Trendsetter E-Mobilität
Nur Zugabe oder Sahnehäubchen? Pedelecs auf der Intermot
dankbar an: Schon am Nachmittag des ersten Messetags waren die Aussteller voll beschäftigt, die für viele Besucher noch relativ neue Form der Mobilität zu erklären, und auch der Extraenergy-Testparcours im hinteren Teil der so genannten E-Motion-Halle 5.2 war gut besucht – am Wochenende gab es dort sogar Gedränge. Diesmal machte das Ausprobieren besonders Spaß: Die Koelnmesse hatte den üblichen Testparcours um einen Outdoor-Kurs über Parkdecks und lange, steile Rampen um etwa 500 Meter ausgedehnt – hier konnten die Bikes zeigen, was sie drauf haben.
Die Stimmung, speziell unter den Herstellen rund um den Parcours war während der Woche sehr gut, bei manchem fast euphorisch: „Im nächsten Jahr wird es hier zwei Hallen mit E-Mobility geben“, prophezeite Michael Schumacher von Kettler; „die Nachfrage bei den Ausstellern ist eindeutig da.“ Trotzdem hatte kaum ein klassischer Vertreter aus dem Fahrrad- bzw. Pedelec-Bereich seinen regulären Stand mit zur Intermot gebracht, die meisten residierten in den kleinen Standboxen rund um den Parcours, von Ausnahmen wie etwa Biketec (Flyer) abgesehen. Dort gab man sich sehr zufrieden mit dem Andrang – an Endkunden.
Ordern auf der Intermot
Was Händlerbesuch anbelangt, machte man in der E-Motion- Halle ganz unterschiedliche Erfahrungen: Produkte mit Lifestyle-Charakter müssen sich, so scheint es, um Händler-Zuwachs keine Sorgen machen; beim Newcomer Grace kamen laut Achim Schulz sogar Händler zur Order. Das Bike mit Motoren von bis zu 1200 Watt Leistung (als E-Bike mit „Gas-“Drehgriff) scheint mit seinem martialischem Design bei betuchten Kunden (Einstiegspreis bei 3.999 Euro) gut anzukommen.
Doch auch zu „normalen“ Pedelec-Ausstellern wie Hostettler, Vertrieb für Wheeler und Bionx, kommen die Händler – vor allem Motorradhändler: „Im Gegensatz zum Motorrad boomt die Bike-Branche, und viele Motorradhändler sehen hier eine Chance, sich ein zweites Standbein zu schaffen“, so Verkaufsrepräsentant Sven Hermann.
Neuheiten auf einer Praxis-Messe
Neuheiten zu liefern ist sicher nur begrenzt Aufgabe dieser Messe. Wer sucht, findet aber doch. Sachs etwa, wo man sich in Zukunft noch mehr auf den E-Bike-Bereich konzentrieren will, zeigte die neuen ZX1 und ZX5 – ein sportliches Pedelec- bzw. E-Rad-Konzept im Crosser-Look mit Hinterradmotor und Scheibenbremsen. Ganz auf Youngsters abgestimmt sind die E-Chopper-Modelle Beast Cruiser in Herren- und Damen-Ausführung. Siebengang-Nabe, Scheiben-Rollerbremsen, Antrieb im Vorderrad und ein Akku unter dem Sattel, der von Handschellen gehalten wird. Kult auf Abruf also.
Sunload, eine Hersteller aus der Photovoltaik-Branche, bringt mit MVelo ein Allround-Ladegerät für Pedelecs. Es kann über ein ca. einen Quadratmeter großes Solarpanel von Sunload laden, aber auch über die Autobatterie (z.B. via Zigarettenanzünder) oder natürlich per Steckdose. Der Vorteil des Geräts ist neben seiner Variabilität die genaue Anzeige der Ladung. Deshalb soll MVelo vor allem auch für Händler und Leihbetriebe interessant sein. Das Gerät hat eine Ladeleistung von etwa 55 Watt bei 10,5 bis 30 Volt und kostet knapp 120,- Euro.
