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Obwohl sie optisch einiges hermachen - nicht jeder fährt gerne mit Helm. Aus diesem Grund lehnt auch der ADFC eine generelle Helmpflicht ab. Man riskiere damit einen Rückgang der Radnutzung, argumentiert der Fahrradclub.
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Studie - Mobilität in Deutschland

Mobilität in Zeiten der Verkehrswende

2017 wurden im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) über 316.000 Bundesbürger zu ihrem Mobilitätsverhalten befragt. Vor kurzem veröffentlichte das Institut für angewandte Sozialwissenschaft (infas) nun die Resultate der Umfrage in der Studie »Mobilität in Deutschland« (MiD). Daraus geht als Kernaussage hervor, dass der Radverkehr nur sehr langsam wächst. Aber welche weiteren Erkenntnisse für das Fahrradland Deutschland können noch gewonnen werden?

Viele Menschen reden von der dringend benötigten Verkehrswende. Zum Erreichen der ehrgeizigen Klimaziele ist diese unabdingbar. Deutschland hat sich festgelegt, im Vergleich zum Basisjahr 1990 die Treibhausgasemissionen bis 2020 um mindestens 40 Prozent zu reduzieren. Auf dem Weg dahin muss der motorisierte Verkehr zugunsten von umweltfreundlicheren Alternativen der Fortbewegung eingedämmt werden. Soweit die Theorie. Die Studie »Mobilität in Deutschland« hat genauer hingeschaut, um herauszufinden, wie die Realität auf Deutschlands Straßen ausschaut und wie die Mobilitätsgewohnheiten der Bürger sind.

Mehr Fahrräder in kinderreichen Haushalten

Laut der Studie besitzen im Jahr 2017 78 Prozent aller Haushalte ein Fahrrad. Hierbei wird nicht zwischen klassischem Fahrrad, E-Bike oder Pedelec unterschieden. Die meisten Haushalte mit einem Fahrrad gibt es in Bremen und Niedersachsen. Dort haben 85 Prozent aller Haushalte mindestens ein Rad. Ganz anders die Situation im Saarland: Mit nur 65 Prozent der Haushalte mit Fahrradbesitz bildet das kleinste Bundesland Deutschlands das Schlusslicht.
Von allen Bundesländern haben die Bayern und die Niedersachsen die meisten Fahrräder, nämlich durchschnittlich 2,1 pro Haushalt (zum Vergleich: Der Bundesdurchschnitt liegt bei 1,9). 20 Prozent der Bayern haben sogar vier Räder und mehr.
Neben der Verteilung nach geographischen Gesichtspunkten ist es auch interessant zu sehen, wie die Versorgung mit Fahrrädern sich von Haushaltstyp zu Haushaltstyp unterscheidet: Von der Gruppe der älteren Alleinlebenden, die mit 21 Prozent das Gros der Haushaltstypen in Deutschland ausmachen, haben nur 65 Prozent ein oder mehrere Fahrräder. Kein anderer Haushaltstyp wie dieser gibt so häufig an, kein Fahrrad zu besitzen. Die meisten Fahrräder haben hingegen die Haushalte mit mindestens einem Kind unter 14 Jahren, nämlich durchschnittlich 4,1 Räder. Von diesem Haushaltstyp geben auch nur drei Prozent an, überhaupt kein Fahrrad zu haben. Dass der Alltag mit Kindern jedoch schwerer mit dem Fahrrad allein zu bewältigen ist, zeigen die Zahlen auch deutlich. Die Gruppe der Haushalte mit Kindern machen nämlich durchschnittlich nur zwei Prozent der Haushalte aus, in denen es nur Fahrräder und kein Auto gibt.

