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Handel - Verkaufsgespräche

Gut vorbereitet macht Verkaufen richtig Spaß

Ein- und Vorwände, die Kundinnen und Kunden gegen einen Kauf vorbringen, leiten eine schwierige Phase in einem Verkaufsgespräch ein. Doch auch das Abfragen der Kaufentscheidung verlangt Verkäuferinnen und Verkäufern eine gute Vorbereitung, eine hohe Kompetenz und auch ein bisschen Mut ab. Beherrscht man beides, macht Verkaufen richtig Spaß.

In der letzten Ausgabe standen die unterschiedlichen Phasen eines Verkaufsgesprächs im Fokus. In dieser Ausgabe geht es nun um zwei Momente, die Verkäuferinnen und Verkäufer oft als kritisch empfinden: Gemeint sind die Ein- und Vorwände vonseiten der Kundschaft vor dem Kaufabschluss und die Entscheidungsphase.

Ein- und Vorwänden begegnen

Einwände, die sich gegen ein Produkt oder eine Dienstleistung richten, können Fahrradfachleute meistens aus dem Weg räumen, da hier ihr Fachwissen gefragt ist. »Wenn Einwände vom Kunden kommen, hat die Bedarfsanalyse oder die Beratung nicht gestimmt«, analysiert Thorsten Larschow, Inhaber von Rad&Tour in Cuxhaven, die Situation. Lenkt das Verkaufspersonal dann den Blick der Kundschaft noch einmal von einer anderen Seite auf das Angebot, lassen sich die Bedenken oft schnell zerstreuen.
Anders beim Vorwand, auch wenn die Grenzen hier fließend sind: Er ist der kleine Bruder des Einwands und meist diffuser, dockt selten direkt am Produkt an und wird oft auch als Fluchtversuch bezeichnet. Gunnar Schmidt, Coach und Trainer für den stationären Fahrradfachhandel, ist mit dieser Beschreibung nicht glücklich. »Ich stoße mich an dem Wort ›Fluchtversuch‹. Die Kunden flüchten ja gar nicht, sie gehen nur raus. Ich möchte lieber für eine andere Perspektive werben: Bereite dich als Verkäufer auf die Phase der Ein- und Vorwände gut vor.« Thorsten Larschow hat seine Strategie bereits gefunden: »In solchen Fällen versuche ich einen oder zwei Nutzen des Produkts noch einmal in den Fokus zu rücken.«
Gunnar Schmidt regt zudem an, das Team mit ins Boot zu holen: »Macht euch doch einmal zusammen eine Liste, welche Vor- und Einwände euch begegnen. Für jede Situation braucht ihr gute Antworten und eine gute Strategie. Wenn ihr in dem Moment des Ein- oder Vorwands innerlich zusammenbrecht, wäre das sehr schade, denn euer Gegenüber spürt das und eure Beziehung würde sich auf einmal ändern. Wie schön wäre es, wenn sich an eurem Puls nichts ändert und ihr weiter gut mit euren Kunden im Gespräch bleiben könnt.«

»Ich muss noch einmal darüber schlafen«

Das Spektrum der Vorwände ist breit: Es reicht von »Ich wollte eigentlich nur mal schauen« über »Oh, da muss ich noch einmal Rücksprache halten« bis hin zu »Ich muss noch einmal darüber schlafen«. Letztgenannter ist »wahrscheinlich der Klassiker unter allen Vorwänden«, meint Gunnar Schmidt. Um auch diesen Klassiker in den Griff zu bekommen, rät er dazu, im Team mal nachzuhaken: »Vielleicht gibt es bei euch auch jemanden, der bei größeren Entscheidungen erst einmal ›darüber schlafen muss‹. Wenn ja, fragt ihn doch, was er in einem Verkaufsgespräch dann gut brauchen könnte und ob es überhaupt eine Chance gäbe, beim ersten Gespräch eine verbindliche Entscheidung abzurufen, oder ob es besser wäre, darauf hinzuarbeiten, dass er wiederkommt.«
Im Austausch untereinander lässt sich zudem herausarbeiten, ob es sich überhaupt immer um einen Vorwand handelt, wenn eine Nacht Bedenkzeit ins Spiel gebracht wird. Viele Menschen müssen sich bei einer größeren Anschaffung einfach überlegen, wie sich diese auf den eigenen Haushalt auswirkt. Vielleicht ist der vermeintliche Vorwand auch eine Strategie, um Schulden zu vermeiden?
»Späßle à la ›Denken Sie nachts tatsächlich nach?‹ würde ich an dieser Stelle deshalb eher vermeiden. Auch wenn ein Augenzwinkern manchmal gut für die Stimmung ist, kann ein Verkäufer hier definitiv mehr verlieren als gewinnen. Der Einsatz wäre mir persönlich an dieser Stelle zu hoch«, warnt Schmidt und unterstreicht, dass die Einwand- und Vorwandbehandlung ein sehr komplexes Thema ist. Deshalb sollte das Verkaufspersonal gut geschult sein, damit es auch in solchen Situationen das Gespräch weiter auf gleicher Augenhöhe halten kann.

