3 Minuten Lesedauer

Europäische Fahrradindustrie „extrem glücklich“:

EU-Kommission bestätigt Anti-Dumping gegen China

Die EU-Kommission hat dem EU-Rat einen Verordnungsentwurf vorgelegt, der im Prinzip besagt, dass an den geltenden Anti-Dumping-Zöllen auf Fahrräder und Fahrradteile aus China nichts geändert werden soll. Gerade weil dies bedeutet, dass somit vorerst alles beim Alten bleibt, wurde die Nachricht aus Brüssel bei den europäischen Fahrrad- und Teileherstellern begeistert aufgenommen.

Auch Kenner der Materie mussten erstmal etwas länger nachdenken, welche Bedeutung das EU-Dokument hat, das im vollen Wortlaut folgendermaßen überschrieben ist: „Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Aufrechterhaltung der Verordnung (EG) Nr. 71/97 des Rates zur Ausweitung des mit der Verordnung (EWG) Nr. 2474/93 auf Fahrräder mit Ursprung in der Volksrepublik China eingeführten endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren bestimmter Fahrradteile aus der Volksrepublik China“. Auf den folgenden zehn Seiten erläutert das Anti-Dumping-Komitee der Europäischen Kommission das Ergebnis einer seit November 2006 andauernden Untersuchung. Mit dieser Untersuchung sollte, so der Wortlaut der Kommission, die „geltende Maßnahme zur Verhinderung der Umgehung der Zölle („Antiumgehungsmaßnahme“) auf die Einfuhren wesentlicher Fahrradteile mit Ursprung in der Volksrepublik China“ überprüft werden.

Mit der Antiumgehungsmaßnahme ist der Anti-Dumping-Zoll in Höhe von 48,5 % gemeint, der 1997 auf Fahrradteile und Rahmen aus China eingeführt wurde. Er sollte verhindern, dass Importeure den damals bereits geltenden Strafzoll auf komplette Fahrräder aus China umgehen, indem sie fast fertige Fahrräder einführen, die dann mit geringem Aufwand in der EU endmontiert werden. Zolltechnisch handelt es sich hierbei um die Einfuhr von Fahrradteilen.

Gleichzeitig sollte Fahrradherstellern in der EU weiterhin die Möglichkeit gegeben werden, Teile und insbesondere Rahmen zu wettbewerbsfähigen Preisen aus China zu beziehen. Deshalb wurde 1997 zusammen mit dem Anti-Dumping-Zoll die sogenannte 60-Prozent-Regel eingeführt. Sie besagt, dass ein Hersteller in der EU, dessen Fahrräder nachweislich zu nicht mehr als 60 % aus in China gefertigten Komponenten bestehen, vom Anti-Dumping-Zoll auf Antrag befreit werden kann.

Mit ihrer Überprüfung wollte die EU-Kommission nun ermitteln, ob der Anti-Dumping-Zoll auf Teile und die 60-Prozent-Klausel für die restliche Laufzeit des Anti-Dumping-Zolls auf Fahrräder aufrecht erhalten werden sollten. Dieser ist – sofern er nicht erneut um fünf Jahre verlängert wird – noch bis Juli 2010 gültig. Auslöser der Untersuchung war, dass sich inzwischen eine große Zahl von Unternehmen in der EU von dem Teile-Zoll hatte befreien lassen. Das habe, so die Sichtweise der Kommission, den Sinn der Antiumgehungsmaßnahme in Frage gestellt.

Doch nach der mehr als einjährigen Untersuchung ist man in Brüssel nun zu der Auffassung gelangt, dass die 1997 eingeführten Maßnahmen weiter ihre Berechtigung haben und deshalb unverändert aufrecht erhalten werden sollen. Es bestehe weiterhin „ein starker Anreiz, die erlaubte Einfuhrobergrenze von 60 % zu überschreiten und somit die Hauptmaßnahme erneut zu umgehen“, heißt es im vor wenigen Tagen erschienen Verordnungsentwurf.

Dieser wurde dem EU-Rat am 28. Januar vorgelegt, der dem EU-Papier noch seinen offiziellen Segen geben muss. Auch wenn man nie sicher sein könne, wie die Köpfe in der EU ticken, so heißt es in Industriekreisen, wird damit gerechnet, dass der Entwurf schon nächste Woche vom EU-Rat durchgewunken wird.

Als „extremely happy“ – also extrem glücklich – über das Kommissionspapier bezeichnet sich Brian Montgomery, Vorsitzender des europäischen Fahrradherstellerverbands EBMA, im Gespräch mit velobiz.de. Die Untersuchung der EU-Kommission habe durchaus eine Gefährdung der europäischen Fahrradindustrie dargestellt, wie Montgomery erklärt. Ohne den Anti-Dumping-Zoll auf Fahrradteile würden chinesische Fahrradhersteller in kürzester Zeit Fabriken in der EU mit Kapazitäten in Millionenhöhe hochziehen und den hiesigen Markt mit billigen Rädern überschwemmen.

1. Februar 2008 von Markus Fritsch

Verknüpfte Firmen abonnieren

EBMA
Nur für Abonnenten
News
Nur für Abonnenten
Kommentare
Nur für Abonnenten
Stellenmarkt
Velobiz Plus
Die Kommentare sind nur
für unsere Abonnenten sichtbar.
Jahres-Abo
115 € pro Jahr
  • 12 Monate Zugriff auf alle Inhalte von velobiz.de
  • täglicher Newsletter mit Brancheninfos
  • 10 Ausgaben des exklusiven velobiz.de Magazins
Jetzt freischalten
30-Tage-Zugang
Einmalig 19 €
  • 30 Tage Zugriff auf alle Inhalte von velobiz.de
  • täglicher Newsletter mit Brancheninfos
Jetzt freischalten
Sie sind bereits Abonnent?
Zum Login