Vorschau - Neue Produkte 2017
Integration und Diversifikation
Urban ist das neue Performance: Schicke Citybikes haben weiterhin Konjunktur. Die Erben der Fixies sind feiner geworden. Der Bedarf ist da, das merken auch kleine Hersteller wie das Kölner Unternehmen Mika Amaro daran, dass immer mehr Frauen nach speziellen Damen-Rahmenformen nachfragen. »Das Design ist immer noch der wichtigste Faktor, wenn es um die Entscheidung einer Frau für ein Fahrrad geht«, so Geschäftsführer Michael Nagler, doch heute haben auch Frauen einen Blick auf die Ausstattung. »Die darf allerdings dann auch unperfekt sein, wenn das Design perfekt ist.« Das neue Mika Amaro hat also den gewohnten leichten Columbus CroMoly-Rahmen, allerdings wird es mit dem abfallenden Oberrohr zum Mixte-Rad. Als Standard gibt es die Alfine Achtgangnabe, angetrieben über den Conti Premium-Riemenantrieb. Die Auflage ist auf 111 Stück limitiert, jede Kundin erhält ein Unikat. Kostenpunkt: 1.699 Euro.
Schicke Urbanität ist so verführerisch, dass nun auch Faltrad-Spezialist Tern einsteigt. Zum fünfjährigen Bestehen des Unternehmens, das der Dahon-Familie entsprang, präsentiert man nun auch eine Reihe günstiger, nicht faltbarer Räder. Tern wolle damit auch »jüngere, stilbewusste Menschen für nachhaltige Mobilität begeistern«, heißt es. »Roji-Bikes« wird die neue Linie heißen. Mit kleinen 650C-Laufrädern und einer speziellen Geometrie sollen die Räder besonders für den urbanen Dschungel geeignet sein. Achtgang-Kettenschaltungen und ein- oder zweifache Kettenblätter unterstreichen den sportlichen Aspekt – und den zu erwartenden Auftritt im wohl eher niedrigpreisigem Segment. Das gezeigte RIP gehört zur streng urban orientierten Linie, während zwei Modelle mit runden Rahmenrohren eher die klassische Retro-Schiene abbilden. Preis-Range: 490 bis 2.200 Euro.
Vielseitige Frachter
Noch ein bereits länger anhaltender Trend aus der und für die Stadt: das Rad für den Transport, sei es den von Kindern oder von sonstiger Fracht. Noch mehr Lust auf Last hat Riese und Müller, und zwar jetzt auch ungefedert. Nach der Einstellung des Longtail-Lasters Blue Label Transporter bietet der E-Bike-Spezialist jetzt wieder ein Cargobike ohne Heckfederung an. Das Packster ähnelt vom Aufbau her dem vollgefederten Load: Die Ladefläche ist zwischen Vorderrad und Lenksäule. Große Variabilität und ein starkes Raumangebot sollen den Einsatz als Kindertaxi, Einkaufstransporter oder Lieferwagen ermöglichen. Angetrieben wird das Packster mit Bosch Performance-Motoren, geschaltet wird per Kettenschaltung oder Nuvinci-Nabe. Mit den neuen Dualbatteries von Bosch und damit einer Akkukapazität von exakt einer Kilowattstunde dürfte es auch für den ganztätigen Lieferverkehr in der City genügend Reserven haben. Das Packster wird es ab September 2016 in vier Varianten geben – darunter sind zwei schnelle 45-er Modelle. Einstiegspreis: 3.999 Euro.
