Zoll-Laufrädern.
Unter dem Namen Momentum Compakt E+ veröffentlichte Giant Anfang Mai ebenfalls ein vielseitiges Kompakt-Bike. Mit 20-Zöllern, Giant-Mittelmotor, 180 Kilogramm Gewichtslimit und alltagstauglicher Ausstattung inklusive integrierter Anhängeraufnahme zielt das Multifunktions-Bike auf ein junges, städtisches Publikum. Mehr zu diesem Trend gibt es ab Seite 28 in dieser Ausgabe.
Hartjes Kompaktrad-Marke Qio erweitert massiv den Umfang ihres Zubehörangebots, um mehr Gebrauchswert zu schaffen und gezielter auf das jeweilige Nutzerprofil abzustimmen.

E-MTB

Die besonders leichten E-MTB-Varianten mögen beliebter werden, der Hauptmarkt sind sie (noch) nicht. Die Kundinnen und Kunden schätzen hohe Leistung. Aus Entwicklerkreisen von Merida ist zu hören: »Full-Assist-MTBs sind fest etabliert und bleiben auch im kommenden Jahr stark. Wir erwarten nochmals eine Ausweitung der Modellpalette in 2025, damit aber auch einen noch breiteren Wettbewerb.«

Das Carrie ist das neueste Lastenrad von Riese & Müller. Es setzt ebenfalls auf kompakte Leistung.

Versender Canyon stellte Ende April das superleichte Neuron:ONFly vor, Merida launcht mit dem eOne-Sixty ein leichtes Full-Assist-MTB. Verringertes Gewicht, Agilität und ein natürlicheres Fahrgefühl spielen bei sportlichen Full-Assist-Bikes eine immer größere Rolle. Dadurch rücken die Segmente Full- und Light-Assist-Bikes immer näher aneinander.
Zudem zeichnet sich eine noch breitere und differenziertere Palette an Motoren und Antrieben ab, ohne dass jedoch schon konkrete Beispiele genannt werden.

Leichte Sportbikes

Obwohl das Bio-MTB in der Gunst der Käufermasse stark nach hinten gerutscht ist, geben Hersteller sportlicher Bikes nicht auf. Die Zeichen stehen mehr auf Kontinuität als auf Innovation. Hier ist hauptsächlich Modellpflege angesagt. KTM setzt weiter auf die Scarp-Fully-Linie. Die leichten und race-tauglichen Marathon- oder Tourenbikes wenden sich mit Federwegen zwischen 110 und 140 mm an leistungsorientierte Fahrer und Fahrerinnen.

Gravelbikes

»Gravel ist schon lange keine Nische mehr, sondern eine der wichtigsten Kategorien«, sagt Roman Högerle von Merida Centurion.

Feine Laufräder aus Carbon für Gravelbikes? Fulcrum setzt mit Sharq-Laufrädern nächste Saison auf dieses neue Segment.

Er sieht eine weiter fortschreitende Zweiteilung in kompetitiv-sportliche sowie alltags-, reise- und tourentaugliche Modelle. Das Segment Gravel möchten 2025 alle befragten Hersteller ausweiten und verbreitern, sprechen die Bikes doch vorwiegend sportaffine junge Leute an. Oft werden Pärchen-Räder gleich im Doppelpack gekauft. Das weckt auch viel Hoffnung auf die notwendige Verjüngung des Käuferpublikums.

Auch das Angebot an Gravel-Komponenten und Zubehör wird 2025 noch breiter: Classified, Anbieter einer Zweigang-Nabenschaltung statt Umwerfer, verpartnert sich mit Carbonspezialist Enve Wheels. Die sportliche High-End-Nabenschaltung im Hinterrad bleibt zwar Nische, bietet jedoch für Sport- und Technikliebhaber eine attraktive Alternative.
Auch Laufradhersteller Fulcrum geht mit einem leichten High-End-Carbonlaufradsatz für Gravelbikes in die neue Saison.

