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In den Einstiegspreislagen finden sich vor allem Hardtail-Mountainbikes. Doch egal welches Segment zum Zuge kommt, die Preise steigen derzeit deutlich.
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Markt - Einstiegspreislagen

Der Türöffner mit großer Bedeutung

Das Einstiegssegment im Fachhandel steht unter Druck. Auf der einen Seite stehen die Dumping-Preise in Baumärkten. Auf der anderen Seite erschweren es die Mehrkosten in der Herstellung, die unterste Preislage im Fachhandel niedrig zu halten. Unwichtig sind die günstigen Räder aber nicht.

In den Einstiegspreislagen finden sich vor allem Hardtail-Mountainbikes. Doch egal welches Segment zum Zuge kommt, die Preise steigen derzeit deutlich.In den Einstiegspreislagen des  Fachhandels kommen die Räder ohne Motor, aber doch mit ansehnlicher Ausstattung. Diese Grundqualität gilt es zu vermitteln.Die Einstiegspreislagen erfüllen vielfältige Funktionen im Handel, sei es als Türöffner oder zur Markenbindung. Als Brot-und-Butter-Geschäft dienen sie allerdings immer seltener.

Die Menschen geben immer größere Summen für Fahrräder aus. Das macht sich inzwischen auch bei den Einstiegspreisen der Branche bemerkbar und führt zu sehr unterschiedlichen Strategien. Im Durchschnitt hat sich der Verkaufswert eines Fahrrads, E-Bikes eingeschlossen, zwischen 2016 und 2020 von 648 auf 1279 Euro verdoppelt. Diese Steigerung ist aber vor allem auf E-Bikes zurückzuführen. Laut dem Handelsverband Zweirad VDZ lag der Durchschnittspreis von unmotorisierten Fahrrädern 2021 bei 654 Euro.
Durch die gestiegenen Kosten dürfte der Wert für 2022 höher liegen. Je günstiger die Räder sind, desto mehr fallen gleich hohe Preiserhöhungen ins Gewicht. 100 Euro mehr steigern einen Preis von 700 Euro um rund 14 Prozent. Das muss man am Markt erst einmal durchsetzen können.

Einstieg per Mountainbike

Ab welchen Mindestpreisen die Branche Räder anbietet, ist je nach Marke und Anwendungsbereich unterschiedlich. Mountainbikes zum Beispiel gibt es bei Giant ab 500 Euro, Crossräder ab 600 und City- und Trekkingräder ab 750 Euro. In den letzten Jahren gab es durchschnittliche Preissteigerungen von fünf Prozent pro Jahr. Auch wer den Namen Focus auf dem Rahmen lesen will, kommt mit einem Hardtail-Mountainbike am günstigsten weg. Das liegt zum einen an einer strategischen Fokussierung des Herstellers, der mittlerweile keine City-Räder mehr anbietet. Zum anderen wurden in einem Kahlschlag 2018 alle Räder unter 500 Euro aus dem Angebot entfernt. Auch bei Focus klettern die Preise. Von 549 Euro im Modelljahr 2020 auf 630 Euro im Jahr 2021 und 750 Euro im Jahr 2022.


In den Einstiegspreislagen finden sich vor allem Hardtail-Mountainbikes. Doch egal welches Segment zum Zuge kommt, die Preise steigen derzeit deutlich.

Volker Dohrmann von Stevens begründet die eigenen Preisanstiege mit höheren Beschaffungskosten. »Wir kalkulieren mit den gleichen Faktoren und möchten immer preiswert sein. Aber die Einkaufspreise sind nach oben gegangen«, sagt er. Die Kalkulationsformel für Preise habe man nicht verändert, die Preisempfehlungen gingen in einem Jahr dennoch um rund 10 Prozent nach oben. Insbesondere seit Pandemiebeginn machen Herstellern steigende Logistikkosten zu schaffen. Ein weiterer Grund für die Preissteigerungen ist die Inflation. Zuletzt erwarteten einige Hersteller Preiserhöhungen durch die gestiegenen Energiepreise.
Auch der Handel beobachtet, dass die Preislagen sich verändern. Carsten Bischoff berichtet, dass Einstiegs-MTBs bei Bike Point Plauen ab 550 Euro erhältlich sind. Die Preise seien auch in anderen Segmenten in den letzten drei Jahren um 25 bis 30 Prozent gestiegen.