Das Fahrrad als Statussymbol

Generell wirkt sich die Größe des Haushalts auch auf den Besitz von Fahrrädern aus. Während von den Ein-Personen-Haushalten 35 Prozent kein Fahrrad besitzen, sind es bei den Vier-Personen-Haushalten nur vier Prozent. Auch der ökonomische Status des Haushalts lässt Rückschlüsse auf den Besitz von Fahrrädern zu. Von den Haushalten mit niedrigem bis sehr niedrigem Status, die 22 Prozent aller deutschen Haushalte ausmachen, haben weniger als drei Viertel ein Fahrrad. Auch in der größten Gruppe, nämlich mit 47 Prozent die Haushalte mit mittlerem ökonomischen Status, besitzen 73 Prozent ein Fahrrad. Bei den 30 Prozent aller Haushalte, die als ökonomisch stark oder sehr stark eingestuft werden, sind hingegen 90 Prozent im Besitz eines Zweirads. Diese Haushaltsgruppe neigt sogar dazu, gleich mehrere Räder zu besitzen, und zwar durchschnittlich 2,7 beziehungsweise 2,9 Räder. Dazu passt auch die Erkenntnis, dass mit der Anzahl der vorhandenen Autos in einem Haushalt auch die Anzahl der Fahrräder steigt. Während Haushalte ohne Auto über durchschnittlich 1,1 Fahrrad verfügen, sind es bei den Haushalten mit drei oder mehr Autos durchschnittlich 3,4 Fahrräder. Natürlich muss man hierbei bedenken, dass die Haushalte mit mehreren Fahrzeugen meist auch aus mehreren Personen bestehen.
Aus Sicht der Autofahrer betrachtet, sieht der Zusammenhang zwischen Pkw und Fahrrad folgendermaßen aus: Die meisten Haushalte, zu deren Mobilitätsausstattung nur das Auto gehört, besitzen genau einen dieser Pkws. Nur 16 Prozent haben mehr als ein Auto. Das Fahrrad wirkt hier offenbar als Verstärker. Denn von den Haushalten, die zusätzlich zum Auto auch noch ein Fahrrad ihr Eigen nennen, haben ganze 30 Prozent zwei Pkws und fünf Prozent sogar drei.
Überraschend ist hingegen, dass der Besitz eines Führerscheins nicht zwangsläufig an den Besitz eines Autos gekoppelt ist. In knapp zwei Drittel der Haushalte, die als einziges Fortbewegungsmittel ein Fahrrad besitzen, wohnt nämlich mindestens eine Person mit Führerschein. Nur in 30 Prozent dieser fahrradaffinen Haushalte gibt es keine Person mit Führerschein. Die restlichen zehn Prozent entfallen übrigens auf »bike only«-Haushalte, in denen zwei oder mehr Personen eine Fahrerlaubnis haben. Oder anders ausgedrückt: In Haushalten ohne Auto wohnen mehr Menschen mit Führerschein als ohne Führerschein.
Auch interessant: die Korrelation zwischen Mieter und Haus- beziehungsweise Wohnungseigentümern und Fahrradfahrern. Während Bewohner von Haushalten, in denen Auto und Fahrrad nebeneinander existieren, nur zu 42 Prozent in Miete wohnen, sind es bei den Haushalten, in denen es nur Fahrräder gibt, ganze
82 Prozent.

