Schweizer Branchentreff Infotech feiert – und zieht um

Wie sich der Fahrradhandel in den letzten Jahren verändert hat, spiegelt sich deutlich im Programm der Infotech. Waren es anfangs hauptsächlich Technik-Workshops und Produkteschulungen, so nahmen am diesjährigen Weiterbildungsanlass der Schweizer Fahrradbranche Seminare zu Betriebsführung und Verkauf bereits einen beachtlichen Teil des Angebots ein. Besonderes Gewicht erhielt dabei die zunehmende Elektrifizierung und Digitalisierung der Branche: Gleich mehrere Seminare widmeten sich dem Velohandel im Internet und den daraus entstehenden Herausforderungen für das lokale Fachgeschäft. Sie fanden regen Zuspruch, gleich wie die Verkaufsschulungen, in denen Händler Tipps zum Umgang mit den anspruchsvollen, durchs Internet gut informierten Bikern erhielten.

Produkt- und Serviceschulungen bildeten zwar auch an der diesjährigen Infotech noch den Schwerpunkt des Programms, doch auch hier drückte die Elektronik durch: Viele Schulungen beschäftigten sich mit E-Bikes, elektronischen Schaltungen und Federungen sowie mit digitalen Messgeräten für Leistung und Ergonomie. Und auch die Schulungen zu rein mechanischen Komponenten kamen nicht mehr ohne Hinweise zu Online-Tutorials, Wartungsvideos und digitalen Serviceplattformen aus.

Mehr Kontaktmöglichkeiten mit Branchendienstleistern

Die Auseinandersetzung mit den neuen digitalen Möglichkeiten und Herausforderungen endete aber nicht mit dem Schlussgong der einzelnen Seminare. Zwischen und nach den Schulungen konnten sich Händler über elektronische Warenbewirtschaftungssysteme und Verwaltungssoftware für Werkstatt-Aufträge informieren. Dass ihre Leistungen gefragt waren, zeigte sich nicht nur am regen Interesse während der Infotech. Händler, noch rasch vor Saisonstart eine solche Software bei sich einrichten wollten, wurden bei vielen Anbietern wegen übervoller Auftragsbücher auf Herbst vertröstet.

Neu wurde in diesem Jahr eine so genannte „Meet & Greet“-Zone eingerichtet, wo sich die Infotech-Besucher mit weiteren branchennahen Dienstleistern in Kontakt treten konnten. Auch hier zeigen sich die Zeichen der Zeit – mehrere Onlineportale und das hoffnungsvoll aufgezogene Fachhändler-Webshop-Projekt veloplace.com (velobiz.de berichtete) suchten das Gespräch mit dem Fachpublikum. Diese Möglichkeit nutzte auch der Händlerverband 2rad Schweiz. Bemerkenswert ist dies, weil es die erste öffentlich sichtbare Zusammenarbeit seit Jahren zwischen dem Verband des Zweiradgewerbes und Velosuisse, der Vereinigung der Hersteller und Importeure ist. Diese steht hinter der Infotech und gibt ihren Mitgliedern die Möglichkeit, mit Schulungen zu Ihren Produkten oder allgemeinen Seminaren die Kompetenz des Fachhandels zu stärken.

Folgendes Internets im persönlichen Kundenkontakt

Die Digitalisierung hinterliess ihre Spuren aber auch im traditionsreichen Podiumsgespräch. Zum Thema „Hat der Kunde eigentlich immer recht?“ kreuzten dabei Vertreter aus dem Fachhandel die Klingen mit dem Journalisten einer Konsumentenzeitschrift und der Geschäftsführerin der Stiftung für Konsumentenschutz. Für tiefgründige Analysen, was denn zwischen Händler und Kunden so abgeht, sorgte ein Kommunikationsexperte. Gleich zu Beginn wurde beim Gespräch unter der Leitung des Branchen-Tausendsassas Marius Graber festgestellt, dass viel Konfliktpotenzial erst entstanden ist, seit sich die Kunden online über Preise und Angebote bei in- und ausländischen Anbietern informieren können und oft auch gleich dort bestellen. Einigkeit herrschte am Schluss nicht, was denn nun die Kunden im stationären Handel an Preisen und Dienstleistungen erwarten dürfen, doch hatten die verschiedenen Parteien immerhin die Möglichkeit, für Verständnis für ihre Position zu werben. Ein Fazit war, dass viele Konflikte im Handel entschärft werden können, wenn sich die Gesprächspartner richtig zuhören und bereit sind, Kompromisse einzugehen.

Ab 2018 auf dem Land

Vom vielfältigen Mix nahe an Plus des Tagesgeschäfts profitierten nicht nur die Teilnehmer, sondern einmal mehr auch die Infotech selbst. Mit rund 670 Besuchern und zusätzlichen 300 Mitarbeitern der Seminaranbieter war der Anlass wie schon in den Vorjahren komplett ausgebucht. Ganz gleich wird sich diese Erfolgsgeschichte aber im kommenden Jahr nicht mehr fortsetzen lassen: Weil die Armee als Besitzerin des bisher genutzten Seminarzentrums Eigenbedarf anmeldet, muss die Infotech 2018 umziehen. Fündig wurde man im Seminarzentrum Sempachersee in Nottwil. Diese ländlich gelegene Tagungsstätte mit angeschlossenem Hotel bietet zwar nicht die städtischen Vorteile des bisherigen Austragungsorts Luzern, dafür aber ein umfassendes Angebot unter einem Dach ohne den rustikalen Militärcharme, der die Infotech während den letzten 15 Jahren begleitete. Das Datum steht bereits fest: Die Infotech 2018 wird am 4. Und 5. Januar am neuen Ort über die Bühne gehen.