Einen Klassiker legt R & M mit dem Delite neu auf: Elf voll gefederte Modellvarianten, darunter ganze fünf S-Pedelec-Modelle, sollen es werden. Technisch besonders interessant ist die Version mit Nuvinci-Nabe und Riemenantrieb: Durch die Umlenkung des Riemens über eine Rolle muss der Rahmen bzw. die Hinterradschwinge nicht, wie sonst üblich, teilbar sein – der Rahmen läuft komplett oberhalb der Schwinge entlang. Der Grundpreis für das Delite: 4.799 Euro
Pionier mit neuer Generation
Die lange angekündigte neue Generation vom E-Bike-Pionier Biketec stellte das Schweizer Unternehmen drei Monate vor der Eurobike in Huttwil vor. Technisch auffällig: der neue Panasonic-Motor mit Zweigang-Getriebe, der Multi-Speed-Assist. Er bringt damit eine breitere Übersetzungsentfaltung und vor allem im Gelände mehr Vortrieb. Geschaltet werden die beiden Gänge über Fingertipp am linken Daumenschalter. Der Akku sitzt im/auf dem Unterrohr und leistet derzeit 432 Wattstunden – in Kürze rechnet man jedoch bei Flyer damit, mehr anbieten zu können. Im Sitzrohr versteckt ist der Kern der FIT genannten neuen Systemarchitektur, der Fit-Master, quasi die CPU für das ganze elektronische Gerüst. Hier läuft die Kommunikation von unterschiedlichen elektronischen Bauteilen wie Display und Motorsteuerung zusammen. Durch die Integration von Steuereinheit und Akkuaufnahme in den Rahmen kann die Verkabelung weitgehend nach innen gelegt werden; außerdem sind sehr kurze Kettenstreben möglich, die einen kurzen Radstand erlauben. Das Uproc 7 wird 4.699 Euro kosten. Auf dem Markt der Speed-Pedelecs will Biketec mit der U-Serie gegen den Mitbewerber Stromer antreten: Auch sie wird vom neuen Panasonic-Zweigang-Motor angetrieben, der derzeit exklusiv bei Flyer verbaut wird – übrigens hat Biketec erstmals die Möglichkeit, in die Steuerung des Motors regulierend einzugreifen – die Partnerschaft mit Panasonic macht es möglich. Die neuen schnellen urbanen Räder sind fahrtechnisch nicht ganz so sehr für lange Pendlerstrecken ausgelegt, wie man es vom Mitbewerber kennt. Heißt konkret: Sie sind etwas weniger auf Geradeauslauf getrimmt und wendiger. Der Zweigangmotor soll – und kann auch ersten Fahrproben nach – vor allem an Steigungen glänzen; er beschleunigt sehr flott. Die Fahrmodi werden am Remoteschalter per Daumenklick gewechselt, auch Beleuchtung und Display-Anzeige sowie -Licht werden hier variiert. Das Design gibt sich sehr modern und tendenziell minimalistisch. Spezielle Features: Fernlicht, Bremsleuchte, Sicherheitsdetails wie eine Warnanzeige im Display, wenn der Seitenständer noch ausgeklappt ist. Einstiegspreis für die U-Serie: 4.399 Euro.
Pinion für alle
Das E-Bike wird auch jenseits des Motors zur eigenen Gattung, heißt: Komponentenhersteller bringen spezielle Produkte für diesen Sektor. Beispiel Pinion: Die Schwaben stellen mit der C-Linie drei Getriebe vor: Mit dem C1.9XR mit neun Gängen (568 Prozent Entfaltung) zielt Pinion auf E-Bikes mit Hinterradantrieb – bevorzugter Antrieb: Gates-Riemen. Das C1.12 ist mit zwölf Gängen (aber wie das bekannte P1.12 satten 600 Prozent Entfaltung) soll laut Hersteller die gehobene Mittelklasse der Touren- und Trekkingräder pinionisieren. Und das mit sechs Gängen »kleinste«, das C1.6 (295 Prozent Entfaltung) ist vor allem für den elektrifizierten Leih- und Cargobike-Betrieb entwickelt. Mit einem Q-Faktor von nur 166 Millimetern – dem Außenabstand der beiden Kurbeln – sollen die C-Modelle besonders ergonomisch sein; die P-Reihe braucht knapp einen Zentimeter mehr Breite. Ein sehr schönes Feature für angenehme Handhabung, Robustheit und Schaltkomfort sind die verstellbaren Zugausgänge am Getrieberumpf – so kann die Zuganlenkung an das Rahmendesign angepasst werden. Außerdem bekamen die neuen Pinions eine Ablass- und Einlass-Öffnung für den einfacheren Ölwechsel – der soll gerade mal alle 10.000 Kilometer nötig sein. Besonderes Augenmerk hat man bei Pinion auf den Einsatz der neuen Getriebe in Kombi mit Gates Zahnriemen, was den Antrieb zum derzeit wartungsärmsten macht. Ein größerer Einsatzbereich ist laut Christoph Lermen, Co-Geschäftsführer von Pinion auch ein Kriterium, mit dem man an die Entwicklung der neuen Produktionsreihe ging: »Wir wollten uns breiter aufstellen. Künftig können die Hersteller auf die große Nachfrage reagieren und Fahrräder auch in der Mittelklasse mit Pinion-Getriebe anbieten.« Gelingen kann das durch niedrigere Preise – die will Pinion unter anderem mit neuen Magnesium-Legierungen für den Getriebe-Body erreichen. Räder mit der neuen Schaltung sollen so ab 2017 schon knapp unter 2.000 Euro möglich sein.
