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Der Verkauf verkehrssicherer Fahrräder ist Alltag eines jeden Händlers. Bei Kindern und Jugendlichen muss das Fahrrad noch manche Fahrunsicherheit »ausgleichen«.
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Sportsella Schulung - Schulradeln

Schulradeln - gute Chance für Händler

Das Thema »mit dem Rad zur Schule« wird oft hitzig diskutiert. Von der Warnung, dies sei viel zu gefährlich, bis hin zur Aufforderung, Schulkinder sollten sich wieder mehr bewegen – die Meinungen könnten nicht weiter auseinanderliegen. Und die Fahrradhändler? Oft schweigen
sie und verkennen damit
das Potenzial, das in der
Diskussion liegt.

Der Verkauf verkehrssicherer Fahrräder ist Alltag eines jeden Händlers. Bei Kindern und Jugendlichen muss das Fahrrad noch manche Fahrunsicherheit »ausgleichen«.

Werden die Vor- und Nachteile des Schulradelns diskutiert, ist ein Hinweis auf die Zahlen der Fahrradunfälle nicht weit. 2018 – für 2019 stehen die Zahlen noch aus – verunglückten laut Statistischem Bundesamt 88.880 Radler, rund 11 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Getötet wurden 445 Fahrradfahrer, davon 21, die jünger als 15 Jahre waren (2017: 15). 1174 Kinder unter 15 Jahren verletzten sich bei Unfällen mit dem Fahrrad schwer (2017: 1134), 9029 leicht (2017: 8709). Vergleicht man die Zahl der Unfallopfer (10.224) von 2018 mit der aus dem Jahr 2017 (9858), ist ein Plus von fast 4 Prozent zu beklagen. Gleichzeitig zeigen die Zahlen, dass Kinder am häufigsten im Auto verunglücken (36,7 Prozent). 35 Prozent der Opfer waren auf dem Fahrrad und 21,5 Prozent zu Fuß unterwegs, als der Unfall passierte.

Innovative Verkehrsplanung tut not

Angesichts der gestiegenen Zahlen bei Fahrradunfällen kritisiert der ADFC, dass das Tempo beim Radwegebau viel zu schleppend sei. Er fordert finanzielle Mittel für ein bundesweites Investitionsprogramm und städtebauliche Maßnahmen: »Wir brauchen endlich eine Umgestaltung der Städte, mit durchgängigen, sicheren Radwegen und geschützten Kreuzungen, wie sie in den Niederlanden und Nordamerika bereits gebaut werden. Bisher investiert Deutschland nur Peanuts in den Radverkehr. Wir brauchen endlich Pro-Kopf-Investitionen von mindestens 30 Euro, um Deutschland sicher für Radfahrerinnen und Radfahrer zu machen«, bewertet ADFC-Bundesgeschäftsführer Burkhard Stork die Lage. »Sicheren Radverkehr schafft man nicht durch Appelle, sondern nur mit besserer Infrastruktur.«

»Eltern-Taxis« versus Schulradeln

Weil u.a. diese noch auf sich warten lässt, haben »Eltern-Taxis« gerade vor Grundschulen Hochkonjunktur. Mit der Folge, dass das Fahrradfahren für Kinder dort noch gefährlicher wird. Nach den Weihnachtsferien schlug das Thema wieder einmal Wellen, diesmal in Magdeburg: Die Grundschule »Am Grenzweg« verhängte angeblich auf Empfehlung des ADAC und der Polizei ein vermeintliches Fahrradverbot für Erstklässler. Erst ab der zweiten Klasse dürften Kinder mit Erlaubnis der Eltern wieder zur Schule radeln. Alexandra Kruse, Pressereferentin beim ADAC Niedersachsen/Sachsen-Anhalt, widerspricht: Der ADAC sei mit der genannten Grundschule niemals in Kontakt getreten. Gleichzeitig verweist sie aber auf die allgemeine ADAC-Empfehlung, dass Kinder erst ab der dritten Klasse allein mit dem Fahrrad zur Schule fahren sollten. Die zuständige Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Nord war zu dem Fall nicht zu sprechen und auch die Schulleitung wollte auf Nachfrage nichts mehr dazu sagen. Das Landesschulamt Sachsen-Anhalt sei dafür zuständig, hieß es. Dieses stellt fest, »dass es ein Fahrradfahrverbot an der Grundschule ›Am Grenzweg‹ in Magdeburg nicht gibt. Ein solches Fahrradfahrverbot wäre rechtlich nicht durchsetzbar. Ob sich Eltern an eine Empfehlung, Kinder nicht mit dem Fahrrad zur Schule fahren zu lassen, halten, ist diesen überlassen.« Die juristische Möglichkeit eines Fahrradverbots für Kinder schließt übrigens auch der ADAC aus.