»Geht da noch was beim Preis?«

Noch einmal zurück zum Einwand. Auch unter dieser Kategorie gibt es ein ähnlich komplexes Thema: Die Frage nach dem Rabatt. Für Gunnar Schmidt ist klar: Der Umgang damit liegt eindeutig in der Verantwortung der Händlerinnen und Händler. Fritz Reischl, Inhaber des »Radhauses« in Ingolstadt, übernahm sie bereits: »Die Frage nach einer Preisreduzierung haben wir schon im Vorfeld aus dem Weg geräumt. Wir bieten unseren Kunden zum Beispiel jährlich zwei Aktionen an: Bei ›Her mit Ihrer alten Möhre!‹ geben wir ihnen die Gelegenheit, ihr gebrauchtes Fahrrad bei uns abzugeben. Den Wert dieses Fahrrads schreiben wir dem Kunden dann mit 100 bis 500 Euro gut. Wir haben mit diesem Angebot festgestellt, dass wir damit nicht nur Neukunden gewinnen und Stammkunden halten können. Auch die Frage nach einem Preisnachlass wird dann im Verkaufsgespräch zu einem neuen Fahrrad kaum noch gestellt.« Doch dies ist nur ein Teil der Strategie. In der Werkstatt werden die gebrauchten Fahrräder wieder auf Vordermann gebracht, verkauft werden sie dann auf dem hauseigenen Flohmarkt.
Bike-Coach Schmidt begründet seinen Ansatz, dass die Preisfrage Chefsache ist, so: »Als Händler brauchst du in deinem Laden eine stabile Regel als Fundament, damit alle Verkäufer sensibel und preisstabil agieren können.« Auch die Vorgabe, von wem und ob überhaupt Preisnachlässe gegeben werden dürfen, sollte »von oben« kommen. »Fehlen klare Richtlinien oder wissen die Verkäufer gar, dass sie pro Bike XY Prozent Nachlass geben dürfen, fühlen sie sich auch dazu eingeladen, ans Limit zu gehen.« Schulungen zur Preisfrage können in zwei Richtungen unterstützen: Führungskräfte können passgenaue Richtlinien zur Preisfrage erarbeiten, das Verkaufspersonal kann über eine Methodenkompetenz stark gemacht werden, um preisstabil zu verkaufen. Dass die Preisstabilität auch eine hohe betriebswirtschaftliche Größe ist, zeigt Gunnar Schmidt an einem Beispiel: »Zwei oder drei Prozent Nachlass sind ja schnell gesagt, aber auf die Anzahl der Räder umgerechnet, die gerade verkauft werden, können aus 200 Rädern mal 100 Euro Rabatt schnell 20.000 Euro weniger Gewinn werden. Dafür könnte man eine Telefonassistenz besetzen, einen Azubi einstellen oder auch eine riesengroße Party feiern. Für Unternehmen ist der Preisnachlass und eine Rabatt-und-Nachlass-Kultur also kreuzgefährlich.«
Und was können die Unternehmen tun, die bisher Preisnachlässe gewährten? Schmidt weiß auch für sie einen Lösungsansatz: »Da muss man gucken, welche Historie die Firma hat. Wer schon immer Rabatte gegeben hat, sollte im Stufenplan versuchen, da wieder herauszukommen. Das geht nicht im Hauruckverfahren, denn das könnte Kundenbeziehungen kosten.«