Trek/Bontrager und Maxxis zeigen eine Vielzahl neuer Gravel- und MTB-Reifen mit verbesserter Konstruktion und Compounds für leichteren Lauf, höhere Pannensicherheit und mehr Grip.

Rennrad

Das Rennrad wird immer mehr zum Lifestyle-Produkt und Statussymbol in den oberen Preislagen und holt bei glaubwürdigen Herstellern wie Merida Centurion oder Stevens auch bei den Verkaufszahlen gewaltig auf.
Gleichzeitig bereiten sich einige Hersteller darauf vor, das untere Preissegment um 1500 Euro mit vernünftigen Einsteiger-Roadbikes auszubauen, um das Momentum aufzugreifen und das Thema für Neueinsteiger attraktiv zu machen.

Goodyear und Sram bringen ein optmiertes Tubeless-System auf den Markt, das Rennräder noch besser machen soll.

Von Sram kommen Nachrichten über ein neu konstruiertes Laufrad-Reifen-System aus Zipp-ZSR-Laufrad und Goodyear-ZSR-Reifen. Optimierte Tubeless-Felgen sollen den Reifen besser abstützen und durch spezifische Konstruktion und Materialauswahl auch Fahrgeschwindigkeit, Laufeigenschaften und Pannensicherheit verbessern.

Weitere Sram-Neuheiten sind leichtere Time-Systempedale verschiedener Achslängen und der neue Hammerhead-Computer Karoo mit integrierter AXS-Steuerung, Leistungsmessung, Navigation und Cloud-Anbindung.

Schaltungen

Hier geht die Entwicklung eher evolutionär voran. Shimanos GRX 2x12 Di2 bringt die Vorteile elektronischer Schaltungen ans hochwertige Gravelbike. Dabei etabliert Shimano am Di2-Umwerfer »Front Shift Next«. Diese Technik erledigt Hoch- und Herunterschalten an Zweifachkurbeln mit nur einer Taste. So bleibt eine Di2-Taste frei zur individuellen Belegung, zum Beispiel für kompatible ANT-Beleuchtung oder -Computer.
Die neue 1x8-Einsteiger-Gruppe Essa bedient das untere Ende der Preisskala mit Optik, Performance und Features der etablierten Cues-Mittelklasse-Gruppen. Sie bringt Kassetten mit 400 Prozent Entfaltung, breiterer Ritzelabstimmung, stabilere Kettenführung und ist mit Hyperglide und vielen gruppenfreien Shimano-Komponenten kompatibel. Essa ist für die gesamte Bandbreite von MTB bis Active-Lifestyle-Bikes vorgesehen.

»Die Verkehrs-sicherheit bei E-Bikes wird sich dadurch deutlich verbessern.«

Guido Müller, Busch + Müller über die
nun erlaubten Bilinker

Für bessere Ergonomie wird Shimano Cues mit einstellbaren Short-Reach-Schalt- und Bremshebeln aufgerüstet. Dies soll Menschen mit kleineren Händen mehr Bedienkomfort und Fahrsicherheit ermöglichen.
Zudem forciert Shimano bei Di2-Gruppen die Konnektivität, um einfach und in Echtzeit Fahr- und Gerätedaten wie aktuelle Gangposition oder Akku-Ladestand der Di2-Schaltung beziehungsweise des E-Bikes ablesen zu können. »Sportler kitzeln damit ein weiteres Quäntchen Leistung aus ihrem Equipment, Touren- und Alltagsfahrer nutzen das als Individualisierungsmerkmal und zur Komfortsteigerung«, sagt Michael Wild von Paul Lange.
Sram sorgt für Aufmerksamkeit mit der aktualisierten 2x12-Gruppe Red AXS. Hier liefern unter anderem neue Kassetten eine breitere Gangauswahl und -abstimmung. Und, nicht zuletzt, erhoffen sich viele Befragte von Sram endlich den Sprung zu 13 Gängen am MTB.
Pinion wird die MGU mit vollautomatischer Schaltung vorstellen. Deren Steuerung ist individualisierbar, per Algorithmus lernfähig, reagiert auf Kadenz und Pedaldruck und lässt sich zwischen Sport- und Touren/Alltags-Profil umschalten. Gleichzeitig behält der Mensch die Oberhand: Per analogem Tastendruck lässt sich jede Gangvorgabe immer und sofort überschalten.