Die oft gehörte Unterstellung, Radfahrende seien an ihrem Unglück selbst schuld, ist zynisch und greift zu kurz.Burkhard StorkADFC-Bundesgeschäftsführer

Das Ereignis an der Magdeburger Grundschule ist kein Einzelfall: Schon in früheren Jahren hatten Schulen im Bundesgebiet z.B. Fahrradständer an Schulen einfach abgebaut, um das Problem in den Griff zu bekommen. Michael Reif, zweiter Pressesprecher des Magdeburger Oberbürgermeisters, bringt es auf den Punkt: »Das Problem ›Eltern-Taxi‹ ist allseits bekannt, das ist kein Magdeburger Problem. Das taucht jeden Tag im ganzen Land auf, zum Beispiel auch regelmäßig bei Bürgerversammlungen.« Manche Eltern würden mit dem Auto sogar auf den Schulhof vor die Tür fahren und dabei Kinder sowie Lehrkräfte gefährden. Dabei böte sich das Fahrradfahren an Grundschulen geradezu an. In allen Bundesländern, außer in Nordrhein-Westfalen, gilt die Sprengelpflicht. Sie sieht vor, dass die Kinder eines Schulbezirks auch dort in die Schule gehen, wo sie wohnen. Damit sind die Schulwege gerade für Grundschüler vergleichsweise kurz.

Schulradeln fördern

In Hessen wurde deshalb ein Konzept zum Schulradeln entwickelt, an das sich 2019 auch das Saarland und Bayern anhängte. Auf der hessischen Homepage »Besser zur Schule« heißt es dazu: »Vor den Schultoren stauen sich ›Elterntaxis‹, Verkehrsteilnehmer im Schulumfeld behindern sich gegenseitig auf gefährliche Weise, die Kommunikation bei der Schülerbeförderung klappt nicht; Schulwegepläne und Selbstständigkeit der Kinder und Jugendlichen im Verkehrsgeschehen – häufig ›mangelhaft‹.« Auf Grundlage dieser Bestandsaufnahme liegt der Fokus auf folgenden Konzeptzielen: Kinder und Jugendliche sollen ihren Weg zur Schule sicher und eigenständig zurücklegen können und dabei Umwelt und Ressourcen schonen. Neben selbstbestimmter Mobilität erhofft man sich, dass Kinder und Jugendliche lernen, sich sozialer zu verhalten. Schließlich würde mit der Beteiligung am Schulradeln auch der Grundstein für ein vernünftiges und sachgerechtes Mobilitätsverhalten im Erwachsenenalter gelegt.
Um die Schülerinnen und Schüler ins Boot zu holen, bieten die Verantwortlichen, namentlich das integrierte Verkehrs- und Mobilitätsmanagement in der Region Frankfurt RheinMain (ivm) zusammen mit dem Klima-Bündnis und der Arbeitsgemeinschaft Nahmobilität Hessen, Schulen seit 2015 zwei Wettbewerbskategorien an: Bei der Suche nach der fahrradaktiv-sten Schule sammelt die Schulfamilie, bestehend aus Schülerinnen und Schülern, den pädagogischen Fachkräften und Eltern, in einem Aktionszeitraum von drei Wochen möglichst viele Fahrradkilometer. Bei einem zweiten Wettbewerb wird die innovativste, witzigste und kreativste Aktion, die die Themen Fahrrad und Schule verbindet, prämiert.
Im Angebot ist auch ein digitaler Schülerradroutenplaner ( www.schuelerradrouten.de ), basierend auf einem Schulradwegenetz für 240 weiterführende Schulen in der Region Frankfurt/RheinMain. Er liefert Informationen zur Lage der Schule, zu Gefahrenpunkten und Warnhinweisen und empfiehlt einen sicheren Weg zur Schule.
Das Saarland übernahm das hessische Konzept 2019 – nur der Schüler-radroutenplaner fehlt bisher. Auch Bayern startete im letzten Jahr entsprechende Pilotprojekte in den Landkreisen Augsburg und Fürth sowie in den Städten Erlangen, Lindau am Bodensee, München und Wolfratshausen, allerdings nur an weiterführenden Schulen und beschränkt auf den Wettbewerb des Kilometersammelns.
In der Initiative »AKTIONfahrRAD« arbeitet die Fahrradindustrie mit Händlern, insbesondere aus Baden-Württemberg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, sowie Radlern zusammen, »um junge Menschen nachhaltig aufs Rad zu setzen. Sie fördert den Nachwuchs, stellt Schulen Räder zur Verfügung, engagiert sich für Schul- und Hochschulprojekte und unterstützt bundesweit die Aus- und Weiterbildung von Lehrer/innen, damit das Radfahren attraktiver und sicherer wird«, heißt es von Seiten der Organisatoren. Die Initiative sucht ebenfalls nach »Deutschlands fahrradfreundlichster Schule«, wobei auch hier die Suche auf weiterführende Schulen beschränkt ist. »Gerade in diesem Alter nehmen die Schüler Abschied vom Radeln und sie wenden sich vermehrt anderen Interessen zu. Durch Erlebnis und Spaß rund ums Rad soll diesem negativen Trend gegengesteuert werden«, heißt es dazu auf der Internetseite.