Die Entscheidungsphase

Am Ende jedes Verkaufsgesprächs wird der Kauf des neuen Fahrrades klargemacht. Um was es dabei geht, fasst Thorsten Larschow aus Cuxhaven kurz und knapp zusammen: »Selbstbewusstsein und Mut sind die Faktoren, die die Abschlussstärke bestimmen. Mut, sich auch einmal ein ›Nein‹ abzuholen, und Selbstbewusstsein, dieses ›Nein‹ nicht persönlich zu nehmen.« Unabhängig davon muss man auch den richtigen Moment dafür finden. Larschow kennt ihn: »Nach einem Kaufsignal! Allerdings ist das Erkennen von Kaufsignalen das größte Problem. Wenn ich Kaufsignale wie ›Wie lang sind die Lieferzeiten?‹ oder ›In welcher Farbe gibt es das Rad noch?‹ nicht erkenne, verpasse ich auch den Zeitpunkt für den Abschluss. Der Zeitpunkt hängt also vom Kunden und seinem Kaufsignal ab.« Auch Fritz Reischl aus Ingolstadt weist darauf hin, dass es viele Momente gibt, an denen Kundinnen und Kunden Kaufsignale aussenden. Einen richtig guten Zeitpunkt sieht er aber nach der Testfahrt. Schmidt bestätigt ihn darin, denn da sei »das Grinsen des Kunden am breitesten, da das ein sehr emotionaler Moment ist.«

»Wer bei Ein- und Vorwänden unvorbereitet ist, dem fehlt auch der Mut, die Entscheidungsfrage zu stellen und Klarheit insGespräch zu bringen.«

Gunnar Schmidt, Berater, Coach und Trainer im Fahrradfachhandel,
zur Informationsphase im Verkaufsgespräch

Kritische Phase der Entscheidung

Interessant ist, dass sich mit Eintritt in die Entscheidungsphase vieles am Verkaufsgespräch auf einen Schlag ändert. »In der Entscheidungsphase kommt es zur Gretchenfrage, die ich als Verkäufer aktiv stellen sollte, denn ansonsten bewegen sich beide – Verkäufer und Kunde – in einer Art Schwebezustand, in dem sich manche Verkäufer aufs Daumendrücken verlassen müssen. Diese Verkäufer folgen dem Prinzip Hoffnung, dass es mit dem Verkauf schon klappen wird, solange sie kein ›Nein‹ vom Kunden hören«, erläutert Schmidt. »Demgegenüber stellen Verkäufer, die sich auf diese Situation gut vorbereitet haben und sich eine Klarheit für ihr Verkaufsgespräch wünschen, nun die entscheidende Frage: ›Sag mal, lieber Kunde, ist das das Fahrrad, mit dem du heute hier rausgehst?‹ Über die Antwort wissen diese dann, ob sie gemeinsam mit dem Kunden die Ziellinie überqueren können.« Damit einher geht auch ein Rollenwechsel: »Nach der Rolle des Fahrradfachmanns tragen Verkäufer auch die Verantwortung, ›Kaufentscheidungshelfer‹ zu sein. Das ist ihr Job. Entscheidungshelfer zu sein, ist eine zweite Kompetenz, die Verkäufer heute brauchen. Als ich mir als Verkäufer vor vielen Jahren dieser Rolle bewusst wurde, kam es mir vor, als hätte ich in meiner Verkäuferkompetenz zwei Stufen auf einmal genommen.«
Dieser Wechsel von der zuhörenden und beratenden in die aktive Rolle erhöht auch das Tempo des Gesprächs, weiß Schmidt von seinen Vor-Ort-Schulungen: »Das Gespräch wird für den Verkäufer schneller. Bleiben die Frage und somit die Klarheit dagegen aus, kann es passieren, dass beide – Kunde und Verkäufer – weiter Nettigkeiten austauschen, ohne irgendeinem Ziel näherzukommen. Die Entscheidungsfrage macht das Verkaufsgespräch also auch effektiver.«
Um eine klare Entscheidung zu forcieren, eignen sich geschlossene Fragen besonders gut, weil sie die Wirkkraft verstärken, erklärt Gunnar Schmidt und rät: »Drei unterschiedliche Fragen, um eine Entscheidung abzurufen, sollte jeder Verkäufer in petto haben. Damit bleibt er im Alltag variabel. Diese sollten zu ihm und zum Geschäft passen. Es kann ein cooles ›Wollen wir eine Schleife darum machen?‹ oder ›Wollen wir den Sack zumachen‹ sein oder eine seriöse Frage wie ›Darf ich die Unterlagen für Sie fertig machen?‹«
Schmidts Tipp für das, was nach der Entscheidungsfrage kommt, ist so einfach wie schwer: »Ist die Frage gestellt, sollte der Verkäufer danach so lange schweigen, bis der Kunde geantwortet hat.«

