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Dahon feierte jüngst das 25. Firmenjubiläum.
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Vordenker und Vorreiter seit 25 Jahren

David Hon: Der Raketenbauer, der das Faltrad entdeckte

„From vision to reality“ – diese amerikanische Redewendung mag schon etwas abgenutzt klingen, doch für kaum ein Unternehmen in der Fahrradbranche ist sie so zutreffend wie für Dahon. Die Entstehungsgeschichte des Unternehmens hört sich fast zu gut an, um wahr zu sein: Ein Raketenwissenschaftler erlebt während der Ölkrise eine fahrradtechnische Erleuchtung, erfindet daraufhin ein cleveres Faltrad und feierte nun jüngst das 25. Jubiläum seines Unternehmens als weltweit führender Faltrad-Hersteller. Velobiz.de hat dies zum Anlass genommen, einen Blick hinter die Kulissen von Dahon zu werfen.

Dahon feierte jüngst das 25. Firmenjubiläum.Family-Business: Joshua Hon und seine Eltern Florence und Dr. David Hon mit dem ersten Dahon-Modell.Shenzhen ist inzwischen eines der Zentren der weltweiten Aktivitäten von Dahon.Dr. Hon zählt in China zu den Vordenkern. Hier zeigt er ein Modell für ein geplantes Werk, dass nach ökologischen und energieeffizienten Gesichtspunkten geplant wurde. Zudem sollen hier innovative Fertigungsabläufe eingeführt werden.

Wahrscheinlich muss man wie Dr. David Hon im beengten Hong Kong aufgewachsen sein, um schon als junger Mann davon überzeugt zu sein, dass sich faltbare Fahrräder dereinst als Lösung für die Mobilitätsprobleme der Welt anbieten werden. Dabei nahm die Karriere des Physikers zunächst eine ganz andere Richtung: In den Sechziger und Siebziger Jahren war Hon ein gefragter Wissenschaftler, der in den USA beim Luft- und Raumfahrt-Konzern Hughes Laser-Technologien entwickelte, die u.a. beim Space Shuttle und für militärische Raketen verwendet wurden.

Doch eines Tages machte es Klick im Kopf des Physikers. Es war, so die Erzählung, während der Ölkrise, als Hon mit seinem Auto in der Warteschlange vor einer Tankstelle stand und feststellte: So kann es nicht weitergehen. Vielleicht hängt es mit dem analytischen Geist eines Physikers zusammen, dass Hon die Abhängigkeit vom Öl schon zu einer Zeit als großes Problem identifizierte, als der überwiegende Rest der Menschheit noch glaubte, das schwarze Gold werde bis in alle Ewigkeit sprudeln.

Hon suchte eine Alternative zum Auto und entdeckte dabei das Gefährt aus seiner Jugend wieder: das Fahrrad, das er fortan in Los Angeles regelmäßig als Verkehrsmittel nutzen wollte. Doch wer Los Angeles kennt, weiß, dass die Sache einen Haken hatte: Bei den innerstädtischen Entfernungen von oft über 50 Kilometern, war das Fahrrad nicht brauchbar. Zumindest nicht als einziges Verkehrsmittel. Hon überlegte deshalb, wie man das Fahrrad mit anderen energieeffizienten Verkehrsmitteln, also zum Beispiel Zügen und Bussen, kombinieren könnte. Das Ergebnis waren faltbare Fahrräder.

Aus der Idee wurde Unternehmertum

Neben seiner Tätigkeit bei Hughes begann Hon, Falträder zu entwickeln. Nach mehreren Dutzend mehr oder minder gelungenen Prototypen entstand schließlich 1982 der Urvater aller nachfolgenden Dahon-Modelle mit dem typischen seitlichen Faltmechanismus. Die zum Patent angemeldete Konstruktion wurde weltweit den wichtigsten Fahrradherstellern zur Lizenzfertigung angeboten - aber, man mag es bereits erahnen, es fand sich kein Unternehmen, das die Erfindung Hons nutzen wollte.

Manch anderer hätte in dieser Situation seine Idee in die Tonne getreten und sich mit seinem Job als Laser-Wissenschaftler begnügt. Hon jedoch entschied sich für einen anderen Weg: Er kündigte seinen Job bei Hughes, kratzte drei Millionen US-Dollar Startkapital zusammen und wanderte nach Taiwan aus, das damals noch eine Insel mit Militärdiktatur und nur mäßigem Wohlstand für die Bevölkerung war.

