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Eurobike - Messenachbericht

Standortbestimmung auf der Eurobike

Ein Eurobike-Besuch lohnt sich immer: Nirgendwo sonst kommt man in den Genuss so vielfältiger Gespräche mit Herstellern, Händlern, Dienstleistern, Verbänden und all den anderen relevanten Teilen der Fahrradbranche. Nirgendwo sonst lässt sich der Puls der Branche so direkt messen wie in Frankfurt. Nach fünf Tagen Messe lässt sich erfühlen: Der Puls ist fest, aber noch ein wenig unruhig.

Wirtschaftliche Themen waren während der Messetage ebenso wichtig wie die Neuheitenschau und der Austausch mit neuen und alten Bekannten. Was den ersteren Punkt angeht, so lieferten gleich zum Auftakt die Wirtschaftspressekonferenzen der Verbände ZIV und Zukunft Fahrrad tiefe Einblicke, wie das Jahr in Summe bisher gelaufen ist und weiter laufen könnte. Zumindest für die ersten vier Monate berichtete ZIV-Geschäftsführer Burkhard Stork, dass bis dahin rund 1,45 Millionen Fahrzeuge verkauft wurden. Hochgerechnet auf das Gesamtjahr wäre das ein deutliches Plus zum Vorjahr auf dann 4,35 Millionen Stück. Damit läge man laut ZIV genau im Schnitt des vergangenen Jahrzehnts. Die E-Bike-Verkäufe zeigen sich bislang stabil, während das klassische, unmotorisierte Fahrrad deutlich unter dem Vorjahr liegt. Das klingt eigentlich wie ein großartiges Jahr für die Fahrradwirtschaft: Gute Stückzahlen bei höherem E-Bike-Anteil bedeutet gewöhnlich ein deutliches Umsatzplus übers Jahr (wenn man mal von Rabatten absieht) – wenn, ja wenn nicht diese grässliche Warenkrise noch über der Branche liegen würde und mit der fehlenden Liquidität auch die Lebenslust der Radwirtschaft belastet. So wurde in Frankfurt klar, dass die Fahrradwelt in der sehr speziellen Situation ist, dass ihr Produkt nach wie vor uneingeschränkt begehrt ist, die ganz gute Laune sich aber nicht einstellen mag, weil es zu viel von diesem Produkt gibt. Das war eine der Einsichten der Woche auf der Eurobike: Diese Problematik wird sich vermutlich doch erst über das Jahr 2025 auflösen und nicht schon zum Jahresende 2024. Es gibt einige Stimmen, die das Jahr 2026 nennen, bis das Thema endgültig zu den Akten gelegt werden kann. Es droht also eine noch längere Durststrecke für manches Unternehmen, das lieber früher als später neue Aufträge in den Büchern hätte.

Hoffnungsbringer bleibt in dieser Lage das Leasing-Geschäft, das bereits jetzt für ein Viertel des Neuverkaufs verantwortlich ist. Die Studie zu diesem Thema von Zukunft Fahrrad und EY zeigt immer noch großes Potenzial auf. Dieser Markttreiber allein könnte also vieles ausbügeln, was an der Warenfront noch schiefläuft. Obwohl das Bike-Leasing nun schon seit einer Weile höchste Bedeutung hat, kann man immer noch darüber staunen, wie komplett dieser Bereich den Markt umgekrempelt hat.

Die Produktneuheiten der Fahrradbranche sind seit jeher ein Magnet für Fachbesucher und Publikum. Daneben hat die Eurobike noch viel mehr Fahrrad-Input zu bieten.

Nach Frankfurt fährt man aber nicht nur wegen des Branchentalks, sondern auch wegen der Produktneuheiten. Nirgendwo sonst verbindet sich die Möglichkeit, einen (angesichts der Menge) relativ schnellen Überblick zu gewinnen mit der Option, die spannendsten Produkte auch gleich auszuprobieren. An den Neuheiten zeigt sich, dass die Evolution des Fahrrads immer noch weiter voranschreitet. Die Entwicklung steht nicht still und stand auch nie still. Die verschiedenen Fahrradmarken haben heute noch mehr Möglichkeiten, sich zu differenzieren, wie die nochmals gewachsene Vielfalt an Antrieben, Komponenten und Design­optionen zeigt. Gleichzeitig bleibt es eine herausfordernde Aufgabe, die richtige Positionierung im Markt zu finden. Eher ist sie noch schwieriger geworden: An gewissen Marken-Maßstäben muss man sich messen lassen, und hier hängt die Latte in diesem Jahr ausgesprochen hoch. Die ganz großen Markennamen wollen die aktuelle Situation für sich nutzen und blasen für nächstes Jahr zum Angriff. Alles läuft auf eine weitere Marktkonzentration hinaus. Wie dieser Kampf um Marktanteile ausgehen wird, werden schon die nächsten Monate zeigen.

Konzept überzeugt, Zuspruch steigt

Dass das Fahrrad ein spannendes Thema ist und bleibt, zeigt sich nicht zuletzt an den Besucherzahlen auf der Eurobike. Diese sind nochmals gestiegen, was eine erfreuliche Entwicklung für die Messemacher darstellt. 35.080 Fachbesucherinnen und Fachbesucher (34.750 im Vorjahr) und 33.090 Endverbraucher (31.840 in 2023) sind vielleicht nicht der ganz große Sprung nach vorne, aber belegen doch, dass die Messe nichts an Anziehungskraft für die Branche verloren hat und gleichzeitig in ihrem Einzugsgebiet nun immer mehr Fahrradenthusiasten auf das Messegelände locken kann. Auf diesen Zahlen lässt sich aufbauen. Ein größerer Wermutstropfen dürfte sein, dass die beiden Verbände Bico und ZEG ihre Jahresversammlungen nächstes Jahr nicht mehr in Frankfurt abhalten werden. Es bleibt zu hoffen, dass deren Händler dennoch den Weg zur Eurobike auf sich nehmen werden.
Die nächste Eurobike findet eine Woche früher statt als in diesem Jahr. Vom 25. bis 29. Juni 2025 laden die Veranstalter zur nächsten Ausgabe der größten Fahrradmesse der Welt. »Während wir in diesem Jahr mit der Fußball-Europameisterschaft, dem US-Nationalfeiertag und weiteren Großereignissen wie der Tour de France konkurrieren mussten, kehren wir 2025 wieder zu unserem etablierten Juni-Terminslot zurück«, erklärt Veranstalter Stefan Reisinger. Am grundsätzlichen Konzept wird er eher weniger arbeiten müssen. Die Eurobike hat zu einer überzeugenden Form in Frankfurt gefunden. //

16. August 2024 von Daniel Hrkac

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