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Business Navigator - Personaleinsatz

Der Faktor Mensch

Der größte Kostenblock in einem Fahrradladen ist das Personal. Entsprechend lohnend ist es, die eigene Personalplanung genau im Blick zu haben und das Personal optimal einzusetzen. Dafür braucht es die passenden Daten, wie sie der Business Navigator liefert.

Die Erfassung der Personalkosten beginnt mit einer funktionierenden Zeiterfassung. Das eine ist, dabei die reinen Stunden zu zählen, die jemand im Betrieb tätig ist, das andere ist eine qualifizierte Zeiterfassung, bei der zwischen verschiedenen Tätigkeiten unterschieden wird. Ob jemand im Verkauf, in der Werkstatt oder der Verwaltung arbeitet, macht für aussagekräftige Analysen einen großen Unterschied. »Man kann ohne qualifizierte Zeiterfassung die Prozesse nur bedingt verbessern«, erklärt VSF-Geschäftsführer Uwe Wöll.
In der Folge gilt es, die eigenen Personalkosten zu ermitteln. Das ist recht unkompliziert, wie Lübeck erklärt. »In der BWA [betriebswirtschaftliche Auswertung] stehen die eigenen Personalkosten. Diese setzt man dann ins Verhältnis zum Umsatz und erhält eine Prozentangabe.«
Und was ist denn nun ein guter Wert, wenn es um die Personalkosten geht? Dann wird es schnell komplex und braucht den Business Navigator. Andreas Lübeck hat in seiner Erfahrung schon verschiedenste Situationen und Werte gesehen. »Es gibt ja so etwas wie Kennzahlen-Durchschnitte«, erläutert er. »Früher sind als Durchschnitt 21 Prozent genannt worden«, ergänzt VSF-Geschäftsführer Uwe Wöll, »was darunter lag, galt als gut, darüber als schlecht.« Im Groben könne man nach wie vor mit diesem Rahmen arbeiten, stellt Lübeck fest, allerdings unterscheiden sich die Zahlen individuell von Betrieb zu Betrieb und auch zwischen den Handelsverbänden ließen sich Unterschiede ausmachen. »Bei einem klassischen, mittelgroßen ZEG-Händler liegt der Wert im Bereich von 20 Prozent. Je größer der Betrieb wird, desto geringer wird der Anteil der Personalkosten, die dann auch auf 18 oder 19 Prozent sinken können. Ein guter VSF-Händler liegt schnell bei 25 Prozent. Jenseits dieser 25 Prozent wird es in der Regel kritisch.« Aber auch nicht immer. Verwässert werden die Werte aus der Vergangenheit durch die überall und jährlich steigenden Lohnkosten. Die Inflation der letzten Jahre zusammen mit dem Fachkräftemangel insbesondere in der Werkstatt hat dazu geführt, dass das Lohnniveau in den Fahrradläden gestiegen ist. Gerade gutes Personal ist heute nicht ohne ein gutes Gehalt zu bekommen und bei entsprechender Konkurrenz womöglich auch nicht zu halten.

»Welchen Deckungsbeitrag liefert mir ein Mitarbeiter in der Werkstatt, welchen die Mitarbeiterin im Verkauf? Das ist eine entscheidende Kennziffer.«

Andreas Lübeck, Lübeck-Beratung

Auf der anderen Seite sind Personalkosten nicht automatisch immer Teufelszeug, das es unter allen Umständen zu vermeiden gilt. »Wer an dieser Stelle höher liegt, muss an anderer Stelle Sondereffekte haben«, macht Thorsten Larschow klar. Denkbar ist eine höhere Effizienz, die gutes Personal tendenziell bewirkt, oder auch ganz unabhängig vom Personalthema beispielsweise besonders geringe Raumkosten. Auch kann es eine unternehmerische Entscheidung sein, die Mitarbeitenden am Erfolg partizipieren zu lassen. Das wird dann in der Regel so gestaltet, dass die Guten mehr verdienen als die Durchschnittlichen. »Man kann aber nicht überall höher liegen und trotzdem noch ertragreich sein«, stellt Larschow fest. In der Praxis muss man sich am Ende die nackten Prozentzahlen anschauen und diese analysieren.
So kommt man an den Punkt, dass man vielleicht branchenübliche 21 Prozent Personalkosten hat und sie mit den weiteren Kosten addiert. Dazu kommen üblicherweise durchschnittliche 3 bis 3,5 Prozent Raumkosten. »Die Maximalwerte, die ich kenne, liegen bei 6 bis 7 Prozent«, erklärt Lübeck. »Alles andere liegt bei unter 3 Prozent«, sieht er, »das spielt dann nicht mehr die große Rolle«. Umso klarer wird dafür, wie wichtig das Personal in der Gesamtkalkulation ist.

