Portrait - Stoneman
Es ist Steinzeit!
Südtirol ist ein Paradies für Outdoor-Sportler. Auch Mountainbiker, die anderswo oft um jeden Meter Trail kämpfen müssen, sind hier inzwischen weitestgehend akzeptiert. Viele Hotels haben sich auf ihre Bedürfnisse spezialisiert, die Bahn bietet die Möglichkeit zum Fahrradtransport, es gibt Bike-Schulen, Radverleih-Stationen und natürlich jede Menge Touren, von leicht bis anspruchsvoll. Fast 5.000 Kilometer umfasst das Netz an Radtrails, das sich durch die Region auf der Südseite der Alpen zieht. Eine Gesamtstrecke, die selbst bei den in dieser Region durchschnittlich 300 Sonnentagen im Jahr kaum abzuradeln ist – aber die mit dazu beiträgt, dass jedes Jahr tausende Aktivurlauber nach Südtirol kommen – über eine organisierte Mountainbike-Reise, wegen eines Bike-Marathons, einer geführten Etappenfahrt oder einfach, um mit der Familie Urlaub zu machen und dabei den ein oder anderen Kilo- und Höhenmeter auf Stollenreifen zu sammeln, während man den herrlichen Ausblick auf die und von den Dolomiten herunter genießt.
Kein Wunder, dass der Tourismus einer der wichtigsten Bereiche der Südtiroler Wirtschaft ist: Es gibt in der Alpenregion mit ihren 116 Gemeinden mehr als 10.000 Beherbergungsbetriebe mit über 200.000 Betten, in denen übers Jahr rund fünf Millionen Besucher übernachten und täglich im Schnitt 120 Euro pro Kopf für ihren Urlaub ausgeben. Doch wo es viel Tourismus gibt, haben die Reisenden auch viele Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung, auch innerhalb eines abgesteckten Territoriums wie dem Mountainbiken. Um als Veranstalter bestehen zu können, braucht es einen Ansatz, der neu und zeitgemäß ist. »Vielen ist es zu anstrengend oder durch familiäre und berufliche Verpflichtungen nicht möglich, an einem festen Termin pünktlich um acht Uhr morgens am Start eines Mountainbike-Rennens oder –Marathons zu stehen«, erklärt Dirk Janz, Geschäftsführer von Rocky-Mountain-Vertreiber Bike Action, der seit inzwischen rund zwei Jahren ein besonderes Angebot in der Region unterstützt: den Stoneman. Dieser soll das Abenteuer Dolomiten mit der Herausforderung einer Etappenfahrt und dem Reiz eines Zeitziels verbinden – ohne den Teilnehmern Vorgaben zu machen, wann sie welche Strecke zu fahren haben. Wer ins offizielle Ranking eingetragen werden und eine extra für dieses Event handgefertigte Trophäe mit nach Hause nehmen möchte, kauft sich ein Startpaket an einer von diversen Ausgabestellen und geht auf die markierte Route, wo er sein Teilnehmer-Armband an festgelegten Checkpoints abstempelt. Ein bis drei Tage haben die Biker Zeit, um ein Stoneman zu werden. Wer länger braucht, kann trotzdem stolz sein, erscheint aber nicht auf der Finisherliste.
Kundenbindung Deluxe
»Ich möchte den Gästen die Möglichkeit geben, den Stoneman zu fahren, wenn es vom Zeitpunkt her für sie passt. Man kann von Mai bis Oktober auf die Strecke gehen. Allein oder mit Freunden, unbeeinflusst von anderen, nicht abgelenkt von Rennhektik, einfach Sport machen in einer wunderschönen Landschaft, die man in vollen Zügen genießen kann«, erklärt Roland Stauder, Erfinder und Organisator des Stoneman, das Konzept. Der ehemalige Mountainbike-Profi hat den Stoneman Dolomiti 2010 gegründet, um Biker mitzunehmen in eine Welt voller Emotionen, ihnen in unserer hektischen Zeit, in der man von Termin zu Termin und von Superlativ zu Superlativ hetzt, ein Gefühl dafür zu geben, was wirklich wichtig ist: das Naturerlebnis, für ein paar Stunden ganz bei sich zu sein. Und mit reduzierten Mitteln eine Herausforderung und einen Reiz für potenzielle Teilnehmer zu schaffen, die sonst nur Rennen mit immensem Organisationsaufwand innewohnen. »Bei großen Sportveranstaltungen müssen viele Menschen mit anpacken und grundsätzlich entstehen punktuell hohe Lärmbelastung, Verschmutzung und enorme Mehrkosten durch Rahmenprogramm und Entschädigung für die helfenden Vereine und Mannschaften«, so Stauder. »Den Stoneman Dolomiti organisiere ich alleine. Sponsoren und Partnern unterstützen mich finanziell.