»Der E-Bike- und E-MTB-Markt ist für Magura und seine Produkte ein wichtiger Markt«, sagt auch der Geschäftsführer des Bad Urbacher Unternehmens, Michael Funk. Speziell für den E-Mountainbike-Bereich bringt Magura seine neue Federgabel auf den Markt: Die Boltron ist eine luftgefederte Upside-Down-Gabel für 29-Zoll- und 650-B-Plus-Räder, die Tauchrohre sind also an der Gabelbrücke zu finden. Die Boltron realisiert Federwege von 120 und stattlichen 150 Millimetern. Natürlich hat sie eine Steckachse (20 x 110 Millimeter). Sie nimmt die Scheibenbremse per Postmount 7 auf. Entwickelt wurde die neue Gabel in Zusammenarbeit mit dem neuen Partner WP Performance Systems, ein Unternehmen, das lange schon im Motocross-Bereich für Motorradfirmen wie Husqvarna und KTM aktiv ist. KTM Fahrrad stellte schon auf den Eurobike Media Days in Kirchberg Modelle mit der neuen Gabel vor. Wie gewohnt werden zunächst OEMs versorgt, die Boltron soll es aber auch als Nachrüstsatz geben.
Innovative Spezialisten
Trends im Spezialrad: Komfort und Praxisfreundlichkeit mit Motor-Unterstützung – auf einem Niveau, von dem manche Nutzer von »normalen« Rädern träumen müssen. Preise im oberen einstelligen Tausenderbereich schrecken die Fans gerade in dieser Nische nicht ab. Hase Bikes zeigt mit dem neuen Spitzenmodell des Klassikers Kettwiesel, dem Evo Steps Di2, ein vollgefedertes Dreirad mit Einzelradaufhängung und Steps-Mittelmotor von Shimano inklusive elektronischer Schaltung. Für den Fahrkomfort sind hinten Gasdruck-Federn zuständig, Stabilisatoren verhindern, dass sich das Dreirad in Kurven allzu sehr nach außen neigt. Der Steps-Motor ist unauffällig in den Teleskoprahmen integriert, seine Steuerung sorgt auch am Liegerad für gelungene Harmonie zwischen Fahrer und Antrieb. Beim Gangwechsel hat man die Wahl: Die Schaltnabe am Differenzial zwischen den Hinterrädern wechselt auf Fingertipp oder – je nach Einstellung – vollautomatisch. Detaillösungen im Fokus: Mit dem Roller Bag, einer 50 oder 100 Liter fassenden Tasche, die hinter dem Sitz arretiert wird, wird das Evo Steps zum Tourer- oder Einkaufsrad. Letzteres umso mehr, als die Tasche auch mit einem Trolley zusammen am Rad befestigt werden kann, der die Tasche zum Einkaufswagen macht – auch eine Eigenentwicklung von Hase. Das Evo Steps mit Di2 wird 7.499 Euro kosten.
Auch der zweite große Spezialradanbieter unterstützt nun mit Shimano Steps. Hier sieht man vor allem in der Di2-Automatik den ganz großen Vorteil der Bedienerfreundlichkeit: Der Fahrer kümmert sich nicht mehr ums Schalten, sondern nur mehr um das Ein-Schalten des Motors, die Di2 übernimmt den Rest, während der Motor Pedalieren so angenehm wie nur möglich gestaltet. Ein Rundum-Sorglos-Paket soll das neue Konzept laut HP-Chef Paul Hollants sein. Alle Gekko- und Scorpion-Trikes können nun mit Steps und Di2 konfiguriert werden. Da es sich hierbei um Tadpoles, also Räder mit einem Hinterrad und zwei Vorderrädern handelt, wird der Mittel- quasi zum Frontmotor, sitzt also am vorderen Ende des Antriebs. Als zweite Neuheit hat HP Velotechnik sein Ur-Trike Scorpion vollständig überarbeitet: Herausgekommen ist ein Sport-Dreirad mit gefedertem Hinterbau. Vor allem auf die Dynamik – optisch wie fahrtechnisch – wurde in Kriftel Wert gelegt. Die Tretlagerüberhöhung, also der Höhenunterschied zwischen Sitz und Tretachse, wurde auf 24 Zentimeter vergrößert – das spricht für knackige Beschleunigung. Einstiegspreis: 2.990 Euro.
