Eröffnungsrede zur Interbike
Trek-Chef Burke: "US-Markt steht an einem Scheideweg"
Dass ausgerechnet John Burke, Präsident der Trek Bicycle Corporation, die Interbike mit einer Rede eröffnete, war durchaus bemerkenswert. Schließlich hat der amerikanische Marktführer der Fachmesse schon vor einigen Jahren den Rücken gekehrt und nimmt seitdem nur noch als Aussteller bei den Demo Days an der Interbike teil. Doch John Burke ist nicht nur Chef von Trek, sondern darüber hinaus auch ein aktiver Mitstreiter in der amerikanischen Fahrrad-Lobby. „Burke hat wie kaum eine andere Person die Branche angeleitet und inspiriert, mehr zu tun, als nur Fahrräder zu bauen“, sagte Interbike-Direktor Pat Hus in seiner Ankündigung des prominenten Redners.
Die guten Nachrichten sieht Burke in seiner Rede vor allem im zurückliegenden Wandel der Fahrradpolitik in den USA. Zwischen 1992 und 2001 seien die staatlichen Ausgaben für den Radverkehr in den USA bei 1,8 Mrd. USD gelegen, so Burke. In der seitdem vergangenen Dekade, also zwischen 2002 und 2011, sei dieser Betrag auf rund 6 Mrd. USD gestiegen. Die Zahl der Fahrrad-Projekte, die mit diesen Mitteln ermöglicht werden konnten, sei in denselben Zeiträumen von 6300 auf 18.000 gestiegen. Als Folge dessen habe die Zahl der fahrradfreundlichen Kommunen in den USA in den letzten zehn Jahren um ein vielfaches zugenommen, so Burke.
Die schlechte Nachricht ist, dass einige Budgets im US-Haushalt für den Radverkehr für 2013 dramatisch gekürzt wurden. Die Mittel zur Verbesserung der Fahrradinfrastruktur und für sichere Schulwege, die bisher bei jährlich knapp 500 Mio. USD lagen, wurden beispielsweise ersatzlos gestrichen. Auch Projekte für Freizeit-Radrouten, für die bisher 85 Mio. USD zur Verfügung standen, werden im neuen US-Haushalt nicht mehr unterstützt. Zwar sollen neue Budgets für nachhaltige Entwicklungen geschaffen werden, die dann auf der Ebene der Bundesstaaten individuell vergeben werden. Doch inwiefern davon der Radverkehr profitieren werde, sei bisher nicht abzusehen.
„Das, wofür so viele Menschen in der Fahrradindustrie über zehn bis fünfzehn Jahre gekämpft haben, ist innerhalb einer Woche verschwunden“, sagte Burke mit Blick auf die jüngst abgeschlossenen Haushaltsplanungen im US-Kongress.
Seine zweite schlechte Nachricht: Trotz der zahlreichen Aktivitäten pro Fahrrad in den vergangenen Jahren sei es kaum gelungen, den Radverkehrsanteil in den USA deutlich zu steigern. „Wir haben die Messlatte lediglich von 0,75 % auf 1,3 % angehoben“, so Burke. Im internationalen Vergleich der Industrienationen sind die USA damit weiterhin das Schlusslicht.
Burke sieht somit noch keinen Anlass, sich auf dem bisher Erreichten schon auszuruhen. Das realistische Ziel für die amerikanische Fahrradindustrie müsse lauten, den Radverkehrsanteil bis 2025 auf 5 % anzuheben, sagte Burke. Doch dies sei nur mit einer Verstärkung der Lobby-Arbeit zu erreichen, so der Trek-Chef, der einen Vergleich zur starken amerikanischen Waffen-Lobby zog. Deren Verband, die National Rifle Association (NRA), hat vier Millionen Mitglieder und ein jährliches Budget von 250 Mio. USD. Zum Vergleich: Das Budget der Fahrrad-Lobby in den USA beträgt mit 200.000 Mitgliedern vergleichsweise geringe 10 Mio. USD.
„Wenn jeder in unserer Branche einen Beitrag dazu leistet, dann können wir Amerika in ein fahrradfreundliches Land verwandeln“, sagte Burke zum Abschluss seiner Rede mit Hinblick darauf, dass erst 150 von rund 500 Anbietern im US-Bikemarkt Mitglied im Branchenverband Bikes Belong sind.
Die inspirierende Rede von John Burke ist übrigens auch auf Youtube verfügbar:
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