« Denn längst haben Firmen und Hotels Veranstaltungen wie den Stoneman als Mittel zur Neukundengewinnung, Stammgastbindung und Bekanntheitssteigerung erkannt. »Jeder, der den Stoneman gefahren ist, kommt in irgendeiner Weise mit Rocky Mountain in Berührung. Über viele Monate hinweg und auf einer sehr emotionalen Ebene«, ist beispielsweise Dirk Janz überzeugt. »Jeder, der die Strecke, bei der an jedem der drei Fahrtage 40 bis 50 Kilometer täglich und insgesamt rund 4.000 Höhenmeter zu bewältigen sind, hinter sich gebracht hat, ist stolz, es geschafft zu haben und verbindet mit unserer Marke automatisch ein positives Gefühl.« Selbst, wenn die Stonemänner und –frauen nicht auf Rocky-Mountain-Leihbikes unterwegs sind, erscheint das Logo auf Werbeflyern, Trikots und der Webseite. Immer mehr auch über die Südtiroler Landesgrenzen hinaus: Seit Frühjahr 2014 gibt es einen Stoneman im Erzgebirge und bald soll ein weiterer auf Sardinien hinzukommen. Allerdings wolle er das Konzept nicht überstrapazieren, betont Stauder. »Der Stoneman soll exklusiv bleiben.« Ein Abenteuer, eine Grenzerfahrung – das schon. Aber gern auch mit einigem Komfort. Gern bereits unterwegs mit »Fullsuspension-Bike und einer Tonne Technik, die Daten sammelt«, wie Stauder augenzwinkernd sagt. Besonders aber nach den einzelnen Etappen.
Abenteuer und Wellness
»Erst die Trails zu rocken, danach den Wellnessbereich eines Top-Bikehotels zu genießen und den Tag mit einem feinen Abendessen zu krönen, gehört heute einfach dazu«, glaubt Stauder. Ein Aussage, die sich mit dem Blick in die Liste der Partnerhotels bestätigt: ausschließlich Häuser mit drei bis fünf Sternen. Und eine Meinung, die Otto Atzwanger vom Hotel Bergland in Sillian, Osttirol, teilt. Seit einem halben Jahr arbeitet sein Betrieb mit Roland Stauder zusammen – als Ausgabestelle für Startunterlagen und Unterkunft für Teilnehmer: »Wir machen das, weil wir festgestellt haben, dass die Nachfrage nach Mountainbike-Tourismus wächst. Besonders der Stoneman. Da wir uns schon länger bemühen, uns als Hotel für Outdoor- und Mountainbike-Gäste zu etablieren, war das ein logischer Schritt.« Das Engagement beschränkt sich nicht auf die Ausgabe des Startersets: Es gibt eine hauseigene Bike-Servicestation, eine Tiefgarage zum Parken der Räder sowie eine Bike-Waschgelegenheit. Doch nicht nur große Hotels, auch kleine Werkstätten profitieren von den Etappenfahrern: »Wir haben beispielsweise einen Service-Partner mit den Caravanpark Sexten, der sich um die Instandhaltung der Rocky-Mountain-Bikes kümmert« berichtet Janz. Er, ebenso wie Familie Atzwanger glauben: »Das Konzept trifft genau den Puls der Zeit«– und finden Bestätigung in den Teilnehmerzahlen: Mehr als 4.500 Biker haben allein in den Dolomiten bisher die Stoneman-Trails unter die Stollen genommen. Stauders Idee wird gut angenommen. So gut, dass er sein Angebot seit Kurzem erweitert hat: um Stoneman-Optionen für Wanderer, Läufer, Rennradfahrer und Wintersportler. Noch fehle ihm die Zeit dazu, dafür richtig Marketing zu betreiben, räumt er ein. »Ich bin aber sicher, dass diese Angebote genauso toll funktionieren werden wie die Trails.« Denn mit Konzepten wie diesem schaffen kreative, engagierte Menschen wie Stauder nicht nur ein Erlebnis für Sportler. Sie schaffen ein zusätzliches Argument für die Reise in die jeweilige Region, sorgen für regelmäßige Bettenbelegung über viele Monate hinweg, statt punktuell über ein Veranstaltungswochenende, verlinken Marken positiv mit den Synapsen der Teilnehmer und erschließen Kunden für ihre Bike-Partner und Werkstätten vor Ort. Ein simples Prinzip von dem, bei guter Umsetzung, Aktive und Unterstützer gleichermaßen profitieren können.
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