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Sisyphus-Arbeit der Wettbewerbswächter:

EU-Kommission legt ihre Ermittlungen im Fall Biria offen

Bereits im Januar hatte die Europäische Kommission der Bundesrepublik Deutschland mitgeteilt, dass staatliche Beihilfen in Höhe von 2 Mio. EUR und Bürgschaften über knapp 25 Mio. EUR für die Biria-Gruppe nicht mit den entsprechenden Regelungen der EU vereinbar gewesen seien und deshalb nun zurückzufordern bzw. einzustellen wären. In einem 14seitigen Dokument hat die Kommission nun ihre Entscheidung und deren Hergang erklärt.

Welcher Aufwand in Brüssel getrieben wurde, um die verflochtene Situation mit stillen Beteiligungen von staatlichen Investment-Gesellschaften, Landesbürgschaften, Übernahmen und verschiedenen Betriebs- und Beteiligungsgesellschaften zu durchblicken, wird gleich auf den ersten Seiten des EU-Dokuments deutlich, das jüngst unter der Nummer L183/27 im Amtsblatt der Europäischen Union erschienen ist.

Bereits im Januar 2002 sei demnach bei der Kommission eine Beschwerde wegen staatlicher Beihilfen in Form einer Bürgschaft für die Biria-Gruppe eingegangen. Die Beschwerde war zunächst vermeintlich auch erfolgreich, denn ziemlich genau ein Jahr später teilte die Bundesrepublik der Kommission mit, dass sie ihre Bürgschaft zurückgezogen habe. Doch die Akte Biria kam schon wenige Monate später wieder auf den Tisch der zuständigen Wettbewerbskommission, denn der namentlich nicht genannte Beschwerdeführer meldete neue Bürgschaften für Biria und diesmal auch staatliche Beihilfen. Dem folgte ein reger Schriftwechsel mit den zuständigen Stellen in Deutschland, der sich bis zum September 2006 hinzog und wohl bei den Brüsseler Wettbewerbswächtern zur regelrechten Sisyphus-Arbeit ausartete. Zudem holte die Kommission Stellungnahmen der Biria-Mitbewerber Prophete, Vaterland, Pantherwerke sowie eines weiteren anonymen Unternehmens ein.

Das Ergebnis der vierjährigen Ermittlung liest sich folgendermaßen: Im Jahr 2001 erhielt das zur Biria-Gruppe gehörende Unternehmen Bike-Systems eine stille Einlage der gbb Beteiligungs-AG, einer Tochter der staatlichen Deutschen Ausgleichsbank, in Höhe von 2,07 Mio. EUR. Zwei Jahre später erhielt die Biria AG (bzw. deren Ableger Sachsen Zweirad) eine Bürgschaft des Freistaates Sachsen über zunächst 5,6 Mio. EUR, die noch im selben Jahr auf 24,875 Mio. EUR aufgestockt wurde.

Alle drei Maßnahmen wären zwar prinzipiell mit entsprechenden EU-Richtlinien vereinbar, allerdings wird die Ausgangssituation von Kommission und der Bundesrepublik rückblickend unterschiedlich beurteilt. Dabei dreht es sich im Kern um die Frage, wie wirtschaftlich gesund die Biria-Gruppe zum Zeitpunkt der Förderung war. Während Biria nämlich aus deutscher Sicht ein florierendes Unternehmen gewesen sei, das lediglich ein wenig Unterstützung für künftiges Wachstum benötigt habe, war der Fahrradhersteller aus EU-Sicht ein Unternehmen mit „gravierenden Liquiditätsproblemen“. „Diese Beurteilung wird dadurch untermauert, dass sich drei Banken aus der Finanzierung der Aktivitäten von Biria zurückzogen und sogar bereit waren, auf einen Großteil ihrer Forderungen zu verzichten, wenn die Restforderungen unverzüglich eingelöst werden. Dies zeigt, dass die Banken ernste Zweifel daran hatten, dass Biria seine Schulden bedienen kann und als rentables Unternehmen anzusehen ist“, heißt es dazu im Bericht der EU-Kommission.

Für Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten gelten spezielle Förderregeln, die aber bei Biria nicht angewendet worden seien. Zudem hätten die großzügigen Hilfen für Biria eine gravierende Verzerrung des Wettbewerbs unter Fahrradherstellern erzeugt. „Biria ist für sein aggressives Wettbewerbsverhalten mit Preisen unterhalb der Gestehungskosten bekannt. Dieses Verhalten ist nur bei externen Finanzquellen möglich, im Falle von Biria wegen staatlicher Beihilfen. Dies bedroht die Existenz aller kleinen Wettbewerber, die nicht durch staatliche Beihilfen unterstützt werden“, urteilt dazu die EU-Kommission.

Viel Rauch um nichts?

Das Urteil der EU-Kommission ist eindeutig und hat dennoch wahrscheinlich nur wenig Auswirkungen: Die Bundesrepublik Deutschland wird aufgefordert, „alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die rechtswidrig zur Verfügung gestellte Beihilfe von der Empfängerin zurückzufordern“. Außerdem seien die Bürgschaften für die Biria-Gruppe zu beenden.

Von wem aber soll die Beihilfe zurückgefordert werden? Die Vermögenswerte der Biria AG wurden in einem Asset-Deal im November 2005 für 11,5 Mio. EUR an den Hedge-Fonds Lone Star verkauft. „Auf Grundlage der ihr vorliegenden Informationen kommt die Kommission zu dem Schluss, dass es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Lone Star-Gruppe in irgendeiner Weise durch die Beihilfen einen Vorteil erhalten hätte und dass die Lone Star-Gruppe somit ein unmittelbarer oder mittelbarer Begünstigter der Biria GmbH (jetzt Biria AG) und Bike Systems gewährten Beihilfen wäre“, schreibt die Kommission in ihrem Bericht. Bei wem genau nun die rund 2 Mio. EUR der gbb Beteiligungs-AG zurückzufordern sind, etwa bei Mehdi Biria, der als alleiniger Aktionär der Biria AG gilt, darüber macht der Kommissionsbericht keine Angaben. Und auch die Beendigung der Bürgschaften dürfte inzwischen wohl eher symbolischen Charakter haben, zumal Banken und Beteiligungsgesellschaften beim Verkauf von Biria an Lone Star bereits auf einen Großteil ihrer Forderungen verzichtet hätten.

18. September 2007 von Markus Fritsch

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