2. ZIV-Technik-Konferenz in Berlin
Spannungsfelder wie European Green Deal und Digitalisierung gemeinsam angehen
Mit über 120 Akteuren der Fahrradbranche aus den Bereichen Technik, Produktentwicklung und Compliance übertraf die zweite Ausgabe der ZIV-Technik-Konferenz die Teilnehmerzahl aus dem Vorjahr um über 20 %. Gut die Hälfte der Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren zudem zum ersten Mal dabei, wie eine Kurzumfrage zum Start der Veranstaltung in den historischen Räumlichkeiten des ehemaligen Umspannwerks in Berlin-Kreuzberg, zeigte. Das mag auch daran gelegen haben, dass sich die Technik-Konferenz mit Themen beschäftigte, die den Fahrradunternehmen für die nächsten Jahre unter den Nägeln brennen sollten, der European Green Deal und die Digitalisierung. ZIV-Präsidiumsmitglied und Ergotec-Chef Wilhelm Humpert sah in seiner Begrüßung die Fahrradbranche in einer möglichen Vorreiterrolle für Digitalisierung und Nachhaltigkeit. ZIV-Geschäftsführer Burkhard Stork ergänzte: „Ich bin glücklich, dass wir nach der 2023er Premiere bereits im zweiten Jahr noch größeren Zuspruch haben. Das zeigt: wir besprechen hier sehr relevante Themen. Die hier diskutierte Regulatorik auf europäischer Ebene wird politisch vielleicht noch etwas abgemildert, aber sie wird auch unter anderen Regierungskonstellationen für sehr viele Bereiche definitiv kommen.“
Die Moderatorin und Technik-Journalistin Silke Hahn führte die Teilnehmenden durch das Programm der Veranstaltung. Impulsvorträge, wie beispielsweise der von Robert Gampfer, Politischer Referent bei der Vertretung der EU-Kommission in Deutschland oder Christoph Petri, Referatsleiter Umwelt- und Rohstoffpolitik, Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) gaben einen Einblick darin, wie weit die Europäische Kommission bei der Umsetzung des European Green Deal ist und welche Regulierungsvorhaben mit Bezug zum European Green Deal vorgesehen sind. Stichworte dabei sind die Ökodesignverordnung oder das „Right to Repair“, welches bereits in die neue Batterieverordnung eingeflossen ist.
Großer Wissensbedarf
Doch was kommt hier konkret auf die Marktteilnehmer zu? Der Wissensbedarf in Sachen European Green Deal ist jedenfalls groß, wie eine Kurzumfrage im Auditorium zeigte. Und vieles ist in der praktischen Umsetzung unklar. Denn: Verschiedene Zielsetzungen wie z.B. Nachhaltigkeit bzw. Reparierbarkeit von Produkten stehen wiederum in einem Spannungsfeld mit Produktsicherheit und letztendlich der Wirtschaftlichkeit. Das zeigte sich auch in der anschließenden Panel-Diskussion mit Vertretern aus der Fahrradbranche und Vertreterinnen von DIN und Ramboll. Auf dem Podium saßen dabei Arno Vers, Entwicklungsleiter E-Bike Systems bei der Brose Group, Letizia Fratini, Environmental Consultant bei Ramboll, Anna Rawnitschek, Projektmanagerin bei DIN – Deutsches Institut für Normung und Stefan Trauth, Head of Bike Resale bei der Bike2Future GmbH.
Eine Quintessenz daraus: Klare Leitlinien und Standards müssen formuliert werden, die dann schon im Entwicklungsprozess neuer Produkte einfließen können. Das gilt insbesondere für sicherheitsrelevante Produkte, wo Anforderungen in Richtung Nachhaltigkeit und Reparierbarkeit schnell auf Kosten von Sicherheit und Wirtschaftlichkeit gehen können. Denn letztendlich gehe es auch darum, Vertrauen bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern beispielsweise für Refurbished-Produkte zu schaffen. Welcher Aufwand dabei bei Brose betrieben wird, um alten E-Bike-Motoren als Remanufacutring-Motor ein neues Leben zu schenken, das zeigte anschließend Vincent Bahar, Leiter Remanufacturing bei Brose.
In sogenannten „Deep-Dives“ wurde dann am Nachmittag der Technik-Konferenz noch tiefer eingetaucht in Themen wie Digitaler Produktpass und Vehicle-to-X-Kommunikation, an die dann noch ein Impulsvortag von Daniela Leveratto von Conebi zur Batterieverordnung und Dr. Ing. Franz Streibl zum Thema Reparatur von LMT-Batterien anschloss. Dabei wurde deutlich, dass die Herausforderungen, die auch auf die Fahrradindustrie zukommen, durchaus erheblich, aber auch zu bewältigen sind. Gleichzeitig kann gerade in diesem Umfeld ein Verband wie der Zweirad-Industrie-Verband seine Stärken ausspielen, in dem er Wissen und Interessen bündelt und an geeigneter Stelle weitergibt. Das erhöht Einfluss und kann am Ende auch Kosten für die einzelnen Unternehmen sparen. Voraussetzung dafür ist, dass alle Branchenteilnehmer an einem Strang ziehen. Insellösungen einzelner Unternehmen bringen die Fahrradbranche als Ganzes nicht voran. Möglichkeiten zum Mitwirken wird es geben, beispielsweise was den Themenkomplex Digitalisierung anbelangt. Dazu Tim Salatzki, Leiter Technik und Normung beim ZIV: „Wir werden uns auch im kommenden Jahr beim ZIV dem Thema noch intensiver zuwenden und vertiefende Sessions für unsere Mitgliedsunternehmen anbieten“.
Insofern besteht auch viel Stoff und Motivation, die ZIV-Konferenz weiter als festen Termin im Branchenkalender zu etablieren. So zog auch ZIV-Geschäftsführer Burkhard Stork zum Abschluss des Tages ein positives Fazit. Der ZIV will dieses Format perspektivisch zur führenden Technik-Plattform der Branche entwickeln. Ein Termin für das kommende Jahr wurde bereits fixiert. Die dann dritte ZIV-Technik Konferenz findet am 12. und 13. November 2025 wieder in Berlin statt.
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