Über Schulungen zum Erfolg

Ohne Schulungen sind die kritischen Phasen des Verkaufsgesprächs kaum zu bewerkstelligen. Fritz Reischl vom Ingolstädter »Radhaus« fasst die Faktoren, die beherrscht werden müssen, noch einmal zusammen: »Das Wichtigste ist verkäuferisches Geschick, aber auch Selbstvertrauen. Zuletzt führen auch Fachkenntnisse zum Erfolg.« Dafür ist Reischl auch bereit, sein Personal fortwährend zu unterstützen: »Wir bilden unsere Leute durch Verkäuferschulungen weiter. Unsere Schulungen finden in verschiedensten Formen statt: Durch einen externen Trainer, der regelmäßig im Haus ist. Es gibt aber auch Schulungen, die unsere eigenen Mitarbeiter organisieren und durchführen sowie natürlich viele Schulungen durch die Lieferanten.«
»Verkauf streng nach Skript«, hält Thorsten Larschow dem intuitiven Verkaufen entgegen. »Der gesamte
Prozess sollte exakt durchgeplant sein und die Fragen müssen vorbereitet sein. Verkaufen nach Lust und Laune und Intuition des jeweiligen Verkäufers ist eher fahrlässig und kundenverachtend.«
Demnach sollte das Üben von Verkaufsgesprächen ganz oben auf den To-do-Listen stehen. Stephan Fuchs, Mitglied der Geschäftsleitung und Leiter der Akademie beim Verbund Service und Fahrrad (VSF), vergleicht diese Notwendigkeit gern mit dem Fußball: »Unter Pep Guardiola übten die FC-Bayern-Stars (angeblich) stundenlang Kurzpässe. Warum? Vermutlich, damit das ›einfache Handwerkszeug‹ auch unter Druck immer locker angewendet werden kann und die Reserven abrufbar sind. Diesem Prinzip folgen wir auch in unserem VSF-Jahreskurs ›Verkauf.en‹, insbesondere bei den Sequenzen Einwandbehandlung und Abschluss, die wohl die schwierigsten in einem Verkaufsgespräch sind. Wir vermitteln nicht nur theoretisch, wie Verkaufen im Jahr 2022 gelingt, sondern trainieren ›den roten Faden‹ auch gemeinsam, im Kurs und auf der Verkaufsfläche im Betrieb. Dabei schauen wir auch auf die Rahmenbedingungen, unter denen das Verkaufsteam arbeitet. Das alles braucht Zeit. Mehr Zeit, als eine zwei- bis dreitägige ›klassische‹ Verkaufsschulung bieten kann. Wir sind sicher: Nur so ist der Effekt nachhaltig!« Gunnar Schmidt ist der Coach dieses Trainings und plädiert ebenfalls für langfristige Schulungen: »Wenn man als Verkäufer die Entscheidungsphase gut draufhat, macht das richtig Spaß und es bringt Leichtigkeit in den Alltag. Kunden erwarten vom Verkäufer eine hohe Fachkompetenz, aber auch, dass er für ein gutes Gefühl sorgt. Das zeigen auch die Google-Bewertungen. Da steht selten ›Der Fahrradverkäufer wusste nicht viel vom Fahrrad‹, sondern eher, ob sich der Kunde von ihm gut begleitet fühlte. Wenn ein Verkäufer das schafft, macht das den Unterschied zwischen einem Verkäufer und einem richtig guten Verkäufer.« //

27. Oktober 2022 von Dorothea Weniger

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