Apropos verleihen: Das soll mit Scooterplan.net besonders einfach werden. Das Online-Buchungssystem verwaltet die gesamte Leihe für den Händler. Ein Kunde, der – zum Beispiel zur ausgiebigen Testfahrt oder der Urlaubsleihe – ein E-Bike mieten will, kann sich über die Händler-Seite online anmelden und seinen Mietwunsch abgeben – alles weitere regelt das System; auf Wunsch inklusive der Online-Bezahlung, der Händler hat die volle Kontrolle über seine Ausleihe, ohne sich um irgendwelche Einträge ins System zu kümmern. Das soll im Monat bei bis zu vier Pedelecs 19.- Euro kosten, bei bis zu zehn 39,-.
E-Biker werden „Bus“-Fahrer
Zu sehen war auf der Messe auch erstmals ein unterstütztes Rad mit einer elektronischen Ausstattung nach dem EnergyBus-Konzept. Der von Extraenergy und Partnern entwickelte offene Standard für Verbindungen und Software am Pedelec soll die Kompatibilität von Batterien, Motoren und Steuerung untereinander sichern. Er kann aber auch eine Basis für die konsequente und reibungslose Weiterentwicklung der Systeme werden und Chaos, das allein aufgrund unzähliger verschiedener Normen auftritt, weitgehend verhindern. Als erstes EnergyBus-konforme Rad stand ein edles Impuls der Firma Tour de Suisse am EnergyBus-Stand, der am Ende der Halle leider kaum die gewünschte Aufmerksamkeit fand. Unter anderem haben sich bereits Bionx, Sanyo, Bosch, Clean Mobile, Philips und andere dem Standard angeschlossen. Philips zeigte auf der Intermot mit seiner neuen E-Bike-Frontstrahlern nach der neuen Norm und mit satten 80 Lux Lichtstärke, dass der Konzern sich in Zukunft durchaus mehr um dieses Segment kümmern könnte.
Ganz unumstritten war abschließend das Konzept der Messe dann doch nicht: Endverbraucher machen noch keine wichtige Messe, meinten vor allem gegen Ende der Woche wieder mehr Aussteller. Da nahm der Besucherstrom noch zu, die gezielten Fragen und fachliche Versiertheit des Publikums wurden aber weniger – „eigentlich mehr wie an einem klassischen Familientag“, bestätigte Stefan Langohr am Test-Stand von Riese und Müller. Es ging vielfach nur ums Ausprobieren. Ein wirklich einheitliches Stimmungsbild zur Messe baute sich am Sonntagabend nicht auf, und wer zwischenzeitlich sehr positiv überrascht gewesen war, relativierte oft seine Meinung wieder etwas. Fakt ist allerdings, dass „Quereinsteiger“ in den Pedelec-Markt mit Fokus auf einen starken Lifestylecharakter im allgemeinen zufriedener abschlossen – und auch mehr Händler gesehen hatten – als die klassischen Fahrrad-Unternehmen – vielleicht ein weiterer Hinweis darauf, dass die Branche beim Markt für Pedelecs und deren Klientel mehr über den Tellerrand schauen sollte.
Trotzdem: Die E-Motion-Abteilung der Messe hatte Überraschendes zu bieten. Auch Elitäres, wie zum Beispiel das zuletzt auf der russischen Millionärsmesse ausgestellte Blacktrail von PG Bikes. Ein Pedelec, das weitgehend aus Carbon besteht, mit einem Clean Mobile Motor mit bis zu 120 NM Drehmoment und einem Gesamtgewicht von unter 20 Kilogramm. Kostenpunkt: 59.500,- Euro. Man kann aber auch erst mal klein anfangen: Mit den Laufrädern für 11.900 Euro (ohne Reifen und Schlauch natürlich).
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