Akteure im Preiskampf

Gestiegene Preise im stationären Fahrradhandel bedeuten mehr Spielraum, um diese zu unterbieten. Im niedrigpreisigen Segment konkurrieren die Fachhändler eher weniger mit den großen Versandherstellern. Das günstigste Fahrrad, ein Hardtail-Mountainbike, kostet bei Canyon 849 Euro. Rose ruft als Einstiegspreis 769 Euro auf. Auch hier bekommen die Kunden und Kundinnen dafür ein Hardtail-MTB. Seit Ende März gelten bei Rose neue Preise, wie bereits frühzeitig im Web-shop und in einer Unternehmensmitteilung angekündigt wurde.
In den Baumärkten finden sich Angebote, die preislich deutlich darunter liegen. Im Onlineshop von Obi gibt es fünf Modelle unter 500 Euro. Das günstigste, ein Tiefeinsteiger-Stadtrad mit Shimano-Nabenschaltung hat eine unverbindliche Preisempfehlung von 330 Euro. Hagebaumarkt untertrifft diesen Wert noch. Ab 259 Euro gibt es hier Trekkingräder, Mountainbikes ab 319 Euro aufwärts. Diese Räder haben natürlich nicht die gleiche Qualität wie das Angebot im Fachhandel, aber die Kundinnen und Kunden, die sich dafür interessieren, sind vielleicht auch nicht die qualitätsbewusstesten oder haben schlicht nicht die Erfahrung und das Wissen, um die Unterschiede zu erkennen.


In den Einstiegspreislagen des Fachhandels kommen die Räder ohne Motor, aber doch mit ansehnlicher Ausstattung. Diese Grundqualität gilt es zu vermitteln.

Den Menschen, die ihre Räder im Fachhandel kaufen, attestiert Jens Peters vom Atelier Velo in Braunschweig ein gestiegenes Bewusstsein für Qualität. »Die Leute haben gemerkt, dass ein etwas besseres Rad auch ein bisschen besser hält«, sagt er. Zudem gibt es im Fachhandel sehr wohl günstige Modelle. Hier spielen insbesondere Eigenmarken ihre Stärken aus. Beispielsweise kostet ein Trekkingrad von DynaBike, einer Eigenmarke des Großfilialisten Zweirad Stadler laut UVP 499 Euro. Tatsächlich gehandelt wurde es im März für 328 Euro. Die unverbindlichen Preisempfehlungen bei den Eigenmarken der Zweirad-Einkaufs-Genossenschaft (ZEG) gehen bei 549 Euro los. Angeboten werde etwa ein Pegasus Trekkingrad bereits für 449 Euro, berichtet eine ZEG-Händlerin.

Macht Kleinvieh auch Mist?

In Zeiten des E-Bikes sind die Unterschiede, wie viel Umsatz und Gewinn mit einem Fahrradverkauf erzielbar sind, höher als je zuvor. Entsprechend wenig Bedeutung haben die im Einsteigersegment erzielten Umsätze für viele Hersteller und auch Händler. Pauschalisieren lassen sich der Anteil am Volumen und die wirtschaftliche Bedeutung der Einsteigermodelle allerdings nicht. Auch die lokalen Verhältnisse spielen eine Rolle. »Viele Händler auf dem Land könnten ohne das Einstiegssegment gar nicht gut arbeiten«, sagt Volker Dohrmann. Im Durchschnitt lag der Verkaufspreis des Segments unmotorisierter Mountainbikes, einschließlich Kinderräder, bei den Hamburgern im Jahr 2021 zwischen 800 und 850 Euro. Dieses Segment spielt mit 20 Prozent des Volumens eine wichtige Rolle beim Hersteller. Stevens bietet Trekkingräder ab 799 Euro an. Bei Mountainbikes startet die Firma inzwischen bei 749 Euro.
Bei Focus machen die Einstiegsmodelle ebenfalls 20 Prozent des Volumens und fünf Prozent des Umsatzes aus. Die wirtschaftliche Bedeutung für Giant ist eher gering, den Anteil am Volumen will der Hersteller aber nicht missen. »Auf die Stückzahl bezogen verkaufen wir auch im Einstiegssegment immer noch eine nicht zu vernachlässigende Stückzahl, die natürlich Einfluss auf die Sichtbarkeit unserer Marken im Markt hat«, so Produktmanager Steffen Barkhau von Giant.
Für die Händler dürfte sich je nach Lage und Portfolio ein anders Bild ergeben. Carsten Bischoff von Bike Point Plauen berichtet, dass die Einstiegsmodelle einen Anteil von ungefähr fünf Prozent an den Stückzahlen ausmachen. Die Räder dennoch zu führen, erfülle aber bestimmte Funktionen. »Sie dienen zur Abrundung des Portfolios und um Kinder und Jugendliche an uns zu binden«, sagt er.