Eigenes Engagement zahlt sich langfristig aus

Die Chancen für Fahrradhändler, junge Schülerinnen und Schüler als Kunden zu gewinnen, stehen also gut, setzt aber zuvor meist ehrenamtliches Engagement voraus. Anknüpfungspunkte gibt es genug: Schulen haben keine Reparaturwerkstatt – Fahrradhändler schon. Am Samstag nach Geschäftsschluss noch eine kleine Reparatureinheit für junge Kunden erhöht ihre Freude am Radeln. Neben den Kindern werden auch die Eltern vom Engagement des Händlers erzählen, z.B. im Elternbeirat der Schule. Für Händler, die sich dort ebenfalls engagieren, bietet sich die Möglichkeit, beim nächsten Elternabend eine Einheit zu »Wie passe ich den Fahrradhelm richtig an?« anzubieten. Ein kostenloser Sicherheitscheck vor dem Herbst nur für Räder von Kindern und Jugendlichen lässt diese sicher über den Winter kommen. Ein solches Angebot machen beispielsweise die Händler bei der Initiative »AKTIONfahrRAD«.
Nicht zuletzt sollten sich Händler in die Verkehrspolitik einmischen. Vielerorts finden derzeit Bürgerbegehren zu Radentscheiden statt. Auf Bürgerversammlungen werden neue Verkehrskonzepte erklärt und diskutiert. Händler kennen die Klagen der Kunden vor Ort. Eine sinnvolle Forderung auf kommunaler und Landesebene könnte z.B. das Erstellen von Radschulwegplänen sein, die mit der Straßenverkehrsbehörde, der Polizei und den Schülerinnen abgestimmt sind. Gelingt es Händlern auf kommunalpolitischer Ebene eine Forderung durchzusetzen, sollten sie dies an die Kunden zurückkoppeln.
Haben Händler ihren Sitz in Hessen, im Saarland oder in Bayern, wo die Initiativen »Mit dem Rad in die Schule« aktiv sind, sollten sie darauf aufmerksam machen. Dabei sollten hessische Händler beim Verkauf eines Kinderfahrrads nicht vergessen, auf den Schülerradroutenplaner aufmerksam zu machen und die sichere Route als Ausdruck den Eltern mitgeben. Auch eine Schaufensterdekoration kann den Fokus auf das Thema Schulradeln legen – besonders gute Zeitpunkte hierfür sind der Schulanfang nach den Sommerferien oder in wenigen Wochen der Beginn des Frühlings.

9. Februar 2020 von Dorothea Weniger

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