Wie weitgehend diversifiziert die Fahrradwelt heute ist, lässt sich auch an Zubehörbeispielen messen: Garmin bringt in sein ohnehin feinmaschiges Produktnetz mit dem Edge 820 einen weiteren Rad-Navi-Computer. Der liegt funktional nah am Edge 1.000, ist aber deutlich kleiner. Es gibt ihn in einer Rennrad- und in der MTB-Version Explore. Er hat einen hoch auflösenden Touchscreen mit 2,3 Zoll-Diagonale, und weist fast alle Features auf, die der große Bruder auch hat.
Smartphone-Kompatibilität ist selbstverständlich, ebenso viele Trainings- und Leistungsmessfunktionen (Garmin Vektor). Eine Notruf-Funktion sendet bei Sturz Hilfeanforderung an hinterlegte Telefonnummern. Interessant sind auch die Community- und Team-Funktionen, die derzeit nur die neuen Garmins beherrschen: Im Group-Track-Modus kann man sich mit bis zu 50 angeschlossenen Teilnehmern verbinden – wo fahren die Kumpels lang, wo kann ich mich ihnen am einfachsten anschließen? Ja, Technik verbindet. Je nach Ausstattung kosten die neuen Garmins zwischen 349 (Explore) und 499 Euro (im Zubehör-Bundle).
Getriebeklassiker wird einfach
Auch dem Händler oder Selberschrauber machen sinnige Neuheiten das Leben leichter, etwa von Rohloff: Das Unternehmen stattet in Zukunft seine Speedhub mit Steckritzeln aus. Dafür muss einmalig auf den Splined Carrier umgerüstet werden, wodurch das Ritzel um 3 Millimeter nach außen wandert. Auf diesen werden die neuen Ritzel einfach aufgesteckt und mit Sprengring arretiert. Damit entfällt das aufwendige Verfahren beim Ritzeltausch oder -Wenden mit Spezialabzieher. Ist eine Anpassung der Kettenlinie aufgrund eines fixen Kettenkastens oder anderer Umstände nicht möglich, gibt es den speziellen Splined Carrier S, der nur für Steckritzel von 15 bis 21 Zähne verwendbar ist. Neue Naben sind bereits mit dem Splined-System ausgestattet. Hintergrund für die Umrüstung ist laut Rohloff, dass man das System für den Selberschrauber wie dem Händler einfacher machen wollte und gelegentlich auftretende Schäden durch Fehlbehandlung unterbinden wollte. Schöner Nebeneffekt: auch für die Verwendung der Speedhub mit Riemen beziehungsweise ihre Umrüstung auf Gates wird so drastisch erleichtert. Bislang musste der Händler dazu die Speedhub einschicken – jetzt ist es mit der Aufrüstung auf Splined Carrier und der gemeinsam entwickelten Riemenscheibe getan. Der Splined Carrier wird 25 Euro kosten, die neuen Ritzel je nach Größe in etwa ebensoviel.
»Innerbarends« ist kein Hipster-Ausdruck für die Sperrstunde in hochprozentiger Gastronomie. Der Begriff beleuchtet sprachlich beispielhaft die derzeitige Kreativität der Branche: Lenkerhörnchen, die nicht außen, an den Enden des Lenkers montiert sind, sondern nach innen, zwischen die Griffen gerutscht sind, das meint SQlab damit. Das Unternehmen hat nachgemessen und bei der Nutzung dieser Griffe fünf Prozent Energieeinsparung bei gleicher Geschwindigkeit im Vergleich zur normalen Lenkerhaltung gemessen – kein Wunder, hat man mit diesen Lenkerhörnchen eine Haltung ähnlich der bei Verwendung eines Triathlon-Aufsatzes. Diesmal geht es dem deutschen Ergonomie-Spezialisten also auch um Leistungsgewinn, allerdings mit Zusatznutzen: Im Gegensatz zum Gebrauch von Standard-Hörnchen soll man laut SQlab deutlich einfacher und schneller – etwa bei einer Gefahrenbremsung – wieder auf die Cockpit-Griffe wechseln. SQlab empfiehlt daher, die Innerbarends 411 zwischen Griff und Bremsgriff zu montieren. Moderne Bremshebel wären dazu lang genug. Für MTBs, Trekking-, aber auch Citybikes werden die neuen Barends empfohlen – zu einem Preis von 39,95 Euro.
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