4 Minuten Lesedauer
Umbauten an Pedelecs durch Fahrradhändler sind laut ZIV keine rechtliche Grauzone.
i

ZIV gibt grünes Licht für Fahrradhändler

Umbauten an Pedelecs: Gutachten klärt die Rechtslage

Die Frage wird bei Händlerschulungen in jüngster Zeit regelmäßig aufgeworfen und sorgt für Verunsicherung: Dürfen Fahrradhändler Umbauten an Pedelecs durchführen, die verschiedenen Regelwerken, wie der Maschinenrichtlinie und CE-Norm unterliegen? Und inwiefern haftet der Fahrradhändler für die Umbauten? Der Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) hat nun ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, das diese Fragen beantworten soll. Das Ergebnis fällt für den Fahrradhandel positiv aus.

Die Meinung, die in den letzten Monaten vor allem von einigen Sachverständigen bei Händlerschulungen geäußert wurde, hat für Verunsicherung in Handelskreisen gesorgt. Sinngemäß wurde dabei gesagt, dass Fahrradhändler praktisch keine Umbauten an Pedelecs (also nicht nur an bauartgeprüften schnellen E-Bikes) vornehmen dürfen, da sonst die Konformitätserklärung des jeweiligen Herstellers erlischt.

Der ZIV vertritt jedoch als Vertreter der Fahrrad- und Fahrradteilehersteller in Deutschland eine andere Auffassung, die nun auch von einem Rechtsgutachten gestützt wird. Dieses hatte der ZIV beim Frankfurter Fachanwalt für Wirtschaftsrecht Stefan Zdarsky in Auftrag gegeben. Und der sagt folgendes: „Produktsicherheitsgesetz und Maschinenrichtlinie knüpfen an das sogenannte Bereitstellen von Produkten auf dem Markt an“. Und weiter: „Nur die erstmalige Bereitstellung auf dem Markt ist als Inverkehrbringen des konkreten Produktes zu werten.“ Dabei herrsche in Fachkreisen Einvernehmen, dass bereits „die Abgabe eines Produktes zum Vertrieb“ als erstmalige Bereitstellung zu verstehen sei.

Daraus zieht Fachanwalt Zdarsky in seinem Gutachten folgenden Schluss: „Baut ein Händler ein Produkt um, indem er eine Komponente austauscht oder modifiziert, so unterfällt dies nicht mehr dem Produktsicherheitsgesetz .“

Doch es gibt eine Ausnahme, nämlich wenn der Lieferant seinen Sitz außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EU-Länder plus Liechtenstein, Island und Norwegen) hat: „Dann wird der Händler als Importeur tätig, der ein Produkt erstmals in den Bereich des EWR einführt. In diesem Fall treffen ihn als Importeur die Pflichten wie einen Hersteller. Er muss für die Konformitätsbewertung und -erklärung sorgen, er stellt das Produkt erstmalig bereit und ist somit Produkt sicherheitsrechtlich verantwortlich, als ob er ein Hersteller wäre und das Produkt erstmals in Verkehr bringt . Hat der Lieferant, der das Produkt von außerhalb des EWR an den Händler liefert, eine Konformitätsbewertung vorgenommen, ist der Händler demnach verpflichtet, zu überprüfen, ob die Konformitätsbewertung nach dem Umbau immer noch Gültigkeit besitzt.“

Das Gutachten des ZIV-Anwalts dürften viele Fahrradhändler mit Erleichterung aufnehmen. ZIV-Geschäftsführer Siegfried Neuberger warnt jedoch, dass dies kein Freibrief ist, der Fahrradhändler bei Umbauten von jeglicher Haftung befreit: „Im Prinzip bedeutet das Gutachten, dass Fahrradhändler, wenn sie Komponenten an einem Pedelec tauschen, dieselbe Sorgfalt walten lassen müssen, wie bei jedem Fahrrad ohne Elektroantrieb. Dazu zählt auch, dass der jeweilige Händler sicherstellen muss, dass die neu verbauten Komponenten für den jeweiligen Einsatzzweck sicher und geeignet sind.“ Am einfachsten ginge dies, so Neuberger, in dem Fahrradhändler nur Komponenten bzw. Teile-Kombinationen verbauen, die von ihrem jeweiligen Hersteller für die Verwendung an Pedelecs explizit frei gegeben wurden.

Was sind (nur) Komponenten?

Etwas anders würde der Fall nach Auffassung des ZIV-Anwalts liegen, wenn der Austausch von Bauteilen "zu einer wesentlichen Änderung im Sinne des § 82 Leitfaden der Kommission zur Anwendung der Maschinenrichtlinie" führen würde. "Hier ist in erster Linie und wohl nur an den Rahmen oder das Antriebssystem als mögliche Bauteile zu denken", heißt es im Gutachten. Und weiter: "Wird der vom Hersteller vorgesehene Rahmen durch einen Rahmen anderer Bauart getauscht, so wird faktisch ein neues Rad konzipiert. Hier wird der Händler zum Hersteller einen neuen Rades. Dann muss er für dieses neue Rad auch eine Konformitätsbewertung vornehmen. Ändert der Händler die Leistungsdaten des Antriebs, so werden die elektromagnetischen und die Antriebseigenschaften des Rades erheblich beeinflusst. Es muss dann eine neue CEKonformitätsbewertung erfolgen – und zwar vom Händler. Die sonstigen Komponenten eines Pedelec dürften dagegen nicht zur Bewertung der Neukonzeption eines Rades führen. Dann ist auch keine Konformitätsbewertung vom Händler durchzuführen."

4. Februar 2015 von Markus Fritsch

Verknüpfte Firmen abonnieren

ZIV Zweirad Industrie Verband e.V.
Nur für Abonnenten
News
Nur für Abonnenten
Kommentare
Nur für Abonnenten
Stellenmarkt
Velobiz Plus
Die Kommentare sind nur
für unsere Abonnenten sichtbar.
Jahres-Abo
115 € pro Jahr
  • 12 Monate Zugriff auf alle Inhalte von velobiz.de
  • täglicher Newsletter mit Brancheninfos
  • 10 Ausgaben des exklusiven velobiz.de Magazins
Jetzt freischalten
30-Tage-Zugang
Einmalig 19 €
  • 30 Tage Zugriff auf alle Inhalte von velobiz.de
  • täglicher Newsletter mit Brancheninfos
Jetzt freischalten
Sie sind bereits Abonnent?
Zum Login