Strategische Entscheidung für höhere Lohnkosten

»Bei der ganzen Diskussion um Lohnkosten ist es so, dass wir zum Beispiel schon immer eher im oberen Bereich liegen. Aber ich habe dann immer gesagt: Das wollen wir auch so«, verdeutlicht Larschow. Zum einen wolle er vergleichsweise hohe Löhne zahlen, zum anderen ist das eine strategische Entscheidung. Wenn ein Unternehmensberater oder der Steuerberater darauf hinweist, dass die Lohnkosten recht hoch seien, dann verweist er darauf, dass er das tut, um den Rohertrag zu erhöhen. Damit könne er die Lohnkosten ausgleichen oder eben an einer anderen Stelle einsparen. Damit tatsächlich der Rohertrag steigt, muss er natürlich in die richtigen Mitarbeitenden investieren. »Die dann arbeiten, müssen natürlich auch gut und effizient sein. Sie müssen das dann auch wieder reinholen, keine Rabatte geben und nicht viele Reklamationen produzieren.«
Der Business Navigator hilft dabei, die eigene Situation mit ähnlichen Unternehmen zu vergleichen. Andreas Lübeck weist aber darauf hin, dass das gar nicht so leicht ist. Kompliziert wird der Faktor Personal, wenn man auf individuelle Gesichtspunkte eingehen will. »Wenn wir über die Personalkosten für den gesamten Betrieb reden, fließen die Kosten der Werkstattmitarbeiter mit denen aus Verwaltung und Verkauf zusammen. Wenn man aber einen relativ kleinen Laden mit einer großen Werkstatt hat, dann treibt das natürlich die Personalkosten nach oben. Wenn wir zehn Betriebe wirklich realistisch vergleichen wollen, dann müssen wir darauf achten, dass sie einen ähnlichen Werkstattanteil haben.« Sonst findet man sich wieder ganz schnell beim Äpfel-Birnen-Vergleich, der im Fahrradhandel häufiger stattfindet. Wenn man völlig unterschiedliche Bereiche, Handwerk und Handel, in der Bilanz zusammenwirft, führe das zu Verwirrung statt Klarheit. Thorsten Larschow stimmt dem zu: »Ich sehe das Problem, dass die Leute loslaufen und sich vergleichen, vielleicht sogar einfach aus der BWA, und dann nicht sagen, meine Werkstatt hat 30 Prozent vom Umsatz und meine hat drei.« Dieses Bewusstsein für die Unterschiede zu schaffen, ist auch eine Fähigkeit, die über den Business Navigator geschult werden kann. Lübeck macht klar, dass diese Unterscheidung elementar ist. »Wir haben zwei völlig unterschiedliche Bereiche, die völlig unterschiedlich funktionieren, Handel und Werkstatt. Wir müssen immer darauf achten, dass wir wirklich vergleichbare Betriebe miteinander vergleichen.« Gerade an dieser Stelle, angesichts der Höhe der Personalkosten im Verhältnis zu allen anderen Kosten, ist diese Genauigkeit entscheidend.


Wenn Verkauf und Werkstatt in den gleichen Personalkostentopf geworfen werden, muss man bei Betriebsvergleichen aufpassen.

Klarer wird die Bedeutung an einem Beispiel: Wenn ein Händler einen hohen Werkstattanteil hat, kann dieser Personalkosten von 33 Prozent haben. Das ist aber in diesem Moment völlig okay, denn weil es sich um den Werkstattbetrieb handelt, hat er womöglich gleichzeitig auch einen hohen Rohertrag von über 40 Prozent. Wenn man auf Nummer sicher gehen will beim Betriebsvergleich, sollte man konsequent die Bereiche Werkstatt und Handel trennen. Dann erhält man die Chance, diese Bereiche vergleichbar zu machen. So lässt sich dann doch der große Werkstattbereich eines etwas kleineren Ladens mit der im Verhältnis zum Gesamtbetrieb kleinen Werkstatt eines größeren Ladens vergleichen – sofern sie am Ende ein ähnlich große Werkstatt haben.
Larschow macht aber klar, dass auch das Verhältnis wichtig ist: »Ich glaube, man könnte viel besser zum Beispiel einen 15-Millionen-Euro-Laden mit einem 1,5-Millionen-Euro-Laden vergleichen, wenn die Anteile der Werkstatt prozentual gleich groß wären. Also wenn beide 20 Prozent Werkstattanteil hätten, könnte man sogar die vergleichen, weil man dann sagen könnte, der große ist effizienter als der kleine Laden oder eben nicht. Aber wenn die Läden völlig unterschiedlich dastehen, also beispielsweise beide 5 Millionen Euro Umsatz machen, aber der eine hat 50 Prozent Werkstattanteil und der andere 10, dann kann man die nicht in Summe miteinander vergleichen. Das ist der entscheidende Punkt.«

Deckungsbeitrag als Kennziffer

Man kann sich dem Thema auch über den Deckungsbeitrag nähern, erläutert Lübeck. »Welchen Deckungsbeitrag liefert mir ein Mitarbeiter in der Werkstatt, welchen die Mitarbeiterin im Verkauf. Das ist eine entscheidende Kennziffer.« Der Deckungsbeitrag sagt aus, was der jeweilige Mitarbeitende dem Betrieb über seine Personalkosten hinaus bringt. Es müssen also die Personalkosten gezahlt werden, der Deckungsbeitrag sagt dann aus, was dieser Mitarbeiter oder diese Mitarbeiterin darüber hinaus beiträgt, um alle anderen Kosten zu decken und den Gewinn zu sichern. »Um diesen zu berechnen, muss ich das wieder separieren zwischen Verkauf und Werkstatt.« Im Business Navigator geht die Unterteilung noch weiter. Neben Verkauf und Werkstatt finden sich dort noch die Bereiche Dienstleistung, Kundenservice, Neuradmontage und Verwaltung. Auch die Kosten für die jeweiligen Mitarbeiter lassen sich ablesen. So sind Kennziffern hinterlegt für die jeweilige Funktion der Mitarbeitenden im Geschäft. Daraus lassen sich dann auch Durchschnittsgehälter vergleichen. Denn auch hier lassen sich nicht beliebig Mitarbeitende miteinander vergleichen. Wer so tief einsteigen will, kommt spätestens dann nicht mehr am Business Navigator vorbei. //

24. Februar 2025 von Daniel Hrkac

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