Ein Hersteller für die ganze Familie

Auch Einstiegsfahrräder anzubieten, könne zur Bindung ganzer Familien sinnvoll sein, ergänzt Volker Dohrmann. Wenn die Eltern und ein Kind bereits ein Stevens-Rad besitzen, ist es naheliegend, auch für die nächsten Kinder auf die Marke zurückzugreifen. Diese Markentreue ist für die Hersteller ein großer Vorzug, nicht zuletzt, weil die Kundinnen und Kunden beim nächsten Kauf oft mehr Geld ausgeben. »Viele Kunden, die zum Einstieg ein sportliches Hardtail-Mountainbike für ca. 500 bis 700€ gekauft haben, kaufen jetzt ein Gravel-Rad für 1500 bis 2000 Euro«, sagt Moritz Failenschmid, Brand Director bei Focus.


Die Einstiegspreislagen erfüllen vielfältige Funktionen im Handel, sei es als Türöffner oder zur Markenbindung. Als Brot-und-Butter-Geschäft dienen sie allerdings immer seltener.

Auch wenn die wirtschaftliche Bedeutung überschaubar ist, dürfte der Großteil der Hersteller und Händler die Räder zu den niedrigen Einstiegspreisen weiterhin im Programm halten. »Es gibt diese Zielgruppe definitiv noch, aber sie ist auf jeden Fall kleiner geworden«, kommentiert Steffen Barkhau von Giant. Laut ihm haben diese Räder eine sehr große Bedeutung, wenn es darum geht, wie sichtbar eine Marke ist und als wie verbreitet sie deshalb wahrgenommen wird. Dennoch biete etwa ein Drittel der Giant-Händler heute aufgrund anderweitiger Spezialisierungen gar kein Einstiegssegment mehr an. Bei Focus schätzt man die Lage genau gegenläufig ein. »Für die Markenbekanntheit ist das Einstiegssegment für uns unwichtig«, sagt Moritz Failenschmid. Die meisten ihrer Einzelhändler würden das Segment aber weiterhin führen.
Vielleicht tun sie das auch, weil das Preisspektrum die Außenwahrnehmung bestimmt. Jens Peters vom Atelier Velo in Braunschweig findet, dass diese manchmal etwas verschoben ist. Der Händler macht 62 Prozent seines Umsatzes mit Rennrädern, die erst bei 1500 Euro Verkaufspreis losgehen. Er bietet aber auch Mountainbikes für 450 Euro an, um nicht als überteuert wahrgenommen zu werden. »Man ist ja nicht teuer, nur weil man teure Produkte hat«, erklärt er. Die günstigen Räder können auch ein Türöffner sein, damit Kundschaft ins Geschäft kommt. »Manchmal lockt es auch Kunden ins Geschäft, die letztlich höherwertig kaufen«, beobachtet Händler Carsten Bischoff.

Performance durch Markenkomponenten

Ein Fahrrad aus dem Fachhandel soll verlässlich funktionieren und nicht nach kurzer Zeit den Geist aufgeben oder zum Dauergast in der Werkstatt werden. »Wir haben einen hohen Anspruch an die Funktion des Rades, beispielsweise bei Bremsen und Schaltung, unter den wir nicht gehen«, erklärt der Focus-Manager Moritz Failenschmid.
Welche weiteren Mindestanforderungen stellen die Händler an die Markenräder und die Hersteller an sich selbst? Bei Focus fallen noch die Stichworte Integration und innenverlegte Leitungen. Giant möchte mindestens Aluminiumrahmen mit Hohlkammerfelgen verkaufen. Stevens nennt Markenteile, um Qualität und Ersatzteile gewährleisten zu können. Außerdem sei die Vormontagequalität wichtig. Aus dem Handel selbst kommen Forderungen an die Komponenten. Laut Carsten Bischoff müssen diese Räder weitgehend Shimano-Technik vorweisen können. Bei Mountainbikes fordert Jens Peters wo möglich Zweifachantrieb, Schnellspannnaben und eine Federgabel, die mindestens aus dem Hause SR Suntour stammt. Auch für ihn sind Hohlkammerfelgen ein Muss.
Händler wollen nicht zuletzt ein Rad anbieten, das sich schnell in der Werkstatt aufbauen lässt. »Wenn der Mechaniker erst mal eine Stunde oder anderthalb investieren muss, um ein fahrbares Rad daraus zu machen, dann fängt es an, sich irgendwann nicht mehr zu lohnen«, berichtet der Braunschweiger Händler Jens Peters. Die Vormontagequalität ist also wichtig, um das Angebot der günstigen Räder überhaupt machen zu können. Das Einstiegssegment mag letzten Endes nicht der Umsatzbringer sein, aber es erfüllt im Handel weiterhin eine wichtige Funktion. Um diese erfüllen zu können, darf die Lücke zum Billigangebot von Baumärkten und Konsorten nicht zu groß werden.

7. April 2022 von Sebastian Gengenbach

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