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Do it yourself: Der erfahrene Handwerker Peter Zaun zeigt seinen Kunden, wie sie am Rad selbst ­schrauben.
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Handel - Verbündet mit Online

In den Keller

Peter Zaun hatte einen bekannten Laden für Rennräder in Köln. Jetzt hat er einen Neuanfang gemacht – als Service-Anbieter für Kunden, die ihre Teile im Netz bestellen.

Der Mann mit dem Kopftuch hat seinen Laden aufgegeben. Nach mehr als anderthalb Jahrzehnten hat Peter Zaun sein Rennradgeschäft an der Aachener Straße im Kölner Stadtteil Braunsfeld dichtgemacht. Das schwierige Business mit den sportlichen Rädern im Internet-Zeitalter, der Unterhalt einer teuren Filiale mit Warenbestand in teurer Lage – Peter Zaun hat die Sache beendet. Im Wettbewerb vor allem mit den Anbietern im Netz hat sich Zaun zu einem Wechsel entschieden.
Plan B: Das gilt auch für Peter Zaun. Zum zweiten Mal in seinem Berufsleben hat er einen deutlichen Schnitt gesetzt. Der erste: 2000 wechselte Zaun aus dem Handwerk des Drehers bei den Kölner Ford-Werken in die Radbranche. »Ich hatte schon immer alles an meinen Rädern selbst gemacht und hatte keine Lust mehr auf angestellte Arbeit«, sagt er. Also übernahm er den Profi-Shop Kunde, einen Laden mit klangvollen Namen an einer der ­wichtigsten Straßen der Millionenstadt. Das Geschäft trug den Namen des ehemaligen Tour-de-France-Stars Karl-Heinz Kunde. Zaun, ein begeisterter Rennradfahrer, war bereit, hier selbstständig in Verkauf und Service mit Rädern einzusteigen. sein Geschäft war als Spezialanbieter und Werkstatt für Rennradkunden in der Region durchaus bekannt.
18 Jahre später zieht Zaun nun den zweiten Plan B durch: Er bietet umfangreichen Service rund ums Rennrad. Doch macht er das ohne Lager, ohne Filiale, ohne eigene Händlerrolle. Seine Kunden erreichen ihn über WhatsApp, E-Mail und Telefon. Termine mit Kunden macht er in ­seinem Haus in Bergisch Gladbach-Bensberg, unweit der bekannten Kopfsteinpflasterpassage beim Traditions­rennen Rund um Köln. Und er bietet ihnen alles an, was man beim Rennrad so brauchen kann – von der Kaufberatung bis zur Klärung technischer ­Störungen an der elektronischen Schaltung.
Zaun hat sich keine Illusionen mehr gemacht. Das Internet habe der Branche zugesetzt und die Konsumenten erzogen. »Die Leute kaufen gern im Netz. Und wenn sie wissen, was sie brauchen, gehen sie nicht mehr ins Geschäft.« So einfach ist Zauns Dia­gnose.
Um dennoch von seinem Erfahrungsschatz weiter zu profitieren, bietet er nun also umfassende Beratung an. Die Idee: Die individuellen Beratungswünsche der Kunden ebenso auffangen wie ihre mechanischen Probleme. So unterhält er sich beispielsweise eingehend mit Kunden, die auf der Suche nach einem neuen Rad sind. Er gibt diesen Kunden Tipps, welches Rad am besten passen könnte – ganz unabhängig von Marke und Lagerstand. »Das kann ich natürlich nicht machen, wenn ich einen Laden habe und Produkte ­verkaufen muss.«

Keine Freunde im Handel

So kann es vorkommen, dass seine Kunden sich die Einzelteile für einen neuen Renner gemeinsam mit Zaun aussuchen – und dann mit den Kartons in den Keller seines Bergisch Gladbacher Wohnhauses kommen. Dort packen sie die Teile aus und bauen ein individuell passendes Rennrad auf. Ein Teil der Idee ist auch, dass die Kunden selbst Hand anlegen und dass gerade auch Ein­steiger lernen, wie man am Fahrrad die richtigen Schrauben dreht. Zaun berichtet von viel Freude bei den ­Hobbyschraubern – aber auch davon, dass er sich bei den Kollegen aus den Werkstätten der Umgebung keine Freunde mache. »Das ist natürlich etwas, was andere Händler so nicht machen – weil sie sich dann ja ihre Kundschaft selbst zum Fernbleiben erziehen.«
Zaun hingegen findet das einen legitimen Ansatz: Die Leute dazu bringen, kompetent nicht nur auf dem Rad zu sitzen, sondern auch selbst ihre Schaltungen einzustellen und Teile auszutauschen. Und damit ist er auch wieder ganz nah an dem Ansatz, mit dem er seinerzeit aus dem Dreher-Beruf in den Radhandel eingestiegen war. »Es ging immer darum, den Service nach vorne zu bringen«, sagt Zaun, zu oft habe er auch in Radgeschäften Mist erzählt bekommen.

Keller statt Laden

Es ist ein Anti-Establishment-Ansatz, den Zaun in seinem Keller in Bergisch Gladbach fährt. Das ist kein großes, schon gar kein skalierbares Geschäft. Der Wettbewerb hat bekannte Logos und schicke Ladendesigns. Zaun hat sein Wohnzimmer und einen kleinen Keller mit Werkbank und Montageständer. Einen Kunden am Tag will er maximal beraten, 100 Euro pro Beratung nimmt Zaun – die Nachfrage variiere stark. Die Basis für Kunden hat er sich seit Jahren selbst aufgebaut. Er ist sehr umtriebig im Umfeld des sportlichen Jahreshöhepunkts Rund um Köln und baut hier Einsteiger mit Gruppen so weit auf, dass sie souverän ihre erste Teilnahme am 60-Kilometer-Jedermannrennen schaffen. Dieses Programm »Von 0 auf 60« organisiert Zaun weiterhin – mit gemeinsamen Ausfahrten auf der Straße, Fahrsicherheitstraining, Spinning in kooperierenden Fitness-Studios und auch Leistungsdiagnostik bei einem Kölner Institut. 44 Teilnehmer hatte er im abgelaufenen Jahr dabei – einige von diesen Kunden lassen sich von ihm nun auch beim Material weiterhelfen. Doch er habe, sagt Zaun, inzwischen auch überregionale Kunden in der Beratung, etwa aus Dortmund. Die finden seinen Service im Netz.
»Ich glaube, die Schere wird immer ­weiter auseinandergehen«, sagt Zaun – er meint die Kluft zwischen Service und Preis. Man könne nicht beides bieten. Er hat sich dafür entschieden, vollständig auf die eigene Rolle im Handel mit Waren zu verzichten und stattdessen nur im Service zu punkten. Die Leute wollten zudem immer stärker den »Do it Yourself«-Ansatz, bei dem er sie unterstützt. Und wenn es etwas diffiziler wird, wenn man etwa eine Kette ordentlich nieten muss, dann übernimmt das Peter Zaun – der erfahrene Schrauber – schon noch selbst. Auch die Endkontrolle eines neu aufgebauten Rades gehört immer zu seinem Programm. Denn er möchte ja, dass die Leute Freude an ihrem Hobby haben.

10. Dezember 2018 von Tim Farin
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