Heute, 25 Jahre und drei Millionen Dahon-Fahrräder später, ist das Unternehmen des Dr. Hon kaum mehr aus der Fahrradbranche weg zu denken. Die Vision, dass faltbare Fahrräder eines Tages das Automobil aus europäischen Metropolen verdrängen werden, wird selbst innerhalb der Fahrradbranche noch belächelt, dabei ist sie beispielsweise in London längst Realität. Der Autoverkehr wurde dort mit der Congestion Charge aus der Innenstadt weitgehend verbannt. Die Menschen dort haben sich mit der neuen Situation schnell arrangiert, unter anderem indem sie ihr Auto außerhalb der Innenstadt stehen lassen und aufs mitgebrachte Faltrad umsteigen. Dahon verzeichnete 2007 übrigens das sechste Jahr in Folge ein Wachstum von über 20 %.

Melange der Kulturen

Einiges hat sich in den vergangenen 25 Jahren bei Dahon verändert. Manches nicht. Noch immer wird das Unternehmen vom Wunsch getrieben, eine bessere Welt zu schaffen. Vor zwei Jahren wurde beispielsweise ein Aktionsplan verfasst, um der erste CO²-neutrale Fahrradhersteller der Welt zu werden. Messestände von Dahon bestehen seitdem zum Beispiel aus recycelten Materialien. Und in einer neu geplanten Dahon-Fabrik wird das Licht aus Solar-Dächern gespeist werden.

Und noch immer weht ein kalifornischer Geist durch das Unternehmen. Daran hat auch Dr. Hons Sohn Joshua großen Anteil. Der Vierzigjährige ist in den USA geboren und aufgewachsen, lebt erst seit Mitte der Neunziger Jahre in Taiwans Hauptstadt Taipeh und verantwortet in dem Familienunternehmen weltweit Vertrieb und Marketing. Wer sich mit den Strukturen der Familie Hon beschäftigt, stößt dabei übrigens auf eine interessante und zugleich sehr sympathische Melange aus taiwanischem Unternehmergeist, kalifornischem Lebensstil, aber auch einer traditionellen chinesischen Familienstruktur mit einem unumstrittenen Patriarchen an der Spitze.

Doch Dahon ist gleichzeitig ein Unternehmen, das sich neuen Situationen in der Branche immer rasch angepasst hat. So war das kalifornisch-taiwanische Unternehmen einer der ersten Fahrradhersteller, der einen Teil seiner Produktion auf das chinesische Festland verlagert hat, damals noch in die portugiesische Kolonie Macao. Später war Dahon einer der ersten Fahrradhersteller, der sich in der Sonderwirtschaftszone Shenzhen ansiedelte.

Die chinesische 12-Millionen-Einwohner-Stadt, die in den vergangenen Jahren im Hinterland von Hong Kong förmlich aus dem Boden schoss, bildet heute einen Mittelpunkt des weltweit verzweigten Faltradherstellers. Hier lebt und arbeitet Dr. Hon die meiste Zeit des Jahres, während der weltweite Vertrieb, Design und das Marketing weiterhin in Taipeh unter der Regie von Joshua Hon angesiedelt sind.

In den Achtziger Jahren war Hon in Taiwan in vielen Dingen ein Vorreiter und Vordenker. In China ist Hon wieder in diese Rolle geschlüpft. Ein Vorreiter ist er etwa als Humanist, der seine Mitarbeiter zum Sport animiert und ihnen Zulagen zahlt, wenn sie ihre Kinder zu sich holen (statt sie wie in chinesischen Arbeiterfamilien meist üblich bei Verwandten im Hinterland zu lassen).

Nicht ohne Stolz verweist Hon auch darauf, dass Dahon in China das einzige ausländische Unternehmen und zudem auch der einzige Fahrradhersteller ist, dem vom Staat der sogenannte High-Tech-Status gebilligt wurde. Damit einher gehen Steuererleichterungen und staatliche Unterstützung bei der Forschung.

Der High-Tech-Status ist nicht nur ein hübscher Schriftzug an der Fassade: Hinter vorgehaltener Hand bekommt man bei Dahon viele neue Ideen aus den Entwicklungsabteilungen zu sehen. Neue Rahmenmaterialien, neue Anwendungen von Fahrradtechnik, neue Elektroantriebe. Doch in die Kamera halten, möchte man (noch) keine dieser Ideen. Der Schutz geistigen Eigentums ist in China ein heikles Thema – auch das übrigens ist ein Gebiet auf dem sich Dr. Hon für einen Wandel engagiert.

Eckdaten zu Dahon

Dahon hat zum 25. Jubiläum ein Fact-Sheet mit den wichtigsten Unternehmensdaten zusammengestellt, dass Sie hier donwloaden können: Dahon Corporate Fact Sheet 2008.pdf

16. April 2008 von Markus Fritsch

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