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Elektronik und Mobilität sind traditionelle Betätigungsfelder der Robert Bosch GmbH. Unter der Leitung von Rainer Jeske überträgt der Elektronikriese seine Kompetenzen nun auch auf den Fahrradmarkt.
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Zielsetzung Technologieführerschaft:

Bosch-Antrieb kurz vor Markteinführung: "Wir sind einen deutlichen Schritt weiter"

Als sich im vergangenen Winter die Gerüchte über die bevorstehende Premiere eines E-Bike-Antriebs von Bosch verdichteten, elektrisierte das nicht wenige Marktteilnehmer. Handel und Hersteller freuten sich auf einen kompetenten neuen Technologie-Lieferanten in einem boomenden Markt. Einige Monate später auf der Eurobike konnten dann die ersten E-Bikes mit Bosch-Antrieb getestet werden. In die anfängliche Euphorie mischen sich seitdem auch kritische Stimmen, die der drehmomentstarken Bosch-Maschine diverse Probleme nachsagen. Was davon entspricht den Tatsachen, wollte velobiz.de im nachfolgenden Interview von Rainer Jeske, dem Chef-E-Biker bei Bosch, wissen.

{b}velobiz.de: Herr Jeske, im Frühjahr gab es die ersten Gerüchte zum Antriebssystem von Bosch, auf der Eurobike dann die ersten fahrbaren E-Bike-Modelle. Wie sieht denn ihr weiterer Fahrplan bei der Markteinführung aus? Wann werden die ersten E-Bikes mit Bosch-Antrieb im Fachhandel sein? {/b}

Rainer Jeske: Wir bekamen auf der Eurobike eine sehr positive Resonanz auf unser Antriebssystem. Natürlich war bei den dort gezeigten Vorserienmodellen noch nicht alles auf einem technisch neuesten Stand. Auch aufgrund des Feedbacks der Kunden auf der Messe haben wir beispielsweise noch das Display überarbeitet und die Haptik verbessert. Mit der Markteinführung sind wir voll im Plan. Mitte des Monats wird bei uns die Serienproduktion anlaufen. Die ersten Systeme aus der Serienproduktion werden dann ab Februar an E-Bike-Hersteller ausgeliefert.

{b}velobiz.de: Was schätzen Sie, wie lange es dann noch dauern wird, bis es die ersten Bosch-E-Bikes im Handel zu kaufen gibt? {/b}

Rainer Jeske: Das hängt davon ab, wie schnell die verschiedenen E-Bike-Anbieter ihre Modelle fertigen. Nach derzeitigem Stand sind es 14 Marken, die E-Bikes mit Bosch-Antrieb anbieten werden. Ich schätze, dass ab Ende Februar die ersten Modelle in den Handel rollen.

{b}velobiz.de: Sie haben gerade schon verschiedene Modifizierungen des Systems seit der Eurobike angesprochen. Seitdem das System auf der Eurobike von der Öffentlichkeit getestet werden konnte, ranken sich die Gerüchte um die Performance des Bosch-Antriebs. Der Motor sei zu drehmomentstark und habe deshalb im Testbetrieb einige Ketten zerlegt, heißt es. Auch einige Getriebenaben hätten Probleme mit dem Bosch-System. Wie viel davon entspricht den Tatsachen? {/b}

Rainer Jeske: Zu Ihrer Frage mit den Getriebenaben: Es gab Probleme im Zusammenspiel mit verschiedenen Getriebenaben. Keine Ausfälle, aber zum Beispiel Einschränkungen bei der Schaltbarkeit. Das ist jedoch mittlerweile gelöst. Zum Thema Dauerhaltbarkeit des Bosch eBike Systems mit Nabenschaltungen haben wir in Gesprächen mit führenden Nabenherstellern die Anforderungen und Situation analysiert und bewertet. Anschließend haben wir eine Empfehlung ausgesprochen, welche Naben mit unserem Antrieb zu verwenden sind.

Es gab darüber hinaus wie zuvor erwähnt auf der Eurobike von den Testern einige Hinweise zur Bedienbarkeit des Systems, die wir mit einer Software-Änderung und einigen haptischen Verbesserungen im finalen System berücksichtigt haben. Zudem konnten wir auf der Eurobike auch noch nicht alle Fahrmodi des Systems anbieten. Die Testmodelle hatten noch nicht die Serienreife, wie wir sie jetzt erreicht haben. Inzwischen sind wir einen deutlichen Schritt weiter.

{b}velobiz.de: Welche Kriterien müssen Getriebenaben erfüllen, damit sie mit dem Bosch-Antrieb harmonisieren? {/b}

Rainer Jeske: Unser Motor hat mit 50 Nm ein vergleichsweise hohes Drehmoment. Das ist auch so gewollt, etwa für sportliche Anwendungen oder für die Anfahrfunktion. Von den bekannten Lieferanten gibt es verschiedene Getriebenaben, die damit keine Probleme haben.

{b}velobiz.de. Unabhängig von der technischen Sichtweise empfanden vor allem ungeübte E-Bike-Fahrer den Antrieb beim Testen oft als zu forsch. Ist das nur eine Frage der Abstimmung? Oder ist der Bosch-Antrieb als Power-Motor ausgelegt und somit vielleicht nicht jedermanns Sache? {/b}

Rainer Jeske: Der Bosch-Motor ist ein kraftvoller Motor, der verschiedene Bedarfsfälle mit seinen Antriebsmodi sehr gut abdeckt. Wir haben zum Beispiel einen Sport-Modus, der eine andere Charakteristik als der Tour-Modus hat. Auf der Eurobike waren diese Einstellungen noch nicht zu hundert Prozent abgestimmt.

Die Charakteristik des Antriebs ist aber natürlich auch eine Frage, wie wir uns künftig positionieren wollen. Es ist mit dem Bosch-System durchaus unser Ziel, insbesondere auch den sportlichen Markt anzusprechen. Unser Antrieb funktioniert hervorragend am Berg. Den Unterschied zu anderen Systemen spüren Sie sofort. Wir haben aber auch einige Abnehmer, die das Antriebssystem bei Modellen für die City einsetzen. Dort können wir die Charakteristik des Motors entsprechend anpassen, was aber bei den Testmodellen auf der Eurobike teilweise noch nicht genutzt wurde. Das ist inzwischen deutlich besser abgestimmt. Ganz besonders stolz sind wir jedoch auf die hohe Effizienz des Antriebs. Sie kommen zum Beispiel mit unserer 8Ah Batterie deutlich weiter als mit einer 16Ah Batterie der Wettbewerber - und das gilt für alle Modelle gleichermaßen.

{b}velobiz.de: War diese Positionierung – eher Porsche als Volkswagen – von Ihnen so gewollt? {/b}

Rainer Jeske: Unser Anspruch ist durchaus, mit dem Antrieb Performance und Technologieführerschaft abzubilden. Performance bedeutet gerade Reichweite durch effiziente Nutzung der Energie. Dieser Anspruch lässt sich in allen Bereichen anwenden, egal ob das City oder Mountainbike ist. Insofern sehen wir uns durchaus auch in der Breite des Marktes positioniert.

{b}velobiz.de: Welchen Marktanteil erwarten Sie für Ihr System in den nächsten Jahren? {/b}

Rainer Jeske: Unser Ziel sind mindestens 20 % Marktanteil in Europa. Und da sind wir auf einem guten Weg.

{b}velobiz.de: Wie könnte künftig eine mögliche Diversifizierung Ihres Antriebssystems aussehen? Oder anders gefragt: Womit kann der Fahrradmarkt in den nächsten Jahren aus Ihrer Abteilung noch rechnen? {/b}

Rainer Jeske: Wir haben noch einiges in Petto. Zum Beispiel Projekte für ein vollständiges Antriebssystem, also über die bisherigen Komponenten hinaus. Auch bei der Energieeffizienz gibt es noch einige Ansätze für Verbesserungen. Den Quantensprung sozusagen werden wir erst mit der übernächsten Generation darstellen. Mehr möchte ich an dieser Stelle noch nicht verraten.

{b}velobiz.de: Wird es denn beim Mittelmotor bleiben? Oder sind auch noch andere Varianten denkbar? {/b}

Rainer Jeske: Der Mittelmotor ist für uns die sinnvollste Bauweise weil er die Fahreigenschaften des Fahrrads kaum beeinträchtigt. Er wird deshalb unser Kernprodukt bleiben. Aber wir schauen uns natürlich auch andere Lösungen an.

{b}velobiz.de: Vielen Dank für dieses Gespräch.{/b}

Das Interview mit Rainer Jeske führte Markus Fritsch.

8. Dezember 2010 von Markus Fritsch

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