11 Minuten Lesedauer
i

Handel - KPIs - Teil 1 Umwandlungsrate

Kennzahlen im Verkauf

Bestimmt möchte jeder Händler sein Geschäft gut im Griff und im Blick haben. Hier herrscht Einigkeit. Doch bei den unzähligen Geschäftszahlen wird es rasch unübersichtlich, und Klarheit mit Bezug auf das Tagesgeschäft wird benötigt. Ein Schlüsselelement für dieses Ziel sind KPIs, was neudeutsch für Key Performance Indicators steht. Sie geben einen schnellen Überblick, wie es gerade im Laden läuft, und sind mit überschaubarem Aufwand zu erheben und zu deuten. Im ersten Teil dieser dreiteiligen Serie geht es um die vielleicht wichtigste Kennzahl im Verkauf, die Umwandlungsrate.

Das wirklich Praktische an den KPIs ist das »Key«. Es geht nicht um beliebige oder möglichst umfangreiche Geschäftszahlen, sondern um ein paar ausgesuchte Schlüssel-Kennzahlen. Mit wenig Aufwand zu einer akkuraten Bewertung der aktuellen Geschäftsentwicklung zu gelangen, ist hierbei das Ziel. Neben dem Bauchgefühl und Schätzungen kommt so eine faktenbasierte Information auf den Händlerschreibtisch. Diese objektive Perspektive lässt sich praktisch immer mit den verfügbaren Mitteln eines Fahrradgeschäfts erzeugen . Zunächst soll es um die KPIs rund um den Fahrradverkauf gehen, insbesondere die besonders aussagekräftigen und dabei leicht zu ermittelnden.
Auch wenn die notwendigen Grundlagen, um KPIs zu erheben, meist eher leicht zu schaffen sind, sind sie trotzdem längst nicht überall im Fahrradhandel verbreitet und geläufig. Dabei ist die Erhebung dieser Zahlen eine großartige Unterstützung, wenn es darum geht, den eigenen aktuellen Status und die Geschäftsentwicklung zu bewerten, potenzielle Baustellen zu identifizieren und sich, wenn gewünscht, mit anderen Betrieben zu vergleichen.

Umwandlungsrate (Termine) zu Verkäufen

Die Umwandlungsrate, neudeutsch Conversion, gehört zu den Superzahlen, die Händler dennoch zu oft unterschätzen. Es geht um die Umwandlung von Besuchern, Gästen, Gesprächen oder übersetzt: Chancen hin zu Verkäufen. Oft gibt es nur Schätzungen oder Pi-mal-Daumen-Werte des Händlers, wie gut der Verkauf seine Chancen nutzt, wirklich gezählt wurde womöglich noch nicht.
Dabei ist die Umwandlung meine wichtigste Zahl, um Verkaufsqualität sichtbar zu machen. Mit ihr werden Veränderungen sichtbar. Positive wie auch negative. Diese geben so Hinweise auf Handlungsbedarf oder mindestens ein: »Achtung, hier ist was.«

Während der Corona-Phase konnte der Fahrradfachhandel die höchsten Umwandlungsraten von Beratungsgespräch zu Verkauf erzielen. Aktuell sinkt diese Quote wieder.

Wann beginnt das Verkaufsgespräch?

Zu Beginn muss man definieren, was ein Beratungs- oder Verkaufsgespräch ist. Die Händler, die nur mit Terminen arbeiten, kennen in der Regel auch ihre Anzahl an Gesprächen und haben es leicht beim Ermitteln der Umwandlungsrate. Sie können dann einfach nachschauen, dass sie letzte Woche vielleicht 17 Termine hatten und dabei die Zahl X an Fahrrädern verkauft wurde.
Im Anschluss kann man schauen, ob man wirklich saisonale Veränderungen sieht, sich der Markt verändert hat oder man wieder mal auf die eigenen Skills schauen sollte.
Bei Händlern mit viel Laufkundschaft oder die grundsätzlich ohne Termin arbeiten, stellt sich die Frage, an welcher Stelle ein zählbares Verkaufsgespräch beginnt. Daraus ergeben sich offensichtliche Auswirkungen auf die Umwandlungsrate. Denn wer sich zu einem Termin entschließt, begibt sich in eine moralische Verpflichtung, indem er erklärt, »ich plane ein Gespräch mit einer Stunde Dauer«. Dadurch entsteht bereits eine Verbindlichkeit. Wenn eine Kundin oder ein Kunde einen Termin vereinbart hat, dann ist der Satz »Danke, ich schau nur« gestrichen.
Entsprechend hat man in diesem Moment eine andere Qualität als bei denen, die einfach mal in den Laden hineinstolpern. Auch die Lage macht einen Unterschied. Wenn man in einem Gewerbegebiet sitzt, dann wird man für gewöhnlich direkt angefahren. Auch dort kommt niemand aus Versehen hin.

»Die Conversion-Rate sollte jeder Händler und jede Händlerin wissen.«

Gunnar Schmidt

Innenstadtlagen haben ganz andere Quoten, entsprechend muss man beim Vergleich vorsichtig sein. Womöglich sollte man sich dann mit einem Händlerkollegen austauschen, der in einer ähnlichen Situation ist.
Eine Möglichkeit, den Beginn des Verkaufsgesprächs zu definieren, wäre der Zeitpunkt, an dem man als Verkäufer das erste Rad aus der Reihe zieht oder vom Podest holt. Eine andere Methode, den Beginn des Verkaufsgesprächs zu klären, könnte der Moment sein, an dem der Kunde das Fahrrad berührt. »Danke-ich-schaue-nur«-Gespräche muss man natürlich nicht zählen, kann es aber trotzdem tun, wenn man eine andere beziehungsweise etwas tiefere Analysen durchführen will. Denn man kann auch an der »Danke-ich-schau-nur«-Quote arbeiten, etwa, indem man den Ort der Kundenansprache überdenkt. Mit einem schlichten A/B-Test, also beispielsweise der Ansprache direkt am Eingang und der Ansprache in den Abteilungen, lässt sich herausfinden, wo man empfänglichere Kunden findet. Es geht auch darum, selbst wieder Lust darauf zu bekommen, zu entdecken, wo man die höchste eigene Wirksamkeit, den höchsten persönlichen Einfluss hat. Es beginnt damit, dass man den aktuellen Stand zunächst erfasst. Indem man Aufmerksamkeit in diese Bereiche steckt, verändert man bereits.

Der Moment, an dem der Kunde oder die Kundin »Ja« sagt und die Kreditkarte zückt, ist auch für das Verkaufspersonal ein Erfolgserlebnis.

Ein anderer Ansatz, an der »Danke-ich-schau-nur«-Quote zu arbeiten, ist, sich zu überlegen, mit welchem kommunikativen Ansatz man es trotzdem schafft, mit diesen Kundinnen und Kunden ins Gespräch zu kommen, ohne aufdringlich sein. Die Erfahrung zeigt, dass sich unter den »Danke-ich-schau-nur«-Besuchenden durchaus einige befinden, die gar nicht nur schauen wollen.

Was ist eine gute Quote?

Das Gute an der Umwandlungsquote ist, dass man recht gut ablesen kann, was sie bedeutet. Händler, die während der Corona-Phase auf Termine umgestiegen sind, berichteten von Quoten von über 85 Prozent. Bei zehn Terminen wurden also im Schnitt achteinhalb Räder verkauft. Das darf heute als das maximal Mögliche im Verkauf gelten. Wer es in diese Regionen schafft, macht sehr viel richtig. Doch diese Quote ändert sich gerade. Heute kann man sich kaum mehr an dieser Sondersituation messen.
Bei Innenstadtlagen ohne Terminvereinbarungen erreicht man naturgemäß ganz andere, niedrigere Quoten. Dort liegt man gern bei unter 50 Prozent. Umso feiner muss man dort bei der Qualifikation derer sein, die in den Laden kommen. Dafür braucht man methodische Ansätze.

Die Schritte bis zum Ziel lassen sich im Verkauf klar strukturieren.

Es braucht gute und erprobte Verkäufer-Skills, um die die richtigen, die potenziellen Kunden herauszufiltern, sonst steht man mit der falschen Person eine Stunde im Gespräch oder lässt die falsche Kundin vorzeitig gehen.

Interne Analysen der Zahlen

Es kann dem einen oder anderen auch helfen, zu wissen, was in einer Verkaufsbesprechung des Ladens auf den Tisch beziehungsweise an die Wand kommen darf. In einem Bike Shop, der mit Terminen arbeitet, kann man etwa sowohl auf die zurückliegende Woche blicken oder in die Vorschau und Wochenplanung gehen. Wenn man diese Themen transparent macht, ist man einmal mehr bereits in der Veränderung des Geschäfts und in der Weiterentwicklung.
Wenn man dann etwa sieht, dass man in der aktuellen Woche 60 Prozent Umwandlungsquote hat und in der Woche davor weniger, kann man sich fragen, »Was haben wir eigentlich anders beziehungsweise besser gemacht? Waren das wir und unser verkäuferisches Verhalten? Könnten wir das kultivieren und reproduzieren oder war das lediglich ein Zufall?« So kommt man nach und nach auch aus der Wetter-und-Ferien-Argumentation heraus. Es mag sein, dass man bei schlechtem Wetter weniger Kundinnen und Kunden im Geschäft hat, aber die Beratungsqualität ändert sich doch bitte nicht.
Als Händler hat man zudem die Möglichkeit, die Chancenverwertung nicht nur auf Team-Ebene, sondern auch heruntergebrochen auf die einzelnen Verkäuferinnen und Verkäufer auszuwerten. So lässt sich identifizieren, wer die Top-Verkäufer sind und welche Kollegen vielleicht noch gefördert werden können. Es hilft auch dabei, eigene Befangenheit bei der Selbsteinschätzung auszugleichen und den Unterschied zwischen Fahrrad- und Produktwissen und Verkaufskompetenz klarer zu erkennen.
Wenn sinkende oder generell unterdurchschnittliche Werte des Einzelnen oder des ganzen Teams sichtbar werden, dann dient Conversion-Rate als wunderbares Frühwarnsystem, das anzeigt, dass momentan die sich bietenden Verkaufschancen nicht erfolgreich und konsequent genutzt werden. Das wiederum kann und darf sich kein Betrieb leisten. Diese datenbasierte und somit unabhängige Erkenntnis gibt dem Betrieb die Chance, auf sinnvolle, weil erforderliche Entwicklung zu setzen. Diese kann mit internen Gesprächen beginnen und unter Einbindung externer Fachexperten intensiviert werden.
Die Conversion-Rate sollte jeder Händler und jede Händlerin wissen, um ihrer unternehmerischen Verantwortung gerecht zu werden.

»Die Umwandlungsrate ist bei der Motivation der eigenen Verkäuferinnen und Verkäufer hilfreich.«

Gunnar Schmidt

Dann weiß man, ob die Verkaufsbegegnungen erfolgreich und zielführend sind. Man sieht, ob man Potenziale aktivieren oder Fähigkeiten entwickeln muss, und kann auf diesen Erkenntnissen dann gutes, weil wirkungsvolles Marketing abstimmen.
Welchen Nutzen hätten denn sonst zusätzliche Chancen, wenn sie ohnehin nicht vollständig ausgeschöpft werden?
Denn es gibt Händler, die haben gar kein Problem mit ihrer Umwandlungsquote. Diese können dann eher daran arbeiten, mehr Kundinnen und Kunden ins Geschäft zu holen, etwa über digitales und auch originelles analoges Marketing.
An diesem Punkt muss man sich jedoch klarmachen, dass die aktive Kundengewinnung ihrerseits die Abschlussquote verändern kann und sogar recht sicher verändern wird. Sie hängt ab von der Qualität der Besucherinnen und Besucher im Ladengeschäft. Auch das lässt sich beobachten und im längerfristigen Vergleich mit den getroffenen Maßnahmen abgleichen.

Conversions sind motivierend

Die Umwandlungsrate ist auch bei der Motivation der eigenen Verkäuferinnen und Verkäufer hilfreich. Es gibt Betriebe, die intern mit den erwirtschafteten Deckungsbeiträgen bei ihren Verkäufen arbeiten, das ist für das Personal meist eine eher weniger reizvolle Kennzahl, zu der sich viel schwerer eine Art von Bezug, eine Bindung aufbauen lässt als zu der Aussage »Du hast in dieser Woche mit Y Chancen X Räder verkauft« oder »Du hast diese Woche bereits X Räder verkauft«. Verkaufspersonal wird oft eher motiviert vom »Ja«-Moment mit der Kundschaft als von der richtigen Höhe des Deckungsbeitrags. Das Ziel, in einer Woche acht Räder verkaufen zu wollen, ist für die Abteilung leichter zu verfolgen und lässt sich in Form von Challenges (»Lasst und diese Woche dieses Verkaufsziel erreichen!«) auch spielerisch gestalten.
Berechnet wird die Umwandlungsquote am Ende der Woche oder des Monats ganz schlicht. Die Zahl der verkauften Räder wird dividiert durch die Zahl der geführten Verkaufsgespräche. Das Ergebnis mit 100 multipliziert ergibt die gesuchte Prozentzahl, an der sich dann arbeiten lässt. In welcher Form auch immer. //

19. Januar 2024 von Gunnar Schmidt
Velobiz Plus
Die Kommentare sind nur
für unsere Abonnenten sichtbar.
Jahres-Abo
115 € pro Jahr
  • 12 Monate Zugriff auf alle Inhalte von velobiz.de
  • täglicher Newsletter mit Brancheninfos
  • 10 Ausgaben des exklusiven velobiz.de Magazins
Jetzt freischalten
30-Tage-Zugang
Einmalig 19 €
  • 30 Tage Zugriff auf alle Inhalte von velobiz.de
  • täglicher Newsletter mit Brancheninfos
Jetzt freischalten
Sie sind bereits Abonnent?
Zum Login