Konzentrationsprozess geht weiter
Umsatzsteuerstatistik: Weniger Fahrradhändler machen mehr Umsatz
Über 100 Händler weniger als im Jahr 2009 verzeichnet die Umsatzsteuerstatistik für den Wirtschaftszweig „Einzelhandel mit Fahrrädern, Fahrradteilen und Zubehör“. Von 5722 umsatzsteuerpflichtigen Fahrradhändlern sank die Zahl innerhalb eines Jahres auf 5613 Händler. Diejenigen, die sich behaupten konnten, konnten allerdings im Schnitt höhere Umsätze erzielen als im Vorjahreszeitraum 2009.
Zahlenmäßig sind die meisten Händler aus den Umsatzkategorien 100.000 bis 250.000 und 250.000 bis 500.000 EUR aus der Statistik ausgeschieden. Mit jeweils 41 bzw. 40 Händlern weniger gab es in diesen Gruppen die absolut meisten Abgänge. Zahlenmäßig gewachsen sind nur die Händler mit einer Umsatzgröße zwischen 50 und 100.000 EUR (plus 46 Händler auf 986), sowie mit Umsätzen zwischen 5-10 Mio. EUR, in die sich vier weitere Händler hocharbeiten konnten.
Dagegen konnte fast jede Umsatzklasse über 500.000 EUR Umsatz ein Plus verzeichnen, nur in der Gruppe der Händler mit Umsätzen zwischen 2 bis 5 Mio. EUR war ein kleines Minus pro Unternehmen zu vermelden. Aus der Gruppe der größten fünf Händler (bzw. Ketten) mit Umsätzen über 25 Mio. EUR konnte mindestens einer auch die 50 Mio. Umsatzgrenze überspringen. Aus Gründen des Steuergeheimnisses werden diese Daten aber nicht näher aufgeschlüsselt, da sonst eventuell Rückschlüsse auf die Unternehmen möglich wären. Diese fünf "Big Player" konnten ihren durchschnittlichen Umsatz binnen Jahresfrist von 38,6 auf 46,5 Mio. EUR steigern, womit sie klar zu den Gewinnern des Jahres 2010 gehören.
VDZ: Kleinere Händler profitieren weniger vom Elektro-Boom
Die in den vergangenen 10 Jahren deutlich zurückgehende Händlerzahl spricht für einen kontinuierlichen Konzentrationsprozess in der Fahrradbranche. Velobiz.de fragte den Vorsitzenden des VDZ, Thomas Kunz, nach den weiteren Entwicklungen der Branche.
{b}Velobiz.de{/b}: Herr Kunz, die Zahl der Fachhändler ist laut den letzten Zahlen aus der Umsatzsteuerstatistik für 2010 wieder gesunken, gleichzeitig stieg der Gesamtumsatz der verbleibenden Händler. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung des Fahrradfachhandels?
Thomas Kunz, VDZ: Dass die Zahl der Fachhändler leicht gesunken ist, liegt u. E. daran, dass es immer schwieriger wird, die Kunden in kleine Läden zu bekommen. Die Kunden wollen Auswahl, ein Einkaufserlebnis und von einer großen Auswahl ihren Wunschartikel sofort mitnehmen. Wahrscheinlich leiden deswegen die kleinen Händler stärker unter dem Internet als die größeren.
Diese Entwicklung zeigt auch der Trend zum E-Bike auf. In erster Linie profitieren hiervon die größeren Fachgeschäfte. Die kleineren Unternehmen hatten eher Umsatzrückgänge zu verkraften und konnten vom E-Bike-Boom nur marginal profitieren. Sie können den vergleichsweise hohen Kapitaleinsatz, der für das E-Bike-Geschäft erforderlich ist, selten erbringen. Zudem verfügen sie in der Regel auch nicht über ausreichende Verkaufs- und Lagerflächen, um ein von den Verbrauchern in diesem Segment erwartetes breites Angebot vorhalten zu können.
Die kleineren Händler, die nicht von der Nachfrage nach E-Bikes profitieren konnten, haben also rückläufige Umsätze und Ergebnisse zu verzeichnen, verbunden mit einem weiteren Kapitalverzehr. Der zum Ausgleich von vielen Unternehmen dieser Größenklasse versuchte Ausbau des Service-Bereichs ist kostenintensiv und oft nur dann in der Lage, das Unternehmen abzusichern, wenn die Inhaberfamilie bereit ist, persönlich einen hohen Einsatz zu bringen. Es fällt diesen Unternehmen zunehmend schwer, im Servicebereich auskömmliche Preise zu erzielen.
Ein weiteres Problem für kleinere Betriebe ist auch die Betriebsnachfolge. Es ist einfacher, für einen größeren Laden mit einem gewissen betriebswirtschaftlichen Erfolg und Prestige einen Nachfolger zu finden - egal, ob intern (Mitarbeiter oder Familie) oder einen externen. Somit verschwindet dann auch der eine oder andere Kleinbetrieb.
{b}Velobiz.de{/b}: Hat sich diese Entwicklung seit 2010 weiter fortgesetzt?
Thomas Kunz, VDZ: Die Unternehmen des Fahrradeinzelhandels verkauften im letzten Jahr rund 4 Millionen Fahrräder und erzielten damit einen Umsatz von 2 Milliarden Euro.
Der Fachhandelsanteil an den Fahrradumsätzen ist von 76 % Marktanteil in 2010 weiter auf 78 % in 2011 gestiegen.
Diese Umsatzsteigerung dürfte mehrere Gründe haben: Effizienzsteigerung, Flächenwachstum, und wachsender Kostendruck mit dem Zwang, die Umsätze zu erhöhen, um die dafür notwendigen Kostendeckungsbeiträge zu erwirtschaften.
Der Wert des verkauften Rades ist außerdem gestiegen, dies liegt natürlich vor allem am Elektrorad. Die immer noch vergleichsweise hohen Qualitätsansprüche der Käufer - gerade bei der Anschaffung eines E-Bikes - haben den Fachhandelsanteil am Fahrradumsatz weiter steigen lassen. Niedrigpreisprodukte konnten sich in diesem Sektor nach den Erfahrungen des VDZ bisher noch nicht durchsetzen.
Der Fahrradhandel erwartet auch im Jahr 2012 einen weiterhin stabilen Trend zum Radfahren. Daraus entsteht eine große Nachfrage nach hochwertigen Produkten, auch im Zubehör-Bereich.
Qualifizierte Fachhandelskapazitäten sind ausreichend vorhanden und auch ein ausreichend dichtes Service-Netz, das für die Akzeptanz dieses Verkehrsmittels seitens der Verbraucher von großer Bedeutung ist
Trendforscher haben im Allgemeinen eine leichte Abkehr der Verbraucher von „Billigprodukten“ erkannt. Das große Interesse an innovativen Produkten und das steigende Qualitätsbewusstsein - sowohl bei hochwertigen Produkten als auch bei Dienstleistungen - ist für die Fahrradbranche zu begrüßen und wird die Position des Fachhandels im Markt stabil halten.
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