Connected Bike/Integration

Für die Entwickler von Merida geht das Ringen um eine sinnvolle Vereinfachung und verbesserten Nutzwert durch integrierte Elektronik weiter. Integrationslösungen am Bike, wie interne Zugführungen, widerstreiten sich teilweise mit dem Wunsch nach höherer Servicefreundlichkeit. Dies gelte es aufzulösen, fordert Roman Högerle von MCG.
Bei Trelock erwartet Business Line Director Jos van Kalkeren einen »anhaltenden Trend zum ›intelligenten Radfahren‹. Licht in Helmen, Blinklichter, Fahrrad-Tracker, all diese Themen werden noch an Bedeutung gewinnen.«

Beleuchtung

Busch + Müller setzt große Erwartungen auf das neue Blinker-System Turntec. »Die Verkehrssicherheit bei E-Bikes wird sich dadurch deutlich verbessern«, ist Geschäftsführer Guido Müller überzeugt.
Die im Frühjahr 2024 vorgestellte Briq-S-LED-Frontleuchte bietet bereits im unteren Preisbereich 60 Lux und ein breites Leuchtfeld für E- und Bio-Bikes. Die Leuchte ist an Gabel oder Lenker montierbar. Das wirft auch einen Schatten voraus auf die weitere Richtung der Produktentwicklung.

Mit der GRX 2x12 bringt Shimano elektronisches Schalten an hochwertige Gravelbikes.

Spezialist Supernova sieht einen klaren Trend zur Lichtintegration. Zum bekannten Scheinwerfer Starstream kommen künftig passende Rücklichter wie das TL3-Z integrated. Konsequent arbeiten die Freiburger auch in dürreren Jahren weiter an neuen Produkten und dem Thema Nachhaltigkeit. »Das ist seit Jahren unser Erfolgsrezept«, bekennt Inhaber Marcus Wallmeyer. Zur Eurobike stellt die Firma ihren ersten Nachhaltigkeitsbericht, später regelmäßig auch den Carbon-Footprint ihrer Produkte vor.

Neue Materialien/ Fertigungstechnik

High-End-Anbieter 1bike4life, der mit den Marken Falkenjagd, Rennstahl, Parapera und Stanton Impulse setzt, steigert den Anteil additiver 3D-Drucktechniken zur Produktion von Rahmenteilen wie Steuerrohr, Kettenstrebe, Ausfallenden, aber auch Komponenten wie Vorbauten, Schutzblechen oder Kurbeln aus Titan.
3D-Druck kommt 2025 auch in Sätteln von Fizik oder bei Schaltaugen von Silca im Hartje-Vertrieb zum Einsatz.
Bei Igus läuft die Serienproduktion des ersten voll recycelbaren Kunststoff-Fahrrads unter der neuen Marke Rcyl an. Für die kommende Saison ist eine Stückzahl von 5000, in 2026 dann 10.000 Stück pro Jahr vorgesehen.
Zieht man am Schluss ein Resümee, wird ein weiterer Trend erkennbar: »Erfolg ist immer Teamwork, gerade auch in schwierigen Zeiten.« Volker Dohrmann von Stevens formulierte das so: »Als Hersteller pflegen wir zu unseren Händlern ein langfristiges, faires Miteinander auf Augenhöhe und Gegenseitigkeit. Das wird auch so wahrgenommen. Damit sind wir stets gemeinsam gut durch raues Fahrwasser gekommen.« Falls sich diese Haltung als dauerhafter Mega-Trend fortsetzen lässt, wäre das, nicht nur für 2025, für alle sehr begrüßenswert. //

28. Juni 2024 von Jochen Donner

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