Report - Venture Capital
Wagnisse in der Finanzierung
Neben einer Geschäftsidee steht am Anfang einer Unternehmensgründung meistens auch die Frage der Finanzierung im Vordergrund. Je nach Geschäftsmodell müssen teilweise schon mit der Firmengründung hohe Investitionen getätigt werden, bevor diesen Kosten entsprechende Umsätze entgegenstehen. An dieser Stelle sind die jungen Unternehmen auf Kapitalspritzen von Investoren angewiesen, die in vielen Fällen aus dem Bereich Venture Capital kommen. In der Fahrradbranche spielen jedoch gerade diese professionellen Kapitalgeber mit wenigen Ausnahmen meist noch eine geringe Rolle. Dafür gibt es durchaus gute Gründe.
Marktforschung am Anfang
Zur Finanzplanung eines Start-ups gehört es, am Anfang nicht gleich zu hohe Kosten zu verursachen. »Geld sinnvoll einzusetzen und zu sparen, ist gerade zu Beginn essentiell«, sagt Egbert Hünewaldt, der mit seinem Unternehmen Green Business Development nachhaltige Start-ups berät. In der sogenannten Seed-Phase sei deshalb Marktforschung wichtig, um herauszufinden, ob sich die Umsetzung der Unternehmensidee überhaupt lohnt. Für die Finanzierung würden in dieser Phase meist noch die Gründer selbst sowie ihr persönliches Umfeld sorgen, im Fachjargon als »Friends, Family & Fools« beschrieben.
Als nächsten Finanzierungsschritt empfiehlt Hünewaldt Crowdfunding. Anders als beim Crowdinvesting erhalten hier die Geldgeber als Gegenleistung nicht ihr Geld verzinst zurück, sondern beispielsweise die Produkte des jungen Unternehmens zum Vorzugspreis. Für die Start-ups ist das ein guter Markttest und erzeugt eine gewisse Öffentlichkeitswirkung. Bei Business Angels, die ebenfalls auf diese frühe Gründungsphase (»Early Stage«) spezialisiert sind, gibt Hünewaldt zu bedenken, dass hier meistens eine intensive und oft langwierige Verhandlung über Unternehmensanteile als Gegenleistung zu führen sei. Venture Capital kann dann ein nächster Finanzierungsschritt sein (siehe Abbildung).
Fahrrad-Start-ups wachsen oft auch organisch
Zu den bisher wenigen Fahrrad-Start-ups, die erfolgreich Venture Capital eingesammelt haben, gehört der Münchener E-Bike-Antriebshersteller Fazua. Mitgründer und Finanzchef Fabian Reuter kann sich durchaus erklären, warum sein Unternehmen eher die Ausnahme als die Regel ist. »In der Fahrradbranche ist es möglich, langsam und organisch zu wachsen«, sagt Reuter. So seien Kapitalspritzen nicht unbedingt notwendig. »Bei Antrieben kann das nicht funktionieren«, schränkt Reuter ein. Hier fallen hohe Investitionen schon für die Entwicklung an.
Bevor man sich als junges Unternehmen auf die Suche nach Geldgebern mache, gelte es, eine Grundsatzentscheidung zu treffen. »Die Gründer müssen bereit sein, Anteile abzugeben«, so Reuter. Bei Fazua war das der Fall. Bereits in einer frühen Phase gelang es, einen höheren sechsstelligen Betrag einzusammeln. Angeführt wurde diese sogenannte Seed-Finanzierungsrunde vom teils öffentlich finanzierten High-Tech Gründerfonds (HTGF) und der BayernKapital, die spezielle Programme für sehr junge Unternehmen anbieten.
Zu den Voraussetzungen, die Fazua dafür erfüllen musste, gehörte, neben dem HTGF und der BayernKapital einen weiteren Business Angel an Bord zu holen. In der jüngsten Finanzierungsrunde, die zu Beginn dieses Jahres abgeschlossen wurde, konnte Fazua die stolze Summe von 6,5 Mio. Euro einwerben. Zu den bestehenden Investoren, die in der Zwischenzeit um weitere Business Angels angewachsen war, kam Unternehmer-TUM Venture Capital Partners (UVC Partners) hinzu. Dabei handelt es sich um den Venture-Capital-Zweig von Unternehmer-TUM, einem Ableger der Technischen Universität München, der von der BMW-Großaktionärin Susanne Klatten gegründet wurde.
Solide Investoren
euter zusammen. Schließlich stehen hinter allen VC-Investoren von Fazua – in verschiedenen Konstellationen – öffentliche Körperschaften. Das gilt ebenso für die Beteiligungs-Managementgesellschaft Hessen (BMH), die bereits seit 2015 das zwei Jahre zuvor gegründete Kasseler Start-up Sminno unterstützt, das Freisprechanlagen für Fahrräder entwickelt. Der estnisch-deutsche Anbieter von Konnektivitätslösungen fürs Fahrrad, Comodule, erhielt ebenfalls im Jahr 2015 eine Seed-Finanzierung durch den HTGF.
Allerdings stünden auch solche Investoren natürlich nicht automatisch immer Schlange. »Die Idee muss überzeugen«, sagt Fazua-Gründer Reuter. Außerdem sei es hilfreich, wenn ein funktionierendes A-Muster vorliegt. Läuft dann die Produktion an, relativiere sich die beeindruckend klingende Summe von 6,5 Mio. Euro schnell. Beim Teileeinkauf werden gewaltige Summen bewegt, berichtet Reuter. Hier würden normalerweise Bankkredite ins Spiel kommen. Banken finanzieren in den meisten Fällen jedoch nur Unternehmen, die bereits seit längerer Zeit profitabel sind. Dies ist bei jungen Unternehmen in der Regel nicht der Fall. »Fremdkapital zur Finanzierung des Warenlagers ist für ein produzierendes Jung-Unternehmen sicherlich ein weiterer wichtiger Meilenstein, aber wir sind, was das angeht, auf dem richtigen Weg«, sagt Reuter.
VC setzt andere Schwerpunkte
Dass Venture Capital in der Fahrradbranche wenig verbreitet ist, liegt nicht nur an den Geschäftsmodellen und Unternehmensphilosophien vieler Start-ups, auch auf Seiten der Investoren steht die Fahrradbranche nicht unbedingt an erster Stelle. Venture-Capital-Geber erwerben ebenso wie Business Angels Unternehmensanteile. Sie haben zudem ein hohes Risikobewusstsein. »VC-Firmen wollen Performance sehen«, sagt Start-up-Experte Hünewaldt. Fahrrad-Start-ups, die ja im Allgemeinen Hardware anbieten, wachsen typischerweise stetig und nicht exponentiell, wie es beispielsweise bei E-Commerce-Plattformen möglich ist.
Es existieren keine Venture-Capital-Unternehmen, die sich auf die Fahrradbranche spezialisiert hätten. Eine solche extreme Fokussierung wäre auch unüblich. Einige VC-Geber setzen aber durchaus ihren Schwerpunkt auf Umwelt- und Nachhaltigkeitsthemen, berichtet Hünewaldt. Für sie sei die Fahrradbranche ein mögliches Betä-tigungsfeld, wie prinzipiell jedes erfolgversprechende Geschäftsmodell mit exponentiellen Wachstumsaussichten.
Benjamin Heimlich, Chefredakteur des »VentureCapital Magazins«, sieht den Fokus der Finanzinvestoren ebenfalls nicht unbedingt auf klassischer Industrie wie der Fahrradherstellung: »Die meisten VCs, insbesondere in der DACH-Region, investieren lieber in digitale Geschäftsmodelle, weil diese sich einfacher skalieren lassen und in der Regel günstiger zu finanzieren sind als Hardware-Start-ups.« Venture-Capital-Gesellschaften, die in Hardware-Unternehmen investieren, seien meist auf bestimmte Sektoren fokussiert (z.B. Cleantech), so Heimlich.
Zu den Schwerpunktthemen, in die UVC Partners nach eigener Darstellung investiert, gehören u.a. Produktionstechnologien und Mobilität. Antriebshersteller Fazua passt in diese Kategorien. Benjamin Erhart ist bei UVC Partners als Partner u.a. für das Investment bei Fazua zuständig. »Das Potenzial in der Fahrradindustrie und leichten Elektromobilität ist sehr groß, weil die Innovationskraft immens ist«, zeigt sich Erhart überzeugt. Allerdings fehle es teilweise noch an der Bereitschaft von etablierten Unternehmen der Fahrradindustrie, sich intensiver mit Start-ups und deren Innovationen zu beschäftigen. Das sei jedoch für VC-Investoren als Ausstiegsoption entscheidend. »Der Markt muss als Ökosystem noch wachsen«, sagt Erhart. Sobald es den einen oder anderen erfolgreichen Exit gebe, würde das die Fahrradbranche auch für weitere VC-Investoren interessant machen. »Für mehr Venture Capital braucht es mehr Käufer«, lautet Erharts Fazit.
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