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Prüfstand bei EFBe
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Dem Überlast-Bruch auf der Spur:

EFBe führt neue Prüfmethode für Carbon-Rahmen ein

Seit im vergangenen Jahr der Carbon-Rahmen eines Mountainbikes der Winora-Marke Hai bei einem Rennen unvermittelt in der Mitte auseinander brach, ist die Diskussion über die Sicherheit des Werkstoffs wieder neu aufgeflammt. Vor allem, dass hier ein als seriös geltender Anbieter betroffen war, der seine Rahmen zudem ausgiebig hatte testen lassen, fachte die Diskussionen an. Auch die Betreiber von Prüfinstituten brachte der Fall ins Grübeln, schließlich stellte der fatale Bruch eines eigentlich geprüften Rahmens auch ihre Arbeit in Frage. Manfred Otto hat mit seinem Prüfinstitut EFBe nun ein Verfahren vorgestellt, das eine bessere Bewertung des Bruchverhaltens in Extrem-Situationen verspricht.

Der Fehler, der im vergangenen Sommer zum totalen Versagen des Hai-Rahmens führte, war schnell gefunden. Vereinfacht ausgedrückt war der Rahmen schlicht zu steif ausgelegt, die Folge war der schlagartige Bruch in einer Überlastsituation. Den Prüfern solcher Rahmen hatte der Fall vor Augen geführt, dass ihre bisherigen Prüfmethoden diesem Bruchverhalten nicht gerecht werden. Bisher untersuchten die Prüfinstitute vor allem, wie (bruch-)sicher ein Rahmen nach vielen tausend Lastwechseln noch ist. Und damit hätten auch die wenigsten Carbon-Rahmen Probleme, wie Otto im Gespräch mit velobiz.de erklärt: „Tendenziell ist es so, dass bei Alurahmen eher die Materialermüdung problematisch ist, während Carbon-Rahmen eher auf Überlast empfindlich reagieren.“

Um dieser Eigenheit des Werkstoff Carbons künftig bei Tests besser auf die Schliche zu kommen, hat EFBe in den vergangenen Monaten ein neues Prüfverfahren entwickelt, das nun der Branche vorgestellt wurde. Dabei werden zwei Fahrsituation auf dem Prüfstand simuliert: eine beidseitige Pedalbelastung, wie sie etwa bei einem Sprung auftritt, und eine einseitige Pedalbelastung.

Bei beiden Prüfungen werden jeweils zwei Lasten einmalig in den Rahmen eingeleitet: eine Maximallast und eine Überlast, deren Werte an Messfahrrädern in entsprechenden Fahrsituationen ermittelt wurden.

Bei der beidseitigen Pedalbelastung beträgt die Maximallast 4500 N, danach wird der Rahmen im Überlastversuch noch mit 6000 N geprüft. Das entspricht vereinfacht ausgedrückt einem Gewicht von rund 600 kg und stellt Werte dar, die sich laut Otto im Grenzbereich von Missbrauch und Unfallsituationen bewegen würden. Der Rahmen darf sich bei dieser extremen Belastung zwar verformen und Risse bekommen, er darf jedoch nicht vollständig versagen.

Bei neun Rahmen, die bei der Entwicklung der Prüfmethode bereits nach diesen Werten getestet wurden, bestanden alle Rahmen die Maximallast, lediglich ein Rahmen, ein leichter MTB-Rahmen mit 1153 g, versagte beim Überlastversuch. Allerdings waren auch noch leichtere Rahmen im Test vertreten, womit gezeigt worden sei, dass niedriges Gewicht nicht zwangsweise mit erhöhter Bruchgefahr gleichgesetzt werden könne.

Ebenfalls nur wenige Ausfälle gab es bei der Prüfung mit einseitiger Pedalbelastung. Getestet wurde hier mit 2300 N Maximallast und 2850 N Überlast. Solche Werte können beispielsweise beim extremen Wiegetritt auftreten oder wenn jemand im Stand mit dem Fuß und mit hoher Kraft das Tretlager durchbiegt. Für die Stabilität des Rahmens seien solche Belastungen deutlich gefährlicher, da hier im Gegensatz zur beidseitigen Belastung höhere Torsions- und Biegekräfte auf den Rahmen wirken. Von 13 Prüflingen, die dieser Prüfmethode unterzogen wurden, haben alle Rahmen die Belastung mit Maximallast bestanden. Bei der Überlastprüfung versagten zwar zwei Rahmen, allerdings war bei einem Rahmen der Bruch "gutmütig".

Übrigens wurden danach auch noch zwei Exemplare des inzwischen zurückgerufenen Hai-Rahmens auf den Prüfstand geschraubt. Beide Rahmen versagten im Test, während das überarbeitete 2008er Modell die Prüfung klaglos bestand.

Die neuen Rahmenprüfungen werden ab sofort von EFBe als Dienstleistung angeboten. Zudem müssen alle Carbon-Rahmen, die nun künftig mit dem EFBe-Prüfsiegel zertifiziert werden sollen, diese neuen Tests neben den Ermüdungsprüfungen über sich ergehen lassen.

18. Januar 2008 von Markus Fritsch

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