E-Bikes und Pedelecs – eine Sache für die ältere Generation

Auch wenn es so scheint, als seien Pedelecs und E-Bikes schwer im Kommen, bringt die infas-Studie etwas Ernüchterung in diese Euphorie. Denn nur sieben Prozent der Haushalte in Deutschland verfügen über ein solches Rad. Am häufigsten kommen sie erwartungsgemäß bei älteren Bundesbürgern vor: Sieben Prozent der älteren Zweipersonenhaushalte besitzen ein elektrisches Fahrrad, weitere acht Prozent dieses Haushaltstyps gleich zwei. Auf der anderen Extremen schaut es folgendermaßen aus: Bei der Gruppe der jungen Alleinlebenden besitzt lediglich ein Prozent ein Pedelec/E-Bike. In Altersgruppen gesprochen haben von den Personen zwischen 65 und 74 Jahren 13 Prozent ein Elektrofahrrad, von denjenigen zwischen 60 und 64 Jahren bzw. 75 bis 79 Jahren jeweils 10 Prozent. In allen anderen Altersgruppen sind es (weit) unter 10 Prozent. Betrachtet man den ökonomischen Status der Haushalte mit Pedelec/E-Bike lässt sich erkennen, dass insbesondere jene mit einem mittleren bis sehr hohen Status ein derartiges Fortbewegungsmittel besitzen (jeweils neun Prozent). Im Vergleich dazu sind es in Haushalten mit niedrigem oder sehr niedrigem ökonomischen Status nur jeweils fünf Prozent.
Auch zwischen den Bundesländern weicht die Häufigkeit der Elektroräder ab. Die meisten Haushalte mit E-Rad gibt es Niedersachsen, nämlich zehn Prozent. Dicht dahinter mit jeweils neun Prozent liegen Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Bundesland und Hauptstadt mit den wenigsten Haushalten im Besitz eines E-Fahrrads ist Berlin. Hier haben nur ein Prozent der Haushalte eines. Das mag mit den fehlenden gesicherten Abstellanlagen zusammenhängen. Niemand lässt sein mehrere tausend Euro teures Gefährt gerne auf der Straße stehen. Und um es einmal kurz mit in die Wohnung zu nehmen, ist es meistens zu schwer.
Damit oder auch mit dem konkurrierenden, im urbanen Umfeld gut ausgebauten öffentlichen Verkehr lässt sich eine weitere Tendenz erklären: E-Bikes & Co. setzen sich insbesondere im ländlichen Raum durch. Dort sind zwischen neun und zehn Prozent aller Haushalte im Besitz dieses Radtyps, während sie in der Stadt nur zwischen drei und fünf Prozent ausmachen.
E-Bike-Hersteller bringen bei verkehrspolitischen Debatten gerne vor, dass ein Fahrrad mit Motor perfekt als Ersatz eines Autos genutzt werden kann. Dieses Argument widerlegt die Umfrage jedoch leider. Vielmehr lässt die Studie folgende Erkenntnis zu: Je mehr Autos, desto mehr motorisierte Fahrräder. Denn von den Haushalten ohne Auto haben nur drei Prozent ein E-Bike, bei einem Auto sind es sieben Prozent, bei zwei Autos schon zehn Prozent und bei drei Autos oder mehr sogar 13 Prozent. Diese Haushalte liegen weit über dem Bundesdurchschnitt von sieben Prozent.

Lieber »oben ohne«?

Während sich die ersten Erhebungen auf die kompletten Haushalte in Deutschland beziehen, wurden in einem zweiten Abschnitt die Personen individuell befragt. Auch in diesem Teil flossen Fahrradthemen in die Befragung mit ein.
Ein kontroverses Thema, das die Radfahrergemeinde teilt wie fast kein zweites, ist die Nutzung des Fahrradhelmes. Auch wenn es praktisch außer Frage steht, dass ein Helm das Verletzungsrisiko im Falle eines Sturzes minimiert, spricht sich selbst der ADFC gegen eine allgemeine Helmpflicht aus. In diesem Zusammenhang ist ein Blick auf die freiwillige Helmnutzung in Deutschland spannend. Dabei sind die Unterschiede zwischen den Bundesländern teilweise gewaltig. Während die Radfahrer im Saarland zu 51 Prozent immer einen Helm tragen, sind es in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern nur jeweils elf Prozent. Auf Platz zwei der Helmträger-Länder liegt Baden-Württemberg mit 40 Prozent, den dritten Platz teilen sich mit jeweils 32 Prozent der radelnden Bewohner Hessen und Rheinland-Pfalz. In Bremen und Niedersachsen, den Bundesländern mit den meisten Fahrrad-Haushalten, ist Helmtragen hingegen nicht so in. Hier sind es jeweils 77 beziehungsweise 78 Prozent, die angegeben haben, nie einen Helm zu tragen.
Das Argument, dass ein Helm die Frisur ruinieren könnte, spiegelt sich auch in den Erhebungen wider. Oder wie lässt es sich erklären, dass 63 Prozent aller Frauen, aber nur 57 Prozent aller Männer nie einen Helm tragen? Die Vermutung, dass Kinder häufiger von ihren Eltern zum Helmtragen aufgefordert werden als diese selbst einen Helm tragen, verhärtet sich nicht. Sowohl bei den 14- bis 17-Jährigen als auch bei den 40- bis 49-Jährigen tragen jeweils 28 Prozent Helm. Altermäßig am seltensten kommt der Helm bei den Über-75-Jährigen zum Einsatz. Auch die Gruppe der 18 bis 29-Jährigen fällt negativ auf: Nur 20 Prozent dieser Gruppe trägt immer einen Helm.
Personen mit einem niedrigen Bildungsabschluss schützen sich seltener (23 Prozent davon immer) mit einem Helm als Menschen mit hohem Bildungsabschluss (32 Prozent), ärmere Menschen (18 Prozent) seltener als sehr reiche (31 Prozent).

10. Dezember 2018 von Nadine Elbert
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