RadMarkt-Forum im Rahmen der Ifma:
Branche diskutiert über Aufgabe und Wirkung von Fahrradtests
Subjektive Wahrnehmung
Wie unterschiedlich man an Fahrradtests herangehen kann, wurde an den Ausführungen von Hans-Heinrich Pardey und Dr. Holger Brackemann deutlich. Pardey setzt auf „subjektive Wahrnehmung“ und nicht auf Vergleiche. 500 bis 1000 Kilometer pro Rad kommen zusammen, bis er seine persönlichen Eindrücke über das „getestete“ Fahrrad niederschreibt. „Ich schreibe für Leute die meist mit Radfahren wenig zu tun haben“, so Pardey. So stehen bei seinen Berichten der praktische Eindruck im Vordergrund, die Funktionalität und das Erlebnis Fahrrad. Von der vorhandenen „Testeritis“ mit Noten im Kommabereich und Produkt- und Kaufempfehlungen hält Pardey wenig: „Die Leser werden doch erheblich verunsichert“.
Objektive Raduntersuchung
Eine völlig andere Sichtweise hat hier die Stiftung Warentest mit ihren Fahrradtests. Ziel sei eindeutig, so Dr. Holger Brackemann, eine objektive statt einer subjektiven Raduntersuchung. Das beginne schon damit, dass die Räder im Handel gekauft und nicht von den Herstellern zu Verfügung gestellt werden. Die Tests würden zudem nach wissenschaftlichen Methoden durchgeführt. Dazu gehören praktische Prüfungen mit Testfahrern, aber auch die Tests auf den Prüfständen. Fahrräder seien für die Stiftung Warentest und deren Zeitschrift „test“ ein durchaus wichtiges Segment, das im Vergleich zu anderen Produktgruppen ein „mittleres Interesse“ entfache.
Angesichts der oft schlechten Testresultate bei Fahrrädern stelle sich für Brackemann die Frage: „Hat sich jemand das fertige Produkt angesehen?“. Als aktuelles Beispiel für mangelnde Sorgfalt in der Spezifizierung von Fahrrädern nannte er das schwache Abschneiden des Cityrads mit der neuen Nuvinci-Nabe, wo zwar deren neue Schaltungstechnik durchaus gefallen habe, die verbauten Bremsen sich jedoch als viel zu schwach erwiesen.
Eine Erklärung für Qualitätsprobleme in der Fahrradbranche sieht Brackemann aber auch in den schnellen Modellzyklen. Hier würde der Branche eine „Entschleunigung“ gut tun, was letztendlich auch beim Verbraucher zu einer klareren Sicht im Test-Dschungel führen würde.
Industrie testet auf hohem Niveau
Ralf Puslat hielt hier entgegen, dass die Industrie durchaus auf hohem Niveau teste. Der Puky-Chef bemängelte zudem die unzureichende Kommunikation zwischen Testern und Industrie und sprach von „zerstörende Prüfungen, die realitätsfremd sind“. Ein weiterer Punkt, den Puslat kritisierte, ist die redaktionelle Aufarbeitung der Testergebnisse mit reißerischen Überschriften wie z.B. „Kinderfeindliche Räder“. Gefährlich sei seiner Meinung auch, wenn ausführliche Tests in den Medien nur stark komprimiert wiedergegeben würden. Dies würde zu irreführenden Aussagen führen.
Handel kann Orientierungshilfe bieten
Der Fachhändler vor Ort sei dann derjenige, der die Reaktionen der Verbraucher hautnah erlebe. „Wir können dem Kunden Orientierungshilfe bieten, müssen aber oft mit den Auswirkungen von Testberichten leben“, so Albert Herresthal stellvertretend für den Handel. An dieser Stelle stimmte Herresthal auch Puky-Chef Puslat zu: Ihm fehle ein positiver Grundtenor bei den Testberichten, stattdessen werde das Negative herausgepickt und dem Fahrrad Attribute wie „gefährlich“ oder „anfällig“ zugeschrieben. Solche Testberichte würden die Verunsicherung beim Konsumenten verstärken.
Für Journalist Pardey gibt es hier für Industrie und Handel einen Ausweg: „Investieren Sie gemeinsam in Kommunikation, leisten Sie verstärkt in den Redaktionen Aufklärung und Fortbildung, so dass sich das Thema Fahrrad als Medienthema etabliert“, so sein Aufruf.
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