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Windjacke, Shorts und Trikot braucht jeder – der Handel schafft die Balance, Basics anzubieten, ohne die Auswahl ein­zuschränken.
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Handel - Bikewear

Wo steht der Fachhandel mit Bikewear?

Manche Sortimente haben sich dem Fachhandel bereits entfremdet und laufen hauptsächlich online. Andere sind fest in der Hand der stationären Händler. Und dann gibt es da noch eine ziemlich große Grauzone dazwischen, zu der auch Fahrradbekleidung gehört.

Das Ringen um Bikewear im Handel läuft schon seit vielen Jahren, und bisher schien es klar, dass der Online-Handel, aber auch der Sport- und Textilhandel mehr und mehr von diesem Sortiment für sich beanspruchen. Seit jeher war der Spruch von »ölige Hände gehen nicht mit Bekleidung« eine Erklärung, warum sich der Fahrradhandel so schwer mit Bikewear tat. Doch der Handel hat in den vergangenen Jahren neue Wege und Möglichkeiten entdeckt, sich mit Bikewear zu profilieren.

Alte und neue Zeiten

Doch zunächst einmal gilt es festzuhalten, was nicht mehr geht. »Zu sagen: ›Ich bin Fahrradhändler und hänge jetzt drei Trägerhosen hin‹ – diese Zeiten sind vorbei«, sagt Richard Thomas von der Bekleidungs- und Zubehörmarke Endura. Die Idee, das bloße Minimum anzubieten und Bikewear zum Mitnahmeprodukt ohne angemessene Präsentation zu degradieren, fruchtet angesichts der Wettbewerbslage nicht mehr – wenn es denn überhaupt je funktioniert hat. »Aber die Händler, die ihr Herzblut da reingeben, für die funktioniert es hervorragend. Man muss das als Teil des Zubehörs sehen.« Wer die Mode als wesentlichen Teil der Ladenausrichtung annimmt, könne selbstverständlich damit erfolgreich sein.
Ganz ähnlich sieht das auch Axel Bauer, der bei der MVC Sport Vertriebs GmbH die Kommunikation der Marken Castelli und Sportful verantwortet: »Die Ausrichtung des Ladens entscheidet. Ich kann mir vorstellen, dass es Läden gibt, wo es sinnvoll ist, nur noch Hardware zu verkaufen. Aber es gibt auch Händler, die Bikewear mit Leidenschaft verkaufen. Halbherzig, das hat noch nie und in keinem Lebensbereich funktioniert. Wenn ich das mache, dann muss ich das richtig machen. Die Präsentation muss stimmen, und sie muss mit den Partnern und Lieferanten abgestimmt sein.«
Damit das gelingt, bietet man Shop-Konzepte für den stationären Handel, um die Marke besser präsentieren und die Geschichte besser erzählen zu können. »Wir wollen Erlebnis- und Themenwelten anbieten«, sagt Bauer. Interessant ist aus seiner Beobachtung, dass der Konzen­trationsprozess beispielsweise bei Rennrädern im Fachhandel den Übriggebliebenen neue Tore öffnet. »Es konzentriert sich durchaus und die Händler, die sich dem Thema Rennrad samt dazugehörigen Textilien verschrieben haben, profitieren davon, dass andere Händler bekleidungstechnisch gar nichts mehr machen. Dabei gibt es schon noch Kunden, die gerne in den Handel gehen und die Haptik haben möchten und die Produkte anprobieren wollen.«
Damit der Händler mit der passenden Bekleidung zu den verkauften Rädern wirklich erfolgreich sein kann, brauche er Engagement. »Händler müssen nicht nur Geld, sondern auch Zeit und Gedanken investieren. Wirklich schwarz und weiß gibt es auch hier nicht.« Die individuelle Lage vor Ort muss stets berücksichtigt werden.
Seiner Ansicht nach läuft es auf eine Entscheidung hinaus: »Man muss sich konzentrieren auf sein Segment. Und dann muss man sich fragen: ›Möchte ich Bekleidung oder nicht?‹ Und wenn ich das machen will, muss ich meine relevanten Marken aussuchen.«
Gerade bei beengten Platzverhältnissen gilt es, die Auswahl sorgfältig vorzunehmen. Eine Hauptmarke und eine Ergänzung sieht Bauer als eine gute Aufstellung. Das ist aber etwas anderes als eine reine Basic-Strategie. Nur schwarze Shorts und ein paar Trikots reichen heute nicht mehr. »Die Händler, die sagen, dass sie damit gut fahren, weil sie die schwarze Hose auch noch in zwei oder drei Jahren verkaufen können, sind häufig die gleichen Händler, die sich beschweren, weil es bei ihnen nicht läuft.« Der Unterschied besteht darin, dass man innerhalb der präsentierten zwei Marken dann eine gewisse Sortimentsbreite zeigt.
Natürlich ist die große Sorge des Handels, auf Ware sitzenzubleiben und dann nur noch mit großen Preisnachlässen verkaufen zu können. Gerade bei Bekleidung, wo es mindestens zwei Kollektionen pro Jahr gibt, besteht die Gefahr, irgendwann auf einem Berg Textilien zu sitzen, der Geld und Platz bindet. Eine durchaus spektakuläre Lösung für dieses Problem bietet Endura (siehe Porträt in dieser Ausgabe ab S. 34): »Was bei uns gut funktioniert, ist das Warenrotationssystem. Der Händler hat keinen Druck, etwas zu verkaufen und kann so auch etwas risikolos ausprobieren. Wir managen für ihn die Kategorie, wofür er vielleicht gar keine Kapazitäten hat in der Hauptsaison«, erklärt Endura-Manager Thomas.

Produkttrends kommen im Handel an

Dabei kümmert man sich auch um die Fragen der Sortimentsgestaltung. Insbesondere zweifelt mancher, ob denn beim Handel alle neuen Trends der Bekleidungswelt beizeiten ankommen. So sind etwa Knieschützer ein Produkt, das mit dem E-MTB zu einem Standard-Accessoire geworden ist, das vielleicht aber noch nicht jeder auf dem Radar hat. Thomas widerspricht jedoch einer solchen These: »Südlich von Frankfurt gibt es keine Händler mehr, die keine Schoner anbieten würden. Die Händler wissen schon, was geht. Man muss nicht mit Online-Händlern konkurrieren und deren Produktumfang nachahmen. Das geht natürlich nicht. Aber wenn ich Kompetenz ausstrahle, mich für die Produktgruppe interessiere und sie aktiv bediene, dann funktioniert das.«

Frequenz und Kompetenz aufbauen

Für viele Radhändler beginnt das Problem mit Textilien bereits vor der Sortimentsfrage. Wie soll man eine Kundschaft ansprechen, die heute auf allen Kanälen umworben wird und zwischen Online-Handel, Sportfachhandel und nicht zuletzt Radladen wählen kann? Klaus Haas, einer der beiden Geschäftsführer bei Maloja, formuliert prägnant einen gangbaren Weg über soziale Verbindungen: »Kompetenz aufbauen, sich spezialisieren und im eigenen Thema ein Einkaufserlebnis schaffen, wo sich Gleichgesinnte treffen und zusammen fahren oder auch nur einen Kaffee trinken können – solche Angebote haben Konjunktur.«
Doch wie gelingt es, den eigenen Laden als Magnet für gleichgesinnte Radfahrer jeder Couleur zu gestalten? Wie dieser Gedanke einer Gemeinschaft umgesetzt werden kann, führt die britische Marke Rapha vor. Sie betreibt ihre eigenen Ladengeschäfte als »Clubhouses«, in denen nicht nur ein eigenes Café integriert ist, sondern auch ein umfangreiches Serviceprogramm geboten wird, das von gemeinsamen Ausfahrten und Tourentipps bis zum gemeinschaftlichen Verfolgen von Live-Rennsport und Leih-Rennrädern reicht. Sie sind auch Treffpunkt der ansässigen Rapha Cycling Clubs, von denen es weltweit inzwischen rund zwei Dutzend gibt. Wenn man sich die durchaus loyale Fangemeinde ansieht, scheint ein solches Konzept aufzugehen. Der lokale Händler, der nicht über die gleiche Marketingpower wie ein global agierender Hersteller verfügt, kann zumindest im Kleinen einige dieser Maßnahmen übernehmen.
Damit all das gelingt, braucht es kompetente Leute im Laden. »Solche Ideen sind ein Weg, um sich von denen abzuheben, die noch viele andere Sportarten abbilden und daher nicht das gleiche Maß an Fokus bieten können«, sieht Haas. »Es hat etwas mit Authentizität zu tun.« Dass der stationäre Fahrradhandel heute noch gut aufgestellt ist, um Textilien erfolgreich zu verkaufen, davon ist Haas bei aller Konkurrenz überzeugt. Sportfachhandel und Online-Handel haben ihre Vorzüge bereits in Stellung gebracht. Das bedeutet aber nicht, dass der Wettbewerb in irgendeiner Form entschieden wäre. »Wer das haptische Erlebnis vor dem Kauf haben will oder eine Form der individuellen Beratung mit kompetentem Ansprechpartner wünscht, kommt nach wie vor nicht am Fachhandel vorbei. Er spielt eine tragende Rolle für uns, auch wenn der Online-Bereich natürlich ebenfalls wichtig geworden ist.« Mehr noch sieht er den Fahrradfachhandel gerade wieder im Aufwind. »Wenn wir über dieses Frühjahr sprechen, dann ist der Fachhandelsanteil wieder gestiegen. Ob das schon ein Trend ist, kann ich aber noch nicht sagen«, erklärt Haas die jüngste Entwicklung.
Es ist durchaus folgerichtig, was im Markt geschieht. Es gibt die Händler, die sich komplett vom Thema Bikewear verabschieden und sich auf den Radverkauf konzentrieren. Insbesondere das E-Bike hat zuletzt viele solcher »Puristen« hervorgebracht. Vermutlich sollte man es als Privileg der Branche betrachten, dass man es sich leisten kann, Sortimente auszumustern, die nicht mit der Cash-Cow Elektromobilität mithalten können. Gleichzeitig gibt es viele Händler, die mit einer höheren Wertschätzung Textilien verkaufen. Beide Wege können richtig sein. Es ist heute eine individuelle Entscheidung, die von vielen Standortfaktoren abhängt. Gerade die Fahrradhändler mit ausreichend Fläche und Lust auf Sportmode werden nicht auf dieses Sortiment verzichten wollen. Von diesen wird es auch in Zukunft noch viele geben.

3. Juni 2019 von Daniel Hrkac
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