Zwei neue Leitfäden
Verbände nehmen E-Bike-Tuning ins Visier
Die Fachverbände der Fahrradbranche aus Industrie, Handel und Handwerk haben zwei neue Leitfäden veröffentlicht, die sich mit Risiken beim „Tuning von E-Bikes 25 / Pedelecs“ und dem „Nachrüsten von E-Antrieben“ befassen. Zu beiden Themen gibt es angesichts von Angebot und Nachfrage und mit Blick auf die Folgen aus Sicht der Verbände deutlichen Aufklärungsbedarf.
Vielen Nutzenden scheinen insbesondere beim Tuning die gravierenden Folgen bis hin zu Straftatbeständen unbekannt. Auch das Nachrüsten von Fahrrädern mit E-Antrieben sehen die Experten angesichts der bestehenden technischen Normen und Anforderungen kritisch.
Während die Motor-Nachrüstung aus Sicht der Experten eher ein Fachthema für Werkstätten ist, geht es beim Tuning, also der Erhöhung der bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit, von Elektrofahrrädern in erster Linie um die breite Sensibilisierung der Verbraucher. Denn die Anbieter von Tuning-Kits klären die Kunden nach den Erfahrungen der Experten nur unzureichend auf.
Oftmals wird einzig im Kleingedruckten erwähnt, dass der Einsatz eines solchen Kits im öffentlichen Straßenraum nicht zulässig sei. Mit keinem Wort wird darauf hingewiesen, dass die Nutzung generell gefährlich sein kann, weil die Fahrradkomponenten nicht auf die höhere Dauerbelastung ausgelegt sind. Besonders schwerwiegend kann sich die Nutzung im öffentlichen Raum durch „Fahren ohne Fahrerlaubnis“ oder „Fahren ohne Versicherungsschutz“ verhalten.
Wichtig zu wissen:
Pedelecs mit Tuning-Kits sind keine Elektrofahrräder mehr, sondern Kraftfahrzeuge, die ohne Versicherungsschutz im Verkehr bewegt werden und beispielsweise auch nicht auf Radwegen fahren dürfen. Die Fachverbände der Fahrradbranche setzen sich zusammen mit der Industrie bereits seit Jahren dafür ein, das Tuning möglichst zu erschweren und dafür, das Nutzende über die Sachlage und die Gefahren aufzuklären sind.
Tuning macht E-Bikes 25 / Pedelecs zu Kraftfahrzeugen:
E-Bikes 25 / Pedelecs sind auf eine Nenndauerleistung von 250 Watt und eine bauartbestimmte Höchstgeschwindigkeit mit elektrischer Tretkraftunterstützung von max. 25 km/h begrenzt. Nur dann sind sie gemäß § 63a Absatz 2, StVZO straßenverkehrsrechtlich Fahrrädern gleichgestellt.
Jegliche Steigerung von Leistung und/oder der bauartbestimmten Geschwindigkeit über diese Grenze hinaus hat zur Folge, dass das Fahrrad verkehrsrechtlich zu einem Kraftfahrzeug wird. Dadurch ergeben sich gravierenden Konsequenzen:
· Betriebserlaubnispflicht (Einzelabnahme durch autorisierte Prüfstelle)
· Fahrerlaubnispflichtig (Klasse abhängig von Höchstgeschwindigkeit)
· Versicherungspflichtig (Versicherungskennzeichen)
· Helmpflicht
· Keine Radwegebenutzung zulässig
· Nachweis der Betriebsfestigkeit aller sicherheitsrelevanten Bauteile
Mögliche rechtliche Konsequenzen für Nutzende bei Tuning:
· Ordnungswidrigkeit und Bußgeld
· Straftatbestand (§ 21 StVG: „Fahren ohne Fahrerlaubnis"; § 6 PflVG: „Fahren ohne Versicherungsschutz“). Im Wiederholungsfall evtl. Eintragung im Führungszeugnis (Vorbestraft)
· Verlust des Versicherungsschutzes (Privathaftpflicht)
· Verlust der Sachmängelhaftung und Gewährleistungsansprüche
· Verlust der Fahrerlaubnis
· Regelmäßig Teilschuld bei Unfall
Mögliche rechtliche Konsequenzen für Händler bei Tuning:
· Beihilfe zur Straftat, Beteiligung an einer Ordnungswidrigkeit
· Haftung des Händlers für Personen- und Sachschäden
· Verlust des Betriebshaftpflicht-Versicherungsschutzes
Nachrüsten von Fahrrädern macht diese rechtlich zur Maschine:
In ihrem Leitfaden „Risiken beim Nachrüsten von Fahrrädern mit E-Antrieben“ weisen die Fachverbände der Fahrradbranche aus Industrie, Handel und Handwerk darauf hin, dass Fahrräder für den Einsatz mit reiner Muskelkraft konstruiert und geprüft sind. Durch die Nachrüstung mit speziellen Kits werden diese Fahrräder mindestens zu E-Bikes 25 / Pedelecs, die der Maschinen- und EMV-Richtlinie (Elektromagnetische Verträglichkeit) unterliegen und entsprechend geprüft werden müssen. Abschließend müsste der Nachrüstende eine Konformitätserklärung erstellen, was dieser in der Regel nicht kann bzw. darf. Bei höherer Leistung als 250 Watt und mehr als 25 km/h Tretunterstützung, handelt es sich verkehrsrechtlich um ein Kraftfahrzeug, das eine Einzelabnahme, eine Betriebserlaubnis von autorisierter Stelle benötigt.
Mögliche rechtliche Konsequenzen für Händler bei Nachrüstung:
· Beihilfe zur Straftat, Beteiligung an einer Ordnungswidrigkeit
· Haftung des Händlers für Personen- und Sachschäden
· Verlust des Betriebshaftpflicht-Versicherungsschutzes
Mitwirkende Institute und Verbände
An der Erstellung der Leitfäden sind folgende Institute und Verbände beteiligt:
Bundesinnungsverband Zweirad-Handwerk (BIV), TÜV Rheinland, velotech.de, Verbund Service und Fahrrad (VSF), Zedler-Institut und der Zweirad-Industrie-Verband (ZIV).
Die Leitfäden gibt es